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Ökostrom: So finden Sie einen ehrlichen Anbieter

Nicht immer ist als Ökostrom beworbener Strom tatsächlich umweltfreundlich. Wie Sie einen seriösen Anbieter finden.

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Vielen Kunden ist mittlerweile wichtig, dass ihr Strom aus erneuerbaren Energien kommt.
Vielen Kunden ist mittlerweile wichtig, dass ihr Strom aus erneuerbaren Energien kommt. © pexels.com/Symbolfoto

Von Manfred Fischer

Hohe Preise, fragwürdige Geschäftspraktiken, wenige Tarifangebote – Verbraucher, die sich nach einem neuen Stromvertrag umsehen, haben es derzeit nicht einfach. Das gilt auch für all jene, die mit der Wahl eines Ökostromvertrags zur Energiewende beitragen wollen.

Check 24 listet für Ökostrom etwa zwei Dutzend Tarife auf. Ein aus der Zeit gefallener Hinweis über dem Vergleichsrechner erinnert an "über 1.000 Ökostromanbieter". Ähnlich ausgedünnt ist die Wahl bei Verivox.

In diesem Artikel:

  • Was ist Ökostrom?
  • Wieso ist grün nicht gleich grün?
  • Woran erkenne ich, welchen Mix mein Strom enthält?
  • Und was ist Regionalstrom?
  • Welches Öko-Label ist seriös?
  • Was kostet Ökostrom im Vergleichzu konventionellem Strom?
  • Wo finde ich gute Ökostrom-Angebote?
  • Gibt es eine Orientierungshilfe?

Was ist Ökostrom?

Als "öko" anpreisen dürfen Energieversorger Strom, für den sie "Herkunftsnachweise" haben. Darin ist festgehalten, wo und wie der Strom erzeugt wurde, also ob etwa mit Windkraft, Photovoltaik oder Wasserkraft. Für den weitaus größten Teil des in Deutschland mit Erneuerbare-Energien-Anlagen produzierten Stroms werden wegen des "Doppelvermarktungsverbots" keine Herkunftsnachweise ausgestellt.

Diesen Strom finanzieren Verbraucher bereits über die EEG-Umlage mit. Ökostrom mit Herkunftsnachweis kommt zum Beispiel aus Windparks oder Photovoltaik-Freiflächenanlagen, die auf der Basis langfristiger Verträge zwischen Stromproduzenten und -abnehmern errichtet werden. Eine andere Quelle sind EE-Anlagen, die aus der gesetzlichen Förderung herausfallen, weil sie älter als 20 Jahre sind.

Wieso ist grün nicht gleich grün?

Herkunftsnachweise werden europaweit gehandelt. Da es in Deutschland nur wenige gibt, erwerben viele Stromanbieter Zertifikate – losgelöst vom physischen Produkt – im Ausland, vor allem in Norwegen für Strom aus alten Wasserkraftwerken. Verbraucherschützer sprechen von Irreführung: "Für rund 0,1 Cent je Kilowattstunde verwandeln sie so in Deutschland erzeugten Strom aus Kohle-, Atom- oder Gaskraftwerken in grünen Strom", kritisiert Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Ein Großteil aller Ökostromtarife beruht auf solchen Nachweisen."

Woran erkenne ich, welchen Mix mein Strom enthält?

Versorger müssen die Mischungsanteile ihres Stroms in der Stromrechnung, auf der Website und auch auf Werbematerialien darstellen. Zu unterscheiden ist zwischen produkt- und unternehmensspezifischem Mix. Seit November vergangenen Jahres darf im Unternehmensmix der über die EEG-Umlage finanzierte Strom nicht mehr abgebildet werden. Der kalkulatorische EEG-Strom erscheint aber weiterhin im Produktmix einzelner Stromtarife und lässt auch Produkte, die Kohle- oder Atomstrom enthalten, auf dem Papier überwiegend grün aussehen. Verbraucher sollten daher auf den Unternehmensmix schauen.

Und was ist Regionalstrom?

Der Begriff steht für Ökostrom, der in einem Umkreis von 50 Kilometern um den Wohnort des Verbrauchers produziert wird. Dafür gibt es Regionalnachweise. Und dies auch dann, wenn der Strom über das EEG gefördert wird. Der Anlagenbetreiber erhält eine etwas geringere Einspeisevergütung, dafür entfällt das Doppelvermarktungsverbot.

  • Tipp: Wählen Sie einen Ökostrom-Anbieter, der einen Beitrag zur Energiewende leistet. Hinterfragen Sie: Dienen die Einnahmen aus dem Verkauf auch der Finanzierung neuer Fotovoltaik- oder Windkraftanlagen? Welche Konzepte hat der Anbieter für die Energiewende in der Region? Schauen Sie sich nicht nur Angebote von Öko-Pionieren an. Große Versorger, die noch Strom aus fossilen Energieträgern und Kernkraft vertreiben, steuern um.

