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Kesselsdorfer Heimatkreis trauert um Gründungsmitglied

Egbert Steuer forschte zur Geschichte der Bauernhöfe und half in der Heimatstube mit. Beruflich war auf internationalen Bühnen unterwegs. Nun ist er verstorben.

Von Annett Heyse
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Egbert Steuer forschte zur Kesselsdorfer Heimatgeschichte, kürzlich verstarb er 87-jährig.
Egbert Steuer forschte zur Kesselsdorfer Heimatgeschichte, kürzlich verstarb er 87-jährig. © Agentur

Es war kurz vor seinem 80. Geburtstag, als sich Egbert Steuer ausführlich einem Interview für die Sächsische Zeitung widmete. Er blätterte dafür sozusagen durch sein Leben. Ein dickes Fotoalbum lag auf seinem Tisch, darin klebten neben Schnappschüssen auch Ansichtskarten, Tickets, Rechnungen - gesammelt auf den vielen Dienstreisen, die Steuer unternahm. Er war Geiger in der Dresdner Philharmonie und kam weltweit herum. München, New York, Tokio, Rio de Janeiro. Sein kleines Kesselsdorf aber blieb für ihn immer der Mittelpunkt seiner Welt.

Hier lebten seine Großeltern, hier heiratete er noch als Student, um schnell das Haus der Großeltern erben zu dürfen, bevor es der Staat in seiner Wohnungsnot beschlagnahmt. Hier wirkte er im Ruhestand im Heimatkreis, dessen Gründungsmitglied Egbert Steuer war. Nun herrscht Trauer bei den Heimatfreunden, Nachbarn und allen, die Egbert Steuer kannten.

Er war ein Mann von Bildung und Kultur. Was man sich nicht so richtig vorstellen konnte: Als Bub stromerte Egbert Steuer barfuß durch Kesselsdorf, das in den 30er- und 40er-Jahren eine reine Bauernsiedlung war und wo seine Großeltern ein Haus hatten. "So richtig Kuhdorf, große Gehöfte, viele Tiere, am Rand Felder und immerhin eine gepflasterte Hauptstraße", so hat Egbert Steuer den Ort seiner Kindheit beschrieben. Die Großeltern bewirtschafteten dort, wo heute eines der größten Gewerbegebiete Sachsens liegt, Erdbeerfelder.

Weltweit unterwegs, aber zu Hause im kleinen Dorf

Er selbst wohnte mit den Eltern in Wurgwitz, der Vater betrieb dort eine Zahnarztpraxis und schickte den jungen Egbert zum Geigenunterricht. Egbert Steuer wurde Musiker, noch Jahrzehnte später erinnerte er sich, wie er immer in der Etage über der Praxis des Vaters übte. "Manchen Patienten hat es gefallen, manchen nicht." Das Studium an der Musikhochschule schaffte er in der Hälfte der vorgesehenen Zeit, nach einer ersten Anstellung im Theater von Borna wurde er in die Dresdner Philharmonie berufen. Das war 1961. Über seine Reisen als Musiker hielt er Lichtbildervorträge im Gasthof "Krone" in Kesselsdorf.

Vierzig Jahre spielte er in einem der renommiertesten Orchester der DDR beziehungsweise der Bundesrepublik, ein Unfall im Jahr 2000 beendete die Karriere des Kammervirtuosen jäh: Beim Weg zu einem Konzert stolperte Egbert Steuer über eine Bordsteinkante, rettete dabei noch instinktiv den Geigenkasten, kugelte sich dabei aber den Arm aus.

Nun hatte er Zeit für sein Hobby - der Heimatgeschichte. Er wirkte in der Heimatstube Kesselsdorf mit, einem kleinen Museum, das sogar europäische Geschichte zu bieten hat: Im Zweiten Schlesischen Krieg kam es am 15. Dezember 1745 zu einer Schlacht zwischen den preußischen und den sächsisch-österreichischen Truppen. Egbert Steuer war es auch, der alles zur Geschichte der Kesselsdorfer Bauernhöfe sammelte und regelmäßig im Auftrag des Heimatkreises kleine Hefte zur Dorfgeschichte herausgab. Zuletzt war es etwas ruhiger um den umtriebigen Geschichtsfreund geworden. Am 3. März verstarb der Kammervirtuose und Heimatfreund. Er wurde 87 Jahre alt.