"Trockene, heiße Sommer wie dieser werden normal in Dresden"

Dresden. Seit acht Wochen ist in Dresden kein nennenswerter Niederschlag gefallen. Ausgedörrte Rasenflächen ähneln farblich eher Saharasand, Bäume lassen Blätter fallen wie im Herbst. Nach den Hitzesommern 2018 bis 2020 schwingt sich dieses Jahr auf, noch heißer und trockener zu werden. Im Juli kamen 17 Prozent des üblichen Niederschlags zusammen, im August sind es bislang lediglich drei.
Die Ursache dafür liegt vor allem in veränderten Wetterlagen. Wurde unser Sommerwetter bis vor wenigen Jahren noch durch die vorherrschende Westströmung bestimmt, bei der sich Hoch- und Tiefdruckgebiete abwechselten und so auch wechselhaftes Wetter ergaben, bestimmen derzeit stabile Hochs unser Wetter. Sie versperren den kühlenden Tiefdruckgebieten den Weg, stattdessen strömen subtropische Luftmassen ein. Wolken und Regen bleiben oft aus und die Luftmassen heizen sich immer mehr auf.
Rekorde bei Temperaturen und Sonnenscheindauer
Dresdens Meteorologin Franziska Reinfried hat die Daten dieses Jahres bis zum 8. August akribisch erfasst. Der heißeste Tag dieses Jahres war bisher der 18.Juni mit 38,2 Grad Celsius, die in Klotzsche gemessen wurden. In der Nacht vom 4. zum 5. August hatten wohl die meisten Dresdner Probleme beim Schlafen, es kühlte in Klotzsche lediglich auf 22,8 Grad ab - die bis jetzt heißeste Nacht des Jahres. Zudem hatte der Juni mit 18 Sommertagen (Temperaturen von 25 Grad und mehr) die zweithöchste Anzahl dieser warmen Tage seit 1961.
Und Reinfried zählt einen weiteren Fakt auf, der bedenklich ist. Die Anzahl der Sonnenstunden liegt dieses Jahr fast in allen Monaten über denen der Jahre von 1961 bis 1990 sowie 1991 bis 2020. Mit 235 Sonnstunden war der März der sonnenscheinreichste März seit 1961 und weicht damit um 214 Prozent gegenüber den Werten von 1961 bis 1990 ab. Bei der Anzahl der Sonnenstunden von Januar bis Juli hat 2022 das bisher sonnenscheinreichste Jahr 2018 mit 1.378,5 Stunden fast eingeholt. Der Unterschied beträgt lediglich noch 0,29 Stunden.
Alarmierende Niederschlagsdefizite
Dagegen nimmt das Regendefizit immer weiter zu. 2022 ist mit 218,7 Millimeter Niederschlag in den Monaten Januar bis Juli das trockenste Jahr seit 1961. Das sind 40 Prozent der sonst üblichen Regenmenge.
Von November 2017 bis Juli 2022 ergibt sich an der Station in Klotzsche ein aufsummiertes Niederschlagsdefizit von 663 Millimetern gegenüber der Messperiode von 1961 bis 1990. Dresden leidet damit unter einer außergewöhnlich langanhaltenden Dürre.
"Die Temperaturentwicklung gekoppelt mit der angestiegenen Strahlungsintensität und dem Niederschlagsdefizit sind meiner Meinung nach dramatisch und stellen lediglich den Anfang der zukünftigen Normalität dar", sagt Meteorologin Reinfried. "Trockene, heiße Sommer wie dieser werden normal in Dresden."
Auch die Grundwasserstände haben sich wieder auf dem niedrigen Niveau der Jahre 2018 bis 2020 eingepegelt und liegen dabei einen halben Meter unter dem langjährigen Monatsmittel der vergangenen 15 Jahre.
Folgen für die Gewässer
Besonders eindrücklich sind die Folgen des Klimawandels an den Dresdner Gewässern zu beobachten. Bis auf wenige Ausnahmen führen alle Bäche und Gräben extremes Niedrigwasser, viele sind abschnittsweise ausgetrocknet. Auch die Gewässer erster Ordnung, das sind die Vereinigte Weißeritz, der Lockwitzbach und die Große Röder, führen im Stadtgebiet nur noch sehr wenig Wasser.
"Die Prießnitz als größtes Fließgewässer zweiter Ordnung in Dresden liegt im Oberlauf bis tief in die Heide hinein trocken. Ihre Situation hier ist noch schlechter als in den Dürrejahren 2018 bis 2020", sagt Gewässerökologe Harald Kroll-Reeber aus dem Umweltamt. Auch im Unterlauf in der Neustadt führt die Prießnitz kein Wasser mehr.
Ebenfalls fast komplett trocken ist das Gewässersystem Geberbach/Prohliser Landgraben und Niedersedlitzer Flutgraben. Da die Talsperre Kauscha auch nur noch einen sehr geringen Wasserstand hat, kann hieraus nicht mehr viel Wasser abgegeben werden.
Die größeren Bäche wie Lotzebach, Zschonerbach, Lausenbach und Roter Graben haben nur noch ganz geringe Wassermengen. Die kleineren Elbhangbäche wie Keppbach, Wachwitzbach und Graupaer Bach sind weitgehend ausgetrocknet wie der Weidigtbach.
Für den ökologischen Zustand der Gewässer hat das Austrocknen dramatische Folgen. Wo kein Wasser ist, da gibt es auch nur noch wenig Leben. Fische ziehen sich in die letzten übrig gebliebenen tieferen Wasserlöcher, sogenannte Kolke, zurück. Wenn diese austrocknen, sterben auch die Fische sowie sämtliche Kleinstlebewesen. "Der Bestand an Kröten, Fröschen und Molchen nimmt in Dresden seit Jahren dramatisch ab", sagt Kroll-Reeber.
Diese Strategien können helfen
Sowohl die Meteorologin als auch der Gewässerökologe sprechen die sogenannte Schwammstadt an, ein Prinzip, bei dem Wasser dort aufgefangen, gespeichert und bei Bedarf verwendet wird, wo es anfällt. Bisher wird Regenwasser in Dresden vor allem kanalisiert und in die Elbe abgeleitet.
Diese Herangehensweise müsste aber schon bei der Stadtplanung beginnen, sprich, Investoren müssten den Bau von Rigolen, in denen das Wasser aufgefangen wird, schon mit vorgegeben bekommen. "Als erstes bräuchten wir den Grundsatz, dass sich alle städtischen Planungen an den Zielen des Klimaschutzes orientieren und nicht immer erst hinterher an Projekten herumgedoktert wird", sagt Reinfried.
Für die Gewässer ist ein naturnaher Ausbau die beste Investition, weil so tiefe Kolke angelegt werden können, in die sich Wasserlebewesen bei Trockenheit zurückziehen können. Und es könnten Speicherbecken angelegt werden, aus denen Bäche bei Niedrigwasser gespeist werden können.