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Der Striegistalradweg und (k)ein Ende?

An diesem Donnerstag wird bei der Landesdirektion Sachsen eine wichtige Weiche für den Weiterbau des Radweges Roßwein–Hainichen gestellt. Die Frage ist: In welche Richtung?

Von Heike Heisig
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Der ADFC unterstützt die Mitglieder der Radweginitiative „Pro Striegistalradweg“. Gemeinsamen wurde am Dienstag ein neues Banner an der ehemaligen Eisenbahnbrücke über der Mittweidaer Straße in Hainichen befestigt.
Der ADFC unterstützt die Mitglieder der Radweginitiative „Pro Striegistalradweg“. Gemeinsamen wurde am Dienstag ein neues Banner an der ehemaligen Eisenbahnbrücke über der Mittweidaer Straße in Hainichen befestigt. © SZ/DIetmar Thomas

Hainichen/Striegistal/Roßwein. Seit mittlerweile 20 Jahren beschäftigen sich Stadträte in Hainichen, Roßwein und Striegistal, Planer, Gutachter, Behördenvertreter und teilweise auch Richter mit dem Striegistalradweg.

Sichtbar vorwärtsgegangen ist es seit Jahren nicht – trotz vieler Aktionen, die auf die Wichtigkeit des Projektes hinweisen sollten.

ADFC fordert mehr Tempo beim Bau

Dennoch ist Hainichens Oberbürgermeister Dieter Greysinger (SPD) an diesem Dienstag zu einem Termin auf die ehemalige Eisenbahnbrücke an der Mittweidaer Straße gekommen, oder vielmehr geradelt.

Isabell Gall, Referentin für Radverkehr in ländlichen Räumen beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen (ADFC), unterstützt seit dem Sommer aktiv das Bestreben, den lückenhaften Striegistalweg zu komplettieren.

Ihre und die Forderung des Clubs, der Geschäftsführer Konrad Krause zufolge mehr Tempo beim Radwegbau in Sachsen verlangt, veranschaulicht ein Banner. Das hat Isabell Gall mit Mitgliedern der Bürgerinitiative „Pro Striegistalradweg“ auf der Brücke befestigt.

Dass sie mit dem vielleicht drei Meter langen Banner nicht allein dastand, ist einzig und allein der Ausdauer und Beharrlichkeit der Initiative und Dieter Greysinger zu verdanken, der für die drei Anrainerbürgermeister das Zepter in Sachen Striegistalradweg in der Hand hält.

Optimismus fällt allen, die mit dem Projekt vertraut sind, nach der vielen geleisteten Arbeit und auch den Rückschlägen nicht wirklich leicht. Und trotzdem fährt der Hainichener Oberbürgermeister am Donnerstag nicht unbedingt ohne Hoffnung zu dem Termin in die Landesdirektion.

Dort geht es um den größten der beiden fehlenden Abschnitte, und zwar zwischen Kratzmühle und Niederstriegis.

Für das Stück hat es schon mehrere Anhörungen gegeben und mit denjenigen, die Bedenken hatten, wurden Gespräche geführt – sofern sie gesprächsbereit waren.

In einem Fall stand sogar das Angebot, dass Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) Dieter Greysinger zu einem Gegner begleitet. „Er hat uns aber beide nicht empfangen“, sagt der Rathauschef von Hainichen.

Nur zwei Entscheidungen möglich

In allen anderen Fällen geht er davon aus, dass Kompromisse gefunden werden konnten. „Jetzt hängt es davon ab, ob die Landesdirektion uns einen Abschluss des Planfeststellungsverfahrens in Aussicht stellt“, so Greysinger.

Damit sei von einem baldigen Baurecht auszugehen und ein Baustart 2024 durchaus möglich. „Geht das Verfahren aber in eine neuerliche Tektur, verlieren wir mindestens wieder ein Jahr“, skizziert er die möglichen Ergebnisse des Termins am Donnerstag.

ADFC-Referentin Gall drückt auf jeden Fall die Daumen dafür, dass der Striegistalradweg als ein bedeutendes regionales Infrastrukturprojekt vorankommt.

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Wer wie die aktuelle Bundes- und Landesregierung wolle, dass die Leute vom Auto aufs Rad umsteigen, der müsse auch die Voraussetzungen schaffen beziehungsweise dies unterstützen.

Wie viele Bürger hat Isabell Gall wenig Verständnis dafür, wie hoch die Hürden sind, auf einer – in diesem Fall 2001 – stillgelegten Bahnstrecke einen Radweg auszuweisen.

Zudem müsse sich der Rechtsstaat fragen lassen, „wie es möglich sein kann, dass Einzelpersonen so wichtige Dinge wie den Weiterbau des Striegistalradwegs derart ausbremsen können“.

Bürgerinitiative ist seit 2010 aktiv

Das verstehen auch Mitglieder der Bürgerinitiative nicht. Seit 2010 sind einige von ihnen schon am Ball, um den Radwegebau zu begleiten und letztlich öffentlich Druck zu machen. Rainer Merkel, der langjährige Vorsitzende, hat den Lückenschluss nicht mehr erlebt.

Er starb im Februar 2022 im Alter von 81 Jahren. Für viele Mitstreiter war das ein Schlag, aber kein Grund aufzugeben.

Auch Gerhard Stollberg ist schon von Anfang an bei der Initiative dabei. Und er kämpft als Radfahrer nicht nur für Radfahrer um den Striegistalradweg.

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„Wir haben hier Pflegeeinrichtungen in der Nähe. Deren Bewohner sehe ich oft mit dem Rollator“, erzählt er. Genauso gern werde das fertige Stück von Hainichen nach Crumbach von Familien genutzt, die die Natur ein Stück abseits der Hauptstraße genießen wollen.

Hier und da gebe es schon Rast- und Einkehrmöglichkeiten, weitere kämen zweifellos dazu, wenn der Radweg endlich weitergebaut werden könnte. „Dann gebe es auch eine geschlossene überregionale Radwegnetzstruktur“, sagt Stollberg und weist auf Anschlüsse an den Elbe-, Mulden- und Zschopautalradweg.

Radelnd die Region entdecken

Nach Meinung der Radwegaktivisten und Isabell Gall vom ADFC ist ein durchgängiger Striegistalradweg nicht nur ein Wunsch der Menschen, die in der Region leben und sich mal zur Entspannung aufs Fahrrad schwingen wollen.

Er könnte auch Radtouristen anlocken, zum Beispiel aus Chemnitz. „Wir sind hier in Hainichen die Endstation der Citybahn“, sagt Gerhard Stollberg. „Wie bequem und umweltfreundlich könnten die Chemnitzer dann Hainichen und das Striegistal auf dem Radweg kennenlernen?“, findet Isabell Gall.

Der Radwegabschnitt Kratzmühle-Niederstriegis ist aber nicht die einzige Nuss, die zur Umsetzung der Pläne noch zu knacken ist. Ebenfalls noch Baurecht hergestellt werden muss für das rund einen Kilometer lange Stück zwischen Crumbach und Kratzmühle.

Dafür mussten die Anrainerkommunen von Fachleuten noch einmal ein faunistisches Gutachten anfertigen lassen. Die vorliegenden Erfassungen waren zu alt. Das wiederum hing mit einer gerichtlichen Entscheidung zusammen.

Nach der war dieses Radwegstück nicht vom Freistaat zu planen und zu realisieren. Auf dieses Urteil haben die Beteiligten mehr als drei Jahre gewartet. „Auch das hat uns viel Zeit gekostet“, bedauert Gerhard Stollberg noch immer.