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Trotz großer Regenmengen fehlt noch Wasser

Das Defizit der trockenen Sommer konnte noch nicht aufgeholt werden. Es wird aber eine gute Ernte erwartet.

Von Cathrin Reichelt
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Regen gab es in diesem Jahr reichlich, aber auch Kälte im Frühjahr, durch die sich einige Kulturen zum Teil verzögert entwickelt haben. Trotzdem wird mit einer guten Getreideernte gerechnet.
Regen gab es in diesem Jahr reichlich, aber auch Kälte im Frühjahr, durch die sich einige Kulturen zum Teil verzögert entwickelt haben. Trotzdem wird mit einer guten Getreideernte gerechnet. © Symbolbild/dpa

Mittelsachsen. Die vergangenen Sommer waren heiß und boten keine günstigen Bedingungen für die Landwirtschaft. Zwischen 2018 und 2020 ist ein Niederschlagsdefizit von rund 500 Litern pro Quadratmeter entstanden.

„Das sind etwa zwei Drittel des für Sachsen typischen Jahresniederschlages“, sagt Karin Bernhardt, Pressesprecherin des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG).

In diesem Jahr sind bis Ende Juni rund 360 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gefallen. Im Durchschnitt sind es in diesem Zeitraum etwa 337 Liter pro Quadratmeter. Das Defizit aus den Vorjahren konnte jedoch noch nicht ausgeglichen werden. Es liegt noch bei knapp zwei Dritteln.

Wie tief ist der Boden inzwischen durchfeuchtet?

Die Bodenfeuchte unter Winterweizen, Mais und Gras lag in Mittelsachsen Anfang August bis zu 60 Zentimeter tief und damit in einem günstigen Bereich.

„Aus landwirtschaftlicher Sicht bestehen somit im Landkreis Mittelsachsen gute Bedingungen für Kulturen wie Mais und Zuckerrüben, deren Ernte ab September ansteht, sowie für einen dritten Grünlandschnitt, für die Bestellung von Zwischenfrüchten nach der Ernte und für die Bestellung von Winterraps und Wintergetreide im Herbst“, sagt Karin Bernhardt.

Landwirtschaftliche Kulturen wurzeln meist tiefer als 60 Zentimeter und können das Wasser aus den oberen Bodenschichten erschließen.

Welche Menge Regen wäre für eine optimale Bodenfeuchte nötig?

Der Wasserbedarf der Kulturen ist im Vegetationsverlauf und je nach Witterung unterschiedlich. Landwirtschaftliche Kulturen benötigen etwa einen bis fünf Liter Wasser pro Tag und Quadratmeter.

Das entspricht ein bis fünf Millimeter Niederschlag. In niederschlagsarmen Regionen oder Jahren kann diese Menge an Wasser nicht allein durch den Regen abgedeckt werden. Die fehlende Wassermenge muss dann aus dem Bodenwasservorrat zur Verfügung gestellt werden.

Tiefgründige Lößböden, wie in Mittelsachen können über den Winter pro Meter Bodentiefe 180 bis 240 Liter Wasser unter einem Quadratmeter speichern. Auf diesen Wasservorrat können die angebauten Kulturen dann in Trockenperioden zurückgreifen.

Bauen Landwirte aufgrund der heißen Sommer jetzt andere Kulturen an?

Ob und in welcher Regelmäßigkeit Trockenheit und heiße Sommer in Mittelsachsen auftreten werden, könne nicht sicher vorhergesagt werden. „Tiefgründige Lößböden, wie sie in Mittelsachsen vorherrschen, können diese Situation aber sehr gut abfedern“, so die Pressesprecherin.

Daher seien im Hinblick auf die Klimaprojektionen derzeit noch keine langfristigen, strategisch ausgerichteten Anpassungen beim Anbau zu erwarten. Derzeit stünden jährliche, kurzfristige Reaktionen auf widrige Witterungs- und Marktbedingungen im Vordergrund. Beispielsweise könnten bestimmte Winterkulturen nicht ausgesät werden, wenn der Herbst zu trocken oder zu feucht ist.

Wie kann das Wegschwemmen der Erde bei Starkregen verhindert werden?

Bei Starkregen stößt der Boden an seine natürlichen Grenzen. „Hier kann auch eine Änderung der Bewirtschaftung wenig ausrichten“, meint Karin Bernhardt. Sehr viel könne hingegen die Bewirtschaftung im Bereich der üblichen Niederschläge bis hin zu moderatem Starkregen bewirken.

Entscheidend sei, dass die Poren an der Bodenoberfläche offengehalten werden. Diese werden bei Niederschlag verstopft, indem Regentropfen die Bodenkrümel mit ihrer Aufprallenergie zerstören. Die so entstandenen Bodenkörner setzten die Bodenporen zu. „Mit spricht dann von Bodenverschlämmung“, so die Sprecherin.

Aufgabe der Bewirtschaftung ist es, diese Verschlämmung zu verhindern. Das wird zum einen erreicht, indem der Boden möglichst lange mit einer grünen Pflanzendecke geschützt wird. In Zeiten, wo dies im Ackerbau nicht möglich ist, also von der Ernte bis zu dem Zeitpunkt, wo die Folgekultur wieder eine schützende Vegetationsdecke gebildet hat, kann in bestimmten Fruchtfolgen eine Zwischenfrucht diese Schutzfunktion übernehmen.

„Auch Mulchauflagen aus Stroh oder anderen Ernterückständen können diese Funktion erfüllen“, sagt Karin Bernhardt. Insgesamt ermöglicht eine dauerhaft pfluglose Bodenbearbeitung in Verbindung mit einer Mulchsaat einen guten und die sogenannte Direktsaaten den besten Schutz gegen Bodenerosion und abfließendes Wasser.

Im Gegensatz zum Pflügen werden Pflanzenreste, die als Mulchauflage dienen können, nicht vergraben. So kann der Boden besser seine Schwammfunktion aufrechterhalten oder schneller wiederherstellen.

Welche Entwicklungen sind bei der Ernte und den Preisen zu erwarten?

Im Durchschnitt kann in diesem Jahr mit einer guten Ernte gerechnet werden. Eine Herausforderung war das zu kalte Frühjahr, sodass sich bestimmte Kulturen zum Teil verzögert entwickeln. „Inwieweit sich das auf die Erträge ausgewirkt hat, müssen die tatsächlichen Ernteergebnisse zeigen“, so die Pressesprecherin.

Die Höhe der regionalen Erntemengen und deren Schwankungen haben bei wichtigen Agrarprodukten, wie Getreide und Raps, kaum Auswirkungen auf die Erzeugerpreise. Die Preise werden vor allem von globalen Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage beeinflusst. Derzeit sind die Erzeugerpreise bei Weizen und Raps zur Ernte aus landwirtschaftlicher Sicht noch sehr erfreulich.

Insgesamt sei davon auszugehen, dass sich Schwankungen bei den Erzeugerpreisen in der Landwirtschaft bemerkbar machen, aber kaum bis zum Verbraucher durchschlagen.