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Wilke-Wurst-Skandal weitet sich aus

Drei Todesfälle werden mit der keimbelasteten Wurst der Firma in Verbindung gebracht. Ein Bericht zeigt, wie es im Betrieb nach der Schließung aussah.

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Im Bericht ist unter anderem dieses Bild von einer völlig verkalkten Brüh- und Kochanlage zu sehen.
Im Bericht ist unter anderem dieses Bild von einer völlig verkalkten Brüh- und Kochanlage zu sehen. © RP Darmstadt/Screenshot: sächsische.de

Wiesbaden.  Die Organisation Foodwatch wirft den hessischen Behörden im Umgang mit dem Wurstwaren-Hersteller Wilke und dessen keimbelasteter Wurst Fehlentscheidungen und zu spätes Eingreifen vor. Foodwatch stützte seine neuerliche Kritik am Montag auf einen gut 30-seitigen Prüfbericht der Task Force Lebensmittelsicherheit des Regierungspräsidiums Darmstadt. Der Bericht, den Foodwatch im Internet veröffentlichte, bezieht sich auf eine Betriebskontrolle am 2. Oktober bei Wilke in Twistetal-Berndorf, einen Tag nach der vom Kreis Waldeck-Frankenberg angeordneten Schließung des Betriebs.

In Wilke-Wurst waren wiederholt Listerien-Keime gefunden worden. Diese können bei einem geschwächten Immunsystem lebensgefährlich sein. Drei Todes- und 37 Krankheitsfälle werden mit Waren des Unternehmens in Verbindung gebracht.

Der Bericht zur der Kontrolle listet bauliche und hygienische Mängel auf. Der Betrieb biete "ideale Bedingungen" für die Vermehrung und Verbreitung von Listerien, heißt es. Und: "Der Betrieb im vorgefundenen Zustand bietet keine Gewähr für die Produktion sicherer Lebensmittel." An anderer Stelle ist von "Verwesungsgeruch" in einem Aufzug die Rede, in dem auch Wurst und Fleisch offen transportiert worden seien. Ein Foto zeigt Schimmel an der Decke eines Gewürzlagers. Foodwatch kritisierte, die Behörden hätten zu spät eingegriffen, obwohl schon früher Mängel festgestellt worden seien.

An diesen Rohrleitungen sind deutlich Schimmel und Kalk zu erkennen.
An diesen Rohrleitungen sind deutlich Schimmel und Kalk zu erkennen. © RP Darmstadt/Screenshot: sächsische.de

Das hessische Verbraucherschutzministerium teilte mit, nach erster Durchsicht handele sich bei dem veröffentlichten Dokument um den Bericht der Arbeitsgruppe. Das Ministerium habe damals dadurch erstmals von den Mängeln in dem Betrieb erfahren. "Wir arbeiten weiter mit Hochdruck an der Aufklärung", sagte eine Sprecherin. Der Bericht der Task Force sei auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt worden. 

Fleisch möglicherweise in Fertigprodukten

Die potenziell mit Keimen belasteten Waren möglicherweise auch in Fertiggerichten anderer Hersteller verarbeitet worden. Das geht aus einer Antwort des hessischen Verbraucherschutzministeriums auf Fragen der Organisation Foodwatch hervor. "Sollte Wilke-Ware im Verlauf der Handelskette in Fertigprodukten verarbeitet worden sein, dann waren auch diese Produkte vom Rückruf eingeschlossen", sagte eine Ministeriumssprecherin. Zuvor hatte die "Bild am Sonntag" über das Thema berichtet.

Das Verbraucherschutzministerium hatte zunächst seine Antwort gegenüber Foodwatch bestätigt. Welche Hersteller von Fertigprodukten betroffen sind, teilte die Behörde aber nicht mit. Später erklärte eine Sprecherin, dass man dies gar nicht wissen könne: "Da Wilke an 23 EU-Staaten und Drittstaaten ausgeliefert hat, können wir entlang dieser langen Handelskette nicht ausschließen, dass es an einem Punkt auch zu Weiterverarbeitungen gekommen sein könnte - auch solche Ware ist vom Rückruf betroffen und eingeschlossen."

Die Staatsanwaltschaft Kassel ermitteltunterdessen weiter wegen fahrlässiger Tötung gegen den Geschäftsführer. Nach der Schließung des Unternehmens Anfang Oktober waren alle Waren zurückgerufen worden. Damals hatte der zuständige Landkreis zunächst erklärt, andere Marken seien nicht betroffen. (dpa)