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Wie zu Omas Zeiten

Anderswo stehen sie im Museum, in Hirschstein werden sie noch genutzt: die guten, alten Wäschemangeln.

Von Jürgen Müller
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Junger Bürgermeister vor alter Wäscherolle: Conrad Seifert ist stolz darauf, dass sich die Gemeinde Hirschstein noch zwei Wäschemangeln leistet. Diese steht in Bahra.
Junger Bürgermeister vor alter Wäscherolle: Conrad Seifert ist stolz darauf, dass sich die Gemeinde Hirschstein noch zwei Wäschemangeln leistet. Diese steht in Bahra. © Sebastian Schultz

Hirschstein. Die Älteren erinnern sich noch: Früher gab es einmal im Monat einen Waschtag. Mutter zog in Waschhaus, heizte den Kessel an, und dann wurde die „große Wäsche“ gewaschen. Später kam diese auf die Leine oder zum Bleichen auf die Wiese, danach wurden Bettwäsche, Tischdecken, Wischtücher in den Wäschekorb geladen, und ab ging’s mit den Handwagen zur Wäscherolle. Hier wurde die Bettwäsche auf Rollen, die aussahen wie überdimensionale Nudelhölzer, eingerollt. Nachdem das tonnenschwere Gefährt mehrmals drüberwalzte, war die Wäsche glatt wie ein Kinderpopo.

Das ist in Zeiten von Waschvollautomaten und bügelfreier Wäsche längst vorbei. Manche junge Frauen wissen nicht mal mehr, wozu man ein Bügeleisen braucht, geschweige denn eine Wäschemangel. Allerdings nicht überall. In Bahra zum Beispiel ist die Zeit in dieser Hinsicht stehen geblieben. Das klobige Gerät in einem Nebengebäude des Dorfgemeinschaftshauses in Bahra wirkt wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. Und das ist es auch. Wäschemangeln sind heutzutage Mangelware. Nur noch selten sind sie im Landkreis zu finden. Im Lommatzscher Ortsteil Churschütz steht eine, in Schleinitz auch. Und eben hier in Bahra.

Auch im Ortsteil Mehltheuer gibt es noch eine Wäschemangel. Sie ist älter als die in Bahra und damit auch reparaturanfälliger. Ersatzteile zu bekommen, wird immer schwieriger, teilweise werden sie selbst angefertigt, wie kürzlich der Antriebsriemen. „Mir ist in der Region keine Firma bekannt, die solche Wäschemangeln repariert. Und wenn, dann wäre das für uns auch viel zu teuer“, sagt Hirschsteines Bürgermeister Conrad Seifert (CDU). Viel kaputt gehen kann an den Geräten aber nicht. Die Technik ist einfach, robust und langlebig.

Die Kosten für die Gemeinde halten sich in Grenzen. Mit dem Preis von 50 Cent je angefangene Stunden könnten zwar – wenn überhaupt – die Stromkosten gedeckt werden. Ansonsten entstehen aber kaum Kosten. Miete fällt nicht an, weil das Haus der Gemeinde gehört, die Reparaturen erledigt der Bauhof. Frauen aus dem Ort reinigen in regelmäßigen Abständen den Raum. „Wir wollen die Rolle so lange wie möglich behalten, weil es die auf dem Dorf schon immer gab“, sagt der Bürgermeister. Mehrmals im Monat würde sie vor allem von älteren Leuten genutzt.

Gebaut wurde das Gerät von der Firma L.A. Thomas Maschinenfabrik in Großröhrsdorf. Das Baujahr ist unbekannt, dürfte aber in den 1940er-Jahren liegen. Ein baugleiches Modell, das einst in Wuhnitz stand, stammte jedenfalls aus dem Jahr 1942. Die Wuhnitzer Wäschemangel gibt es nicht mehr. Das Gebäude, in dem sie sich befand, wurde abgerissen. Das war auch das Ende für die Mangel.

Anders dagegen in Bahra. „Solche Wäschemangeln gab es doch früher auf jedem Dorf. Wir leisten uns diese, solange es eben noch geht, wir die Rolle reparieren können“, sagt Bürgermeister Seifert. Er vertraut seinen Bahraern. Eingetragen wird die Nutzung in ein Buch, bezahlt in eine Kasse des Vertrauens. Das gibt es keine Probleme. Auf dem Dorf ist die Welt eben noch in Ordnung.