Jeder dritte Bäcker in Sachsen hat dichtgemacht

Dresden. In den vergangenen 20 Jahren ist in Sachsen mehr als jede dritte Bäckerei verschwunden. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des sächsischen Bundestagsabgeordneten Stephan Kühn (Bündnis 90/Grüne) hervor. Demnach gab es im Jahr 2019 im Freistaat noch 970 Bäckerbetriebe, zur Jahrtausendwende waren es noch nach 1.498 gewesen.
„Diese Entwicklung ist besorgniserregend“, kommentiert Kühn. „Die klein- und mittelständischen Lebensmittelbetriebe spielen vor allem in den ländlichen Regionen eine große Rolle.“ Sie seien nicht nur Arbeitgeber und Abnehmer landwirtschaftlicher Produkte aus der Region, sondern versorgten auch Kunden wohnortnah.
Mit dem Verschwinden des Handwerks würden Jobs wegfallen, auf dem Land würden die Entfernungen zum nächsten Lebensmittelladen noch größer und Menschen würden wegziehen, so Kühn. Er fürchte, dass sich der Prozess durch Corona noch verstärken werde. Damit kleine Betriebe wieder Luft zum Atmen bekommen, müssten Hilfsprogramme entbürokratisiert und Antragshürden gesenkt werden.
Unternehmer sollten damit nicht nur fixe Betriebskosten, sondern auch ihren Lohn finanzieren können, fordert Kühn. Handwerksverbände erklären den Schwund mit Fachkräfte- und Nachwuchsmangel sowie dem Strukturwandel. Anders als früher haben Bäckereien meist mehrere Verkaufsstellen. Kleine Betriebe werden eher von größeren Betrieben mit Filialnetz übernommen. Dazu machen Supermärkte, Back-Shops und Tankstellen Handwerksbetrieben Konkurrenz.
Sachsens oberster Bäckermeister Roland Ermer sieht „keinen Grund für Euphorie, aber auch keinen für Weltuntergangsstimmung“. Sachsens Handwerksbäcker würden allmählich weniger, dennoch gebe viele junge Leute, die sich für den Beruf begeisterten. „Es wären sicherlich noch einige mehr, wenn bürokratische Auflagen und steigender Kostendruck auf potenzielle Gründer nicht abschreckend wirkten.“
Laut Ermer haben Sachsens Bäcker die Corona-Krise bislang „zumeist ohne allzu große Blessuren überstanden“ – auch wenn es einige, vor allem jene mit Café- und Imbiss-Angeboten, böse getroffen habe. „Dabei hatten mehr Bäcker in Großstädten als im ländlichen Raum das Nachsehen.“
Im vergangenen Jahr hatte die Pleite der Radeberger Großbäckerei Eisold für Aufsehen gesorgt. Laut Verwalter Christian Heintze ist die Sanierung gut vorangekommen. Demnächst wolle er den Insolvenzplan vorlegen. Die Jobs der 153 Beschäftigten in den noch elf Filialen und drei Cafés in und um Dresden, darunter das „Café Toscana“ am Blauen Wunder, seien gesichert.