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Sachsen initiiert Allianz der europäischen Halbleiter-Regionen

Ministerpräsident Kretschmer fordert "schnelle und verbindliche" Regeln für Investitionsentscheidungen in Europa.

Von Nora Miethke
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Die Produktion in der Chipfabrik von Bosch in Dresden läuft. Für die geplanten neuen Fabs müssen die Fachkräfte erst noch gewonnen werden. Foto: Robert Michael/dpa
Die Produktion in der Chipfabrik von Bosch in Dresden läuft. Für die geplanten neuen Fabs müssen die Fachkräfte erst noch gewonnen werden. Foto: Robert Michael/dpa © dpa/Robert Michael

Der Freistaat Sachsen hat gemeinsam mit zwölf Mikroelektronik-Standorten aus neun Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Gründung einer Allianz der Halbleiter-Regionen angestoßen. Eine entsprechende Absichtserklärung haben die künftigen Mitglieder am Montag in Brüssel unterzeichnet.

Ziel der Allianz ist die gemeinsame Erhöhung der Wettbewerbsanteile der europäischen Halbleiterindustrie gegenüber Standorten in den USA und Asien. Dafür sollen Wissen und bewährte Verfahren ausgetauscht, Kooperationen und gemeinsame Innovationen gefördert sowie die Entwicklung einer starken und integrierten Wertschöpfungskette unterstützt werden. Damit soll die Allianz einen aktiven Beitrag zur Umsetzung des EU-Chip-Gesetzes (European Chips Act) leisten. Dieser sieht vor, den Anteil der EU an der globalen Halbleiterproduktion bis zum Jahr 2030 von aktuell unter zehn Prozent auf rund 20 Prozent zu steigern.

"Um Europas ökonomische Stärke und Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren, müssen wir vor allem in der Halbleiterbranche unsere technische Souveränität ausbauen. Sachsen wird dafür mit weiteren starken Mikroelektronik-Standorten an einem Strang ziehen", erklärte Ministerpräsident Michael Kretschmer. Das sächsische Kabinett traf sich zu einer auswärtigen Sitzung in Brüssel, an der auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnahm. Im Mittelpunkt des Treffens habe die Frage gestanden, "wie wettbewerbsfähig ist diese EU im Hinblick auf das, was Amerika mit dem Inflation Reduction Act gerade auf den Weg bringt", so Kretschmer. Es sei notwendig, den Beamten in der EU-Kommission widerzuspiegeln, das "jeden Tag Investitionsentscheidungen zugunsten von Amerika getroffen werden", begründete er den Besuch in Brüssel. Kretschmer forderte schnelle und verbindliche Regeln wie auch Steuergutschriften, damit Europa im Wettbewerb mit den USA mithalten kann. Es ist absolut notwendig, dass wir hier schnell zu einem Ergebnis kommen", so Kretschmer.

Gründung der Allianz soll 2024 vollzogen werden

Die Gründung der Allianz soll voraussichtlich im ersten Quartal 2024 vollzogen werden. Sachsen wird Gastgeber der Gründungsveranstaltung sein. Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Branchennetzwerks „Silicon Saxony e.V.“ ist „zuversichtlich, dass die Gründung schneller als in einem Jahr geht“. Er hofft auch, dass sich noch mehr Halbleiterregionen der Initiative anschließen werden in den kommenden Monaten. Bislang vertreten sind das Baskenland und Katalonien in Spanien, Bayern, die Centro-Region in Portugal, Flandern in Belgien, Nordbraband und Overijssel in den Niederlanden, Kärnten und Steiermark in Österreich, Piemont in Italien, Provence-Alpes-Cote d’Azur in Frankreich und Südmähren in Tschechien.

Schwerpunkte der Allianz sind im Bereich Forschung und Innovation die Entwicklung neuer Technologien, die Förderung des Technologietransfers bis hin zur Kommerzialisierung. Für die Qualifikations- und Talentenwicklung sollen Bildungs- und Ausbildungsprogramme gefördert und Fachkräfte für die Regionen gewonnen werden. Der Verband ZVEI hatte vergangene Woche eine Studie zum Fachkräftebedarf in der deutschen Halbleiterindustrie veröffentlicht. Danach fehlten im Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 rund 62.000 Fachkräfte, jede zweite offene Stelle konnte nicht besetzt werden.

Auch die Förderung regionaler Cluster und überregionaler Kooperationen ist vorgesehen, um letztendlich ein europäisches Netzwerk von Mikroelektronik-Regionen zu schaffen. Konkret soll laut Bösenberg der Austausch vor Ort in den Regionen intensiviert werden, in denen die Investitionsprojekte in die Halbleiterindustrie umgesetzt werden sollen, um eine Beschleunigung zu erreichen und Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und den Aufbau der notwendigen Infrastruktur gemeinsam zu meistern. "Es ist sinnvoller, wenn sich Sachsen und Südfrankreich abstimmen, als Deutschland und Frankreich", so der Silicon Saxony-Chef.