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Sabine Hübner: Empathie macht erfolgreich

Einfühlungsvermögen ist die wichtigste Fähigkeit der Zukunft - und ein echter Wirtschaftsfaktor. Das sagt zumindest Autorin Sabine Hübner. Ein Interview.

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Sabine Hübner ist Managementtrainerin und Buchautorin.
Sabine Hübner ist Managementtrainerin und Buchautorin. © Martin Steiger (bereitgestellt v

Gewäsch, Softi-Gehabe, nichts für echte Kerle: Es gab Zeiten, in denen es verpönt war, sensibel auf die Befindlichkeiten anderer einzugehen, ehrlich wissen zu wollen, wie sie sich fühlen und was sie brauchen, damit es ihnen gut geht. Zum Glück sind die vorbei, sagt Sabine Hübner. Für sie ist Empathie sogar ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Die gebürtige Österreicherin berät seit vielen Jahren Firmen zur Verbesserung ihres Services, schreibt Bücher, unterrichtet an Hochschulen und wurde als „Speaker of the Year“ ausgezeichnet. Am 23. Februar spricht sie in Dresden.

Frau Hübner, was ist Empathie für Sie?

Sie ist die Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle eines anderen Menschen nachvollziehen oder sogar fiktiv miterleben zu können, um sein Gegenüber zu verstehen. Sie bedeutet auch, dass man handelt, entweder indem man einfühlsame Worte oder die richtigen Taten findet. Sonst hätte sie keine große Wirkung.

Gibt es einen Unterschied zum Mitleid?

Ja. Empathie ist Mitgefühl und versucht, die Situation zu verbessern. Mitleid ist statisch, handelt nicht. Es entmündigt ein bisschen. Denn es impliziert, dass das Gegenüber arm dran und möglicherweise nicht in der Lage ist, die Situation zu lösen.

Warum halten Sie Empathie-Vorträge? Sind wir gefühlskalt geworden?

Per se kommen wir alle mit einer Art Empathie-Gen zur Welt. Die Fähigkeit ist uns mitgegeben, bis auf wenige Ausnahmen. Dass wir gefühlskalt geworden sind, würde ich nicht sagen. Aber wir leben anders als früher. Das zeigt sich schon an den Familienverbänden.

Früher sind Kinder in Großfamilien aufgewachsen, heute sind sie oft Einzelkinder. Sie haben weniger Gelegenheit, Menschen zu beobachten und später ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Studien zeigen, dass Empathie definitiv zurückgegangen ist. Das Bedürfnis danach ist groß. Quoten von Depression und psychischen Problemen steigen enorm. Auch das sind Auswirkungen mangelnder Zuwendung und Einsamkeit.

Reden würde schon helfen?

Ja, wenn es ein echter Dialog ist. Menschen, die oft mit anderen Menschen im Gespräch sind, haben eine bessere Fähigkeit zur Wahrnehmung und zur Empathie, als Menschen, die weniger mit anderen sprechen. Der Dialog offenbart die Perspektive des anderen und gibt ein Feedback.

In unserer Smartphonewelt mit Sprachnachrichten und Messengers kommt er zu kurz. Wir gehen nicht mehr so ins Gespräch oder in die Debatte. Es wird viel gesprochen, aber leider nicht miteinander. Das ist einer der Gründe, warum Empathie nachlässt.

Welche anderen Gründe sehen Sie?

Die Neugier auf andere Menschen und das Leben hat nachgelassen, auch Wahrnehmung und Konzentration. Ein richtiger Empathiekiller ist Dauerstress. Wer permanent im Stress ist, schaltet in einen Notfallmodus, verringert seine Wahrnehmung und hat den Fokus nur auf den Aufgaben, die er schaffen muss. Alles, was links und rechts davon steht, fällt weg.

Auch Gedankenlosigkeit oder Langeweile machen unempathisch. Deswegen ist es im beruflichen Kontext ganz wichtig, dass Menschen Abwechslung haben und ihre Arbeit gestalten können. Und schließlich behindern auch ungeprüfte Vorannahmen Empathie. Menschen, die viel Erfahrung haben, ziehen oft sehr schnell ihre Schlüsse und hinterfragen nicht mehr.

Sie meinen die Schubladen im Kopf?

Ganz genau. Wer von Klischees ausgeht, nimmt sein Gegenüber nicht mehr wahr und lässt sich nicht auf ihn ein.

An all dem kann man arbeiten.

Ich kann Empathie mein Leben lang steigern. Die Wahrnehmungsfähigkeit kann ich durch den Dialog üben, zum Beispiel, indem ich mir nach einem Gespräch die Prüfungsfrage stelle: „Was habe ich über mein Gegenüber erfahren?“ Ich steigere sie auch durch meinen persönlichen Lebensstil.

Menschen, die neugierig sind und sich für viele verschiedene Dinge interessieren, die lesen, reisen, unterschiedliche Sachen ausprobieren, die haben eine deutlich bessere Wahrnehmungsfähigkeit als Menschen, die immer den gleichen Stiefel machen und wenig kennen. Je mehr ich selbst schon erlebt habe, desto einfacher fällt es mir, diese Situationen bei anderen nachvollziehen zu können. Die Wahrnehmungsfähigkeit kann jeder trainieren.