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Republikaner Scalise verzichtet auf Chefposten im US-Kongress

Die Republikaner hatten Steve Scalise für das Amt des Vorsitzenden im US-Repräsentantenhaus nominiert. Doch für die notwendige Mehrheit bei einer Abstimmung fehlte ihm der Rückhalt in den eigenen Reihen. Nun steht die Fraktion wieder ohne Kandidaten da.

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Steve Scalise (M), republikanischer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, wird von Reportern verfolgt, als er zu einem Treffen mit Republikanern im Kapitol eintrifft.
Steve Scalise (M), republikanischer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, wird von Reportern verfolgt, als er zu einem Treffen mit Republikanern im Kapitol eintrifft. © J. Scott Applewhite/AP/dpa

Washington. Der für den Vorsitz im US-Repräsentantenhaus nominierte Republikaner Steve Scalise hat seine Kandidatur zurückgezogen. Das sagte Scalise am Donnerstagabend (Ortszeit) im US-Kongress, nachdem er daran gescheitert war, sich ausreichenden Rückhalt in seiner eigenen Fraktion zu sichern. Diese hatte ihn zuvor zwar für den einflussreichen Posten nominiert, eine Mehrheit in der Kongresskammer wäre ihm aufgrund mehrerer Abweichler in den Reihen der Republikaner aber wohl verwehrt geblieben.

"Es gibt immer noch einige Leute, die ihre eigene Agenda haben", sagte Scalise nach einer Sitzung seiner Fraktion. Es gebe Meinungsverschiedenheiten, die gelöst werden müssten. Scalise mahnte: "Dieses Repräsentantenhaus braucht einen Vorsitzenden." Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.

Scalise war am Mittwoch hinter verschlossenen Türen von seiner Fraktion zum Kandidaten gekürt worden - das Abstimmungsergebnis fiel allerdings denkbar knapp aus. Der erzkonservative Politiker setzte sich mit 113 zu 99 Stimmen gegen seinen Parteirivalen Jim Jordan durch, der als Gefolgsmann des früheren US-Präsidenten Donald Trump gilt.

Der vorherige Vorsitzende Kevin McCarthy war vergangene Woche in einer historischen Abstimmung als Vorsitzender des Repräsentantenhauses abgewählt worden. Radikale Republikaner hatten ihn aus dem Amt getrieben. Es war das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses auf diesem Weg seinen Job verliert. Das Drama brachte das US-Parlament weitestgehend zum Stillstand.

Die US-Republikaner haben in der Parlamentskammer nur eine dünne Mehrheit, deshalb haben republikanische Abweichler bei Abstimmungen ein machtvolles Druckmittel in ihren Händen - auch wenn es nur wenige sind. Die Partei hat derzeit 221 Abgeordnete in der Parlamentskammer. Es werden 217 Stimmen benötigt, um zum Vorsitzenden gewählt zu werden. Scalise hätte sich also nur vier Abweichler in seiner Fraktion leisten können. Auf Stimmen der Demokraten von US-Präsident Joe Biden hätte er nicht zählen können. Nach seiner Wahl zum Kandidaten hatten rund ein Dutzend Republikaner angekündigt, Scalise bei einer Abstimmung für den Vorsitz ihre Stimme zu verweigern.

Der 58-jährige Abgeordnete aus Louisiana führt derzeit die Fraktion der Republikaner in der Kammer an. Aktuell ist er wegen Blutkrebs in Behandlung. Viele hatten daher anfangs Zweifel, dass er überhaupt für das Amt zur Verfügung stehen würde. Dennoch war er neben Jordan der zweite Kandidat, der nach McCarthys Abwahl ankündigte, ins Rennen um den Vorsitz einzusteigen.

Scalise hat ein stramm konservatives Profil, agitiert gegen Abtreibungen und gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Er spricht sich auch gegen strengere Waffengesetze aus, zweifelt den wissenschaftlich belegten Klimawandel an und unterstützte Trumps Einreisestopp für Menschen aus islamisch geprägten Ländern. Außerdem machte Scalise im Jahr 2002 mit einer Rede vor einer Gruppe weißer Rassisten Schlagzeilen, für die er sich später entschuldigte. Trotzdem gilt selbst er unter einigen Hardlinern der Partei als Teil des von ihnen abgelehnten politischen Establishments in Washington. (dpa)