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Welterbe-Vorhaben nimmt Fahrt auf

Die Hallenhäuser sollen intensiver erforscht werden. Zudem will die Stadt einen internationalen Experten zu Rate ziehen.

Von Daniela Pfeiffer
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Mit seinen Hallenhäusern und der Lage an der alten Handelsstraße Via Regia will Görlitz den Welterbe-Titel holen.
Mit seinen Hallenhäusern und der Lage an der alten Handelsstraße Via Regia will Görlitz den Welterbe-Titel holen. © Nikolai Schmidt

Forschen, forschen, forschen. Das ist der Görlitzer Weg zum Welterbe-Titel. Was erforscht werden soll – beziehungsweise noch intensiver erforscht werden soll – sind zwei markante Dinge: Die einzigartigen, erhaltenen Hallenhäuser, die Görlitz hat – die Kaufmannspaläste aus früheren Jahrhunderten. Zum anderen ist es die Lage der Stadt an der alten Handelsstraße Via Regia. Beides zusammen ist laut Welterbe-Jury bestens geeignet, „das zentraleuropäische Handelssystem der frühen Neuzeit darzustellen“. So hatte es die Jury der Stadt vor einiger Zeit mitgeteilt.

Seitdem ist einiges passiert. 2018 war ein einschneidendes Jahr, denn zwei Meilensteine auf dem Weg zur erfolgreichen Bewerbung hat die Stadt gesetzt. Die Tagung im September, die alle wichtigen Experten des Welterbe-Kreises in Görlitz vereinte. Und die Ausstellung in der Brüderstraße 9, die erstmals kompakt ein Hallenhaus als solches in den Fokus rückte. Vergangene Woche wurden diese Schritte im Rathaus noch einmal öffentlich ausgewertet und gleichzeitig der weitere Weg skizziert. Mit dabei: Friederike Hansell, die sächsische Welterbestätten-Koordinatorin. „Die Tagung in Görlitz war aus Welterbe-Sicht ein großer Erfolg“, sagt sie. „Weltweit war bislang wenig bekannt, dass es hier eine solch herausragende originale Bausubstanz gibt, das konnte die Stadt dem Icomos dem und Welterbe-Experten aus aller Welt zeigen.“ Hansell zufolge sitzen viele von ihnen in entscheidenden Gremien.

Bürgermeister Michael Wieler spricht von einem wichtigen Katalysatoreneffekt für das Welterbe-Vorhaben. Für die Stadt ist das ermutigend und stärkend gewesen, war doch beim Thema Welterbe zuvor eher Ernüchterung eingetreten. 2012 hatte die Stadt bereits eine Bewerbung abgegeben. Doch 2013 hieß es, sie solle ihre Unterlagen überarbeiten. Ende 2013 wurde die überarbeitete Bewerbung abgegeben. Architekt Frank-Ernest Nitzsche und Fotograf Ulrich Schwarz hatten dafür Polen extra bereist und Hallenhäuser entlang der alten Via Regia fotografiert. „Wir dachten, wir sind schon weit genug“, fasst Wieler noch einmal den gescheiterten ersten Versuch zusammen, überhaupt erst mal auf die deutsche Vorbereitungsliste zur Aufnahme in die Unesco-Liste zu kommen. Doch im Juni 2014 kam die Nachricht, dass die Kultusminister die Hallenhäuser nicht auf die Vorschlagsliste gesetzt haben.

Seitdem wurde das Thema in Görlitz intensiver angepackt. Schließlich ist eine solche erste Absage kein Grund, aufzugeben, wie die Beispiele anderen Städte beweisen. So hat es etwa Naumburg erst im dritten Anlauf geschafft. Auch hier brauchte es dafür mehrere Richtungswechsel. „Ich habe mich mit dem Naumburger OB ausgetauscht“, erzählt der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege. Die Erkenntnis: Es gehe um die Weltsicht und nicht um die eigene Sicht auf die Dinge. Auch Friederike Hansell betont: „Welterbe ist kein deutsches oder europäisches Programm, deshalb ist die internationale Sicht so wichtig.“ Und dabei will Görlitz sich nun helfen lassen. Der OB spricht von einem externen Fachexperten, der schon intensiv andere Welterbe-Projekte begleitet habe und kein Deutscher sei. Konkreter wird er nicht, sagt nur so viel: In der Januar- oder Februar-Sitzung des Stadtrates sollen den Räten Vorschläge zu den nächsten Schritten Richtung Welterbe-Bewerbung unterbreitet werden. Zwei, drei Jahre lang wird die jetzige Vorschlagsliste noch abgearbeitet, danach kommt die nächste und dann soll die Görlitzer Stunde schlagen. Bis dahin soll das wissenschaftliche und historische Fundament stehen. Das bedeutet weiterhin viel Arbeit im Stadtarchiv. Görlitz verfügt über einen riesigen Fundus an Dokumenten. Bereits bei der Hallenhaus-Ausstellung in der Brüderstraße 9 haben Besucher davon einen Eindruck bekommen. Ratsarchivar Siegfried Hoche hatte aus alten Unterlagen lückenlos die Historie und alle Besitzer dieses Hauses auflisten können. Und nicht nur das: Anhand der Dokumente im Archiv lässt sich eben die gesamte Handelsgeschichte nachvollziehen.

Und so sagt Michael Wieler: „Die Lösung liegt hinter der Tür des Ratsarchivs. Mit dem Zusammenbringen von Dokumenten und Hallenhäusern können wir Geschichte darstellen.“ An der Historie von etwa 20 weiteren Hallenhäusern arbeitet Ratsarchivar Hoche nun, bis Mitte 2019 sollen Ergebnisse vorliegen. Dann will er zeigen, inwieweit sie alle das Handelssystem mitbestimmt haben und welches Leben diese Häuser geformt hat. „Bewerten müssen das dann Dritte. Aber da haben wir auf der Tagung im September viele Leute kennengelernt, von denen wir wissen, dass sie uns helfen werden“, sagt Michael Wieler.

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