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Teure Energie: Der Bund macht Chipkonzernen Zugeständnisse beim Strompreis

Für die Ansiedlung von Intel und TSMC gibt der Bund Milliarden aus. Wichtig für Chipfabriken ist aber auch günstiger Strom. Dazu gibt es weitere Absprachen.

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© Sebastian Kahnert/dpa (Symbolfoto)

Für die Industriepolitik der Bundesregierung waren es die Coups in diesem Jahr. Mit Intel in Magdeburg und TSMC in Dresden siedeln sich zwei der größten Spieler im vielleicht wichtigsten Zukunftsmarkt weltweit in Deutschland an: der Chipbranche.

Das will sich Berlin einiges kosten lassen: Intel erhält für sein 33 Milliarden Euro teures Werk 9,9 Milliarden Euro staatliche Unterstützung. TSMC bekommt für seine Investition von zehn Milliarden Euro die Hälfte vom Staat.

Doch für Chipfabriken ist nicht nur die Subvention, sondern vielleicht noch mehr die Stromversorgung der entscheidende Standortfaktor. Die Halbleiter-Produktion ist sehr energieintensiv. Da wundert es, dass ausgerechnet Deutschland mit seinen international hohen Energiepreisen die Chiphersteller von sich überzeugen konnte.

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Auflösen lässt sich dieser Widerspruch unter anderem dadurch, dass es weitere Absprachen mit der Bundesregierung gibt – zumindest bei manchen Chipprojekten. Das zeigen nun die Antworten des Bundeswirtschaftsministeriums auf parlamentarische Fragen der Linken-Abgeordneten Christian Leye und Alexander Ulrich, die dem Handelsblatt vorliegen.

Bei Intel gibt es gleich mehrere Absprachen. So heißt es in der Antwort von Wirtschaftsstaatssekretär Udo Philipp: „Hinsichtlich einer künftigen Sicherung des Strompreises ist vereinbart, dass die Bundesregierung bei außerordentlichen Preissteigerungen für Gespräche mit dem Unternehmen bereitsteht, um Lösungen zu suchen und Unterstützungsmöglichkeiten zu prüfen.“

Intel: Sprechklausel anstatt Subventionsautomatismus

Intel strebe einen „stabilen, verlässlichen Strompreis auch für die Zukunft an“. Das Unternehmen führt derzeit Gespräche mit mehreren örtlichen Energieversorgern. Das Ziel: Der Konzern will Abnahmegarantien vereinbaren, um einen Strompreis von durchschnittlich zehn Cent je Kilowattstunde für 20 Jahre abzusichern, berichten Regierungskreise.

Hinter der Klausel versteckt sich allerdings kein Automatismus für weitere Staatshilfen, wenn der Strompreis die Schwelle überschreitet. Genau das hätten die Intel-Manager in den Verhandlungen gefordert, hieß es aus Verhandlungskreisen. Wirtschaftsministerium und Kanzleramt hätten das aber abgeblockt.

Neben den rund zehn Milliarden Euro Subvention ist nun lediglich eine „Sprechklausel“ vereinbart. Sollten die Strompreise stark steigen, kann Intel nochmals auf den Bund zugehen und um weitere Staatshilfen bitten. Dass die Regierung darauf eingeht, ist damit aber nicht ausgemacht.

Außerdem gilt die Klausel nur für den Fall, dass der Anstieg von Intels Strompreis außerhalb „der Einflusssphäre des Unternehmens“ begründet ist, beispielsweise durch eine erneute Energiekrise.

Intel hat versprochen, bis 2030 komplett auf Ökostrom umzusteigen. Vergangenes Jahr betrug der Anteil von grünem Strom Firmenangaben zufolge 93 Prozent.

Momentan verfüge Sachsen-Anhalt noch über mehr Strom aus erneuerbaren Energien, als das Land selbst verbrauche, sagte der Wirtschaftsminister des Landes, Sven Schulze, dem Handelsblatt. Mit Ansiedlungen von großen Firmen wie Intel werde sich das in den nächsten Jahren aber ändern.

TSMC: Strompreis weniger wichtig

Bei TSMC ist die staatliche Unterstützung bei den Strompreisen bedeutend geringer. So schreibt Wirtschaftsstaatssekretär Philipp: „Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und dem Unternehmen, etwa hinsichtlich eines Strompreises, sind nicht getroffen worden.“

Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass Intel und TSMC mit völlig unterschiedlichen Technologien planen. Intel wird in Magdeburg voraussichtlich das weltweit modernste und aufwendigste Fertigungsverfahren des niederländischen Anlagenbauers ASML einsetzen, High-NA EUV. Die Technologie ist besonders energieintensiv.

Dazu kommt: Der Beratungsgesellschaft BCG zufolge sind in der Vergangenheit mit jedem bedeutenden Technologiesprung auch fünf bis 15 Prozent mehr Verfahrensschritte nötig. Das bedeutet, dass es mehr Maschinen braucht und größere Fabriken mit größerem Reinraum. All das steigert den Stromverbrauch.

Für Intel ist der Strompreis wegen des aufwendigen Produktionsverfahrens daher sehr viel wichtiger als für TSMC. So lassen sich mit High-NA EUV Chips mit Strukturgrößen von weniger als zwei Nanometer fertigen. Die Taiwaner hingegen wollen in ihrer neuen Fabrik in Dresden zunächst Chips mit Strukturgrößen von 22 und 28 Nanometer sowie 12 und 16 Nanometer herstellen.

Aber die Strompreisfrage könnte für TSMC relevanter werden. An anderen Standorten im Ausland produziert Intel ähnlich kleine Chips wie Intel, was auch in Zukunft für Dresden denkbar ist.

Der Linken-Abgeordnete Leye wundert sich daher, dass man Intel hingegen Zugeständnisse gemacht hat. Der Ampel fehle eine durchdachte, ganzheitliche Chipstrategie. „Bei der Förderung von Halbleiterprojekten gelten für das eine Unternehmen Regeln, die beim nächsten Unternehmen wieder anders sind. Hier muss die Ampel deutlich nachbessern.“

Chipkonzerne könnten bei Industriestrompreis leer ausgehen

Letztlich müssen Intel und TSMC hoffen, dass die Strompreise in Deutschland zumindest einigermaßen wettbewerbsfähig bleiben. Die Chancen, dass sie von einem möglichen Industriestrompreis profitieren, schwinden nämlich.

Ob dieser überhaupt kommt, ist weiterhin ungewiss. Abzusehen ist allerdings, dass er, wenn überhaupt, in einer deutlich schmaleren Ausführung kommt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollte ursprünglich rund 9000 Unternehmen einschließen, explizit auch Chipfabrikanten.

Die Kosten des ursprünglichen Konzepts hatte das Wirtschaftsministerium auf 25 bis 30 Milliarden Euro taxiert. Dass die Summe aufgebracht wird, gilt aufgrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten des Bundes durch die Schuldenbremse inzwischen aber als unwahrscheinlich. Im Wirtschaftsministerium liegen daher verschiedene Konzepte zur Verkleinerung auf dem Tisch, unter anderem eines, das auf 340 Unternehmen abzielt.

Die Chiphersteller wären dann höchstwahrscheinlich raus. Das Gute für Magdeburg und Dresden: Intel und TSMC haben ihre Standortzusagen nicht an den Industriestrompreis geknüpft.

Dieser Artikel erschien zuerst im Handelsblatt.