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Gas wird immer teurer - kommt die Renaissance der Kohle?

Kohle-Briketts sind nicht totzukriegen. Im Gegenteil: Der Absatz steigt in den Landkreisen Görlitz, Bautzen und SOE wieder.

Von Holger Gutte
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Auch Ebersbachs Brennstoffhändlerin Alexandra Kind bestätigt: Die Nachfrage nach Kohle steigt.
Auch Ebersbachs Brennstoffhändlerin Alexandra Kind bestätigt: Die Nachfrage nach Kohle steigt. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Löbau. Extrem haben gerade einige Gas-Anbieter ihre Preise erhöht. Vor wenigen Tagen berichtete die SZ erst über eine Olbersdorfer Familie, deren Gaslieferant ihnen gekündigt hatte und sie jetzt bei einem anderen Anbieter - trotz größtmöglicher Sparmaßnahmen - über 300 Prozent mehr an Heizkosten zahlen. Laut Auskunft der Verbraucherzentrale Sachsen ist das derzeit leider keine Ausnahme, sondern betrifft allein im Freistaat tausende Familien. Erlebt dadurch jetzt das klassische Feuern mit Kohle wieder eine Renaissance?

Fakt ist, die Nachfrage nach Kohlebriketts steigt. Das kann auch Alexandra Kind bestätigen. Als ihr Vater 2014 starb, hatte sie seine Firma, die "Ehrhardt Freude Brennstoffe & Transporte e.K." in der Bahnhofstraße in Ebersbach übernommen und betreibt auch einen Brennstoffhandel in Pirna.

10.000 Kunden versorgen sie und zwei weitere Händler in den Landkreisen Görlitz, Bautzen und in der Sächsischen Schweiz mit Kohle. Neben loser Ware, die nur abgekippt wird, werden Brennstoffe auch gebündelt, in Säcken oder in Körben in die Schuppen oder andere Lagerstätten der Kunden getragen. "Ja, es ist noch ein Knochen-Job für die Mitarbeiter, aber er ist keinesfalls aussterbend", sagt die 43-Jährige. So wie manche schon denken.

Das weiß inzwischen auch Sachsens Staatsminister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt. "Ich war 2019 bei einer Veranstaltung der CDU, an der auch der Staatsminister teilnahm. Als er hörte, dass ich einen Kohlehandel habe, sagte er: So was gibt's doch gar nicht mehr", schildert Alexandra Kind. Auf ihrer Internetseite wirbt sie dafür, dass Heizen mit Kohlebriketts, Brenn- und Kaminholz sowie Pellets nach wie vor nicht nur wegen der kuscheligen Wärme eine echte Alternative zum teuren Gas geworden ist. Und sie verkauft inzwischen wieder mehr Kohle, als noch vor zwei Jahren - Tendenz steigend.

"Der Preis für Kohlebriketts ist in den letzten drei Jahren in etwa geblieben, erst im letzten viertel Jahr um maximal zehn Prozent gestiegen", berichtet die Unternehmerin. Wie sich der Kohle-Preis im nächsten Jahr entwickelt, ist ungewiss. Dann kommt noch eine CO2-Abgabe drauf. Zudem stellt im März einer der zwei großen Brikett-Hersteller seinen Betrieb ein, weil dann im Rheinland der Ausstieg aus der Kohleförderung vollzogen wird. Dann ist das Lausitzer Revier mit der Region Spremberg der einzig verbliebene Hauptproduzent.

Alexandra Kind weiß natürlich nicht, wie viele ihrer Kunden noch ausschließlich mit Kohle heizen. Bei den gestiegenen Heizkosten wird Kohle neben Scheitholz - wo das möglich und erlaubt ist - immer mehr auch in Kaminen verwendet.

In großen Bauernhäusern und Umgebindehäusern sind viele Kachelöfen aber noch in Betrieb. Und wer sich mit Kohle in Supermärkten eindeckt, muss mittlerweile schnell sein. Denn dort ist sie oft nach wenigen Stunden wieder weg.

Neue Öfen werden gebaut, alte aufgemotzt

Auch Kachelofen- und Kaminbauer Sebastian Collasch bestätigt, dass wieder mehr mit Kohle geheizt wird. Sein Vater betreibt in Hirschfelde die Firma Ofen- und Kaminbau Collasch. "Die Nachfrage im Neubau-, aber auch im Altbau-Bereich ist sehr hoch", sagt Sebastian Collasch.

Viele Betreiber von älteren Öfen und Kaminen lassen sich diese zudem nach den neuen Richtlinien für den Immissionsschutz umrüsten. Meist wird zwar in Kaminen Scheitholz gefeuert, aber eben auch Kohle, schildert er. Ausschlaggebend ist, dass Ofen und Kamin die vorgegebenen Werte erfüllen und der Schornsteinfeger ihn abnimmt.

Kohle-Brikett-Hersteller sagt: 30 Prozent mehr verkauft

Den steigenden Bedarf an Briketts merken natürlich in erster Linie auch die Hersteller. Und das von den zwei in Deutschland noch verbliebenen Veredlungsbetrieben für Braunkohlebrikett nun einer wegfällt, darüber macht sich auch Thoralf Schirmer so seine Gedanken. Er ist der Pressesprecher bei der Lausitz Energie Bergbau AG - kurz LEAG. "Wir hatten im vergangenen Jahr 30 Prozent mehr Brikett-Abnahme als im Jahr davor", sagt er. Die Baumärkte füllen deutschlandweit große Lager auf. "Wir laufen bei den Rekord-Briketts inzwischen an unserer Kapazitätsgrenze", fügt er hinzu.

Alexandra Kind glaubt, dass auch in Zeiten der Energiewende Kohle nach wie vor ein Heizmittel sein wird. In ihrer Firma "Ehrhardt Freude Brennstoffe & Transporte" in Ebersbach beschäftigt sie sieben Mitarbeiter, im Brennstoffhandel Pirna weitere vier.

Die Geschichte des Ebersbacher Unternehmens reicht bis ins Jahr 1873 zurück. Damals führte es Hermann Poike. Seit 1953 ist die Firma in der Bahnhofstraße in Ebersbach. Das Traditionsunternehmen wurde dann 1978 von Alexandra Kinds Vater Ehrhardt Freude übernommen und seit 1980 unter der heutigen Firmen-Bezeichnung geführt. Nach der Wende ist das Geschäftsfeld wesentlich unter anderem mit Container- und Transportdiensten erweitert worden. So steht Alexandra Kinds Unternehmen heute zukunftsorientiert auf mehreren Säulen.