Welches Öko-Label ist seriös?

Zusätzlich zur gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung existiert eine Vielzahl an Öko-Labels. Das Umweltbundesamt und Verbraucherzentralen heben das Grüner-Strom-Label und das Ok-Power-Label hervor. Hinter dem einen stehen gemeinnützige Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Träger des anderen ist ein Verein, den das Öko-Institut mit ins Leben gerufen hat.

Zu den Vergabekriterien zählt bei beiden, dass mit dem Ökostromprodukt ein Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien geleistet wird. Bedingung für das Grüner-Strom-Label etwa ist, dass je verkaufter Kilowattstunde an Privatkunden 0,5 Cent so investiert werden. Verbreitet sind daneben die Stromzertifikate, die der Tüv Nord und Tüv Süd ausstellen.Öko-Labels haben ihren Preis. Bei so manchem stellt sich die Frage auch nach dem Nutzen. Wenn auf einem Stromprodukt keines prangt, muss das nichts Schlechtes bedeuten.

Was kostet Ökostrom im Vergleichzu konventionellem Strom?

Auch wenn man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen sollte: Anders als bei Lebensmitteln hievt das Attribut "öko" bei Stromprodukten den Preis nicht auf ein anderes Niveau – im Durchschnitt. Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch zwischen 2.500 und 5.000 Kilowattstunden bezahlten im vergangenen April durchschnittlich 32,54 Cent für die Kilowattstunde Ökostrom. Das waren 1,2 Cent weniger als Stromkunden in der Grundversorgung berappten. Wer beim Grundversorger einen Tarif für konventionellen Strom außerhalb der Grundversorgung hatte, sparte im Vergleich zum Grünstromtarif 0,65 Cent pro Kilowattstunde.

Wo finde ich gute Ökostrom-Angebote?

Mehr und mehr konventionelle Anbieter stellen komplett auf Grün um. Eine Marktstudie im Auftrag der Fachzeitung Energie und Management im vergangenen Jahr, die 1.100 Stromanbieter einschloss, weist 370 ausschließliche Ökostromversorger aus. Größter Anbieter, was die Zahl der Privatkunden angeht, ist nach Angaben des Fachblattes der Discounter Eprimo, ein Tochterunternehmen von Eon. Dahinter folgt der Anbieter Lichtblick.Die Zeitschrift Öko-Test hat zusammen mit dem Institut für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme (IZES) 2021 untersucht, was verschiedene Ökostromprodukte für die Energiewende bringen. Analysiert wurden 69 Tarife, die jeweils in mehr als 10.000 Gemeinden damals erhältlich waren. Zehn davon bewerteten die Tester als "sehr gut" (siehe Tabelle). Das Produkt "Ökostrom-Komfort" von Lichtblick schnitt mit "gut" ab, "Ökostrom" von Entega mit "befriedigend", "Prima Klima" von Eprimo erhielt "mangelhaft", ebenso "Strom Zuhause" von EWE. Nicht Gegenstand der Untersuchung war das Produkt von Lekker Energie, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Krefeld.

Gibt es eine Orientierungshilfe?

Ja, Orientierungshilfe am Markt bietet auch die Online-Plattform "Eco Top Ten". Betreiber ist das Öko-Institut. Es listet nur Produkte, die Bedingungen im Hinblick auf Stromerzeugung und Preis erfüllen. Kriterium ist beispielsweise, dass der Anbieter keine Beteiligungen an Atom- und Kohlekraftwerken hält. Der Strom muss unter dem Strich zu hundert Prozent aus Erneuerbare-Energien-Anlagen beziehungsweise Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) stammen, der KWK-Stromanteil darf höchstens 50 Prozent ausmachen. Und das Produkt muss einen Beitrag zum Ausbau von Erzeugungsanlagen bewirken.

Ein weiteres Kriterium ist, dass Produkte das Grüner-Strom-Label oder das Ok-Power-Label haben. Für den Mehrpreis von grünem Strom zieht das Öko-Institut auf der Plattform eine Toleranzgrenze: Die Produkte dürfen höchstens 20 Prozent mehr kosten als konventioneller Strom im Durchschnitt. Aktuell finden sich auf "Eco Top Ten" 38 zertifizierte Stromtarifangebote (Stand: Mitte Januar).

  • Tipp: Auf großen Vergleichsportalen sind in den vergangenen Monaten immer wieder Anbieter gelistet gewesen, deren Praktiken Verbraucherschützer auf den Plan gerufen haben. Schnäppchen-Tarife und Neukunden-Boni sind eine Sache, eine ganz andere Sache nicht selten die Nachhaltigkeit. Recherchieren Sie im Zweifelsfall im Internet, ob der Anbieter negativ aufgefallen ist.

Der Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Verbraucherjournal biallo.de. Mehr Infos zum Thema finden Sie hier.