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„Wie viel Wolf müssen wir hier haben?“

Schafhalterin Dana Walter steht den Maßnahmen skeptisch gegenüber, die ihre Tiere vor einem Angriff schützen sollen.

Von Anja Ehrhartsmann
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Zäune wie dieser würden zwar staatlich gefördert werden, ihre Schafe vor einem Wolfsangriff schützen könnte der Elektrozaun aber nicht, ist sich Dana Walter sicher.
Zäune wie dieser würden zwar staatlich gefördert werden, ihre Schafe vor einem Wolfsangriff schützen könnte der Elektrozaun aber nicht, ist sich Dana Walter sicher. © Foto: Andreas Weihs

Die Zahl der Wölfe in Sachsen nimmt zu. Im Monitoringjahr 2017/2018 wurden im Freistaat 18 Rudel und vier Paare nachgewiesen. Laut Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“, das vom Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft eingerichtet wurde, sind auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge Wolfsterritorien bestätigt – eines in Stolpen/Hohnstein, das andere im Hohwald. Dass sich der größte Beutegreifer, den es in hiesigen Regionen gibt, in Richtung Tharandter Wald ausbreitet, gilt als wahrscheinlich. Um Herdentiere zu schützen, bezahlt der Freistaat Elektrozäune und Flatterbänder. Doch Schafhalter wie Dana Walter sind skeptisch. Denn für sie geht es um ihre Arbeit und um ihre Tiere.

Frau Walter, noch gibt es im Osterzgebirge keine Wölfe. Welche Maßnahmen fördert das Land aber schon, um Ihre Schafe zu schützen?

Geld gibt es unter anderem für mobile und feste Elektrozäune, die aber nahezu wirkungslos sind und für teures Geld finanziert werden. Wölfe können die Zäune untergraben oder mühelos überspringen. Berühren sie dabei die Breitbandlitze, die als Übersprungschutz bei 1,50 Meter dienen soll, passiert gar nichts. Denn um einen Stromschlag zu bekommen, müssten sie Bodenkontakt haben. Haben die Wölfe das erst gelernt, war die ganze Arbeit umsonst. Statt die Schafe also wirklich zu schützen, verschandeln die vielen Zäune nur die Flächen. Außerdem macht es viel Arbeit, denn immer für ausreichend Strom zu sorgen, ist sehr zeit- und arbeitsaufwendig.

Was halten Sie von Herdenschutzhunden, für die es ebenfalls Unterstützung gibt?

Ich bin deutschlandweit unterwegs, um andere Landwirte zu betreuen und zu beraten. Ich war schon in Betrieben, die mit Herdenschutzhunden arbeiten. Diese sind so erzogen, dass sie sich dem Wolf stellen sollen. Meiner Meinung nach sind das aber laufende Waffen und ich als Halter bin dafür verantwortlich, wenn etwas passiert. Außerdem habe ich jetzt schon Ärger mit Wanderern, die sich darüber beschweren, wenn meine Hütehunde auf dem Weg zur Weide neben meinem Auto frei herlaufen. Ich will gar nicht wissen, wie die Reaktionen wären, würden hier Herdenschutzhunde rumlaufen.

Wie könnten Kühe oder Schafe Ihrer Meinung nach besser vor Wölfen geschützt werden?

Grundsätzlich müssen wir uns fragen, wie viel Wolf wir hier haben müssen. Bereits die Bejagung der Wildschweine bereitet große Probleme, weshalb ich Festeinzäunungen habe. Es sind Wildtiere wie der Wolf, die dahin gehen, wo wir sie lassen. Außerdem haben wir Menschen vom Schaf einen Nutzen, vom Wolf nicht. Deshalb bin ich für eine Obergrenze. Der Wolf muss durch eine Schutzjagd lernen, dass er sich von Weidetieren und Siedlungen fernhalten muss, und zwar lieber heute als morgen. Doch stattdessen stellen wir Tierhalter das Frischfutter für die Wölfe bereit und das wird billigend in Kauf genommen. Das ist moralisch und ethisch nicht vertretbar, zumal wir mit Lammfleisch ein regionales Produkt herstellen und noch dazu Natur- und Artenschutz betreiben.

Wieso sind also nicht nur Wölfe, sondern auch Schafe besonders schützenswert?

Weil es auch Tiere sind. Die Wiesen, auf denen meine Schafe weiden, werden durch die Tiere gepflegt. Die Flächen an den Hängen der Roten Weißeritz, direkt an der Strecke der Weißeritztalbahn, liegen zum Teil sehr steil und würden ohne die Schafe verwildern und bei Starkregen abrutschen. Nach den letzten Stürmen wurde wieder deutlich, wie wichtig diese Landschaftspflege ist. Da hier die Flächen am Waldrand frei waren, konnten die umgestürzten Bäume schnell aus dem steilen Waldgelände geholt werden, bevor der Borkenkäfer sich darauf niederlassen konnte. Außerdem sind wir in der Region bestrebt, den Tourismus voranzubringen, das geht nicht mit verwilderten Flächen. Der Hang direkt an der Strecke der Weißeritztalbahn war früher voll mit Brennnesseln. Es ist doch ein viel schöneres Bild, stattdessen ein paar Tiere zu sehen. Außerdem führt der Rabenwanderweg an meinen Weiden vorbei, und die alte Dorfstraße von Spechtritz, die so erhalten bleibt. Nur mit Schafen können solche Flächen sinnvoll gepflegt werden.

Was wünschen Sie sich von der Politik?

Wolf und Schaf müssen gleichwertig sein. Es geht auch um den Respekt vor der Arbeit eines jeden und dem Respekt vor dem Leben eines jeden Tieres. In anderen Ländern wie Schweden wird die Schutzjagd praktiziert, um ein Miteinander zu ermöglichen. So wird die Population erfolgreich begrenzt. Wir in Deutschland benötigen nicht immer neues Geld für sinnlose Präventionen und Entschädigungen bei Wolfsrissen. Jedes tote Nutztier durch einen Wolfsriss ist mittlerweile eines zu viel.

Dana Walter ist diplomierte Agraringenieurin und führt seit 2002 in Spechtritz einen eigenen Betrieb im Nebenerwerb.

Hauptberuflich ist sie selbstständig im landwirtschaftlichen Handel und hat seit 2011 einen Nutztierservice.

14 Hektar Land bewirtschaftet sie in der Landschaftspflege und hat derzeit 50 tragende Schafe und Ziegen. Mit den Lämmern im Frühjahr werden es etwa 140 Tiere sein.

Die Landeigentümerin ist im Vorstand der Jagdgenossenschaft Rabenau.

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