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Reiseziel Rotorua - Hochburg der Maori-Kultur

Hongi und Hangi im Höllenherz: Rotorua auf der Nordinsel ist Neuseelands touristisches Zentrum.

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Maori-Show im nächtlichen Wald:  Krieger tauchen unvermittelt aus der dunkler Nacht auf und ihre Gesichtstätowierungen und Zungen .
Maori-Show im nächtlichen Wald: Krieger tauchen unvermittelt aus der dunkler Nacht auf und ihre Gesichtstätowierungen und Zungen . © Ekkehart Eichler

Von Ekkehart Eichler

Es stinkt zum Himmel, als habe jemand faule Eier zerschlagen. Schwefeldämpfe strömen aus unzähligen offenen Erdventilen. Überall brodelt es. Quellen sprudeln, Schlammlöcher blubbern, Geysire spucken. Die Gegend um Rotorua und den gleichnamigen See ist ein vulkanischer Dauerbrenner. Höllisches Terrain sozusagen und bei den Kiwis und ihren Gästen eine ganz heiße Kiste – auch aus touristischer Sicht.

Das Waiotapu-Wunderland mit dem „Champagner-Pool“ gehört zum Muss für Neuseeland-Neulinge.
Das Waiotapu-Wunderland mit dem „Champagner-Pool“ gehört zum Muss für Neuseeland-Neulinge. © Ekkehart Eichler

Die Standard-Klasse-Show gibt’s in Te Puia/Whakarewarewa am Südrand der Stadt. Hier sind diverse geothermische Phänomene ganz einfach zugänglich. Mit dem Pohutu-Geysir als Höhe-Punkt: Dieser schießt seine Fontäne regelmäßig bis zu 30 Meter gen Himmel. Ein kleiner Bruder des großen Meisters tritt zudem seitlich aus – ein Schauspiel, das man sich stundenlang von herrlich durchgewärmten Sitzsteinen aus in Ruhe anschauen kann.

Te Puia/Whakarewarewa am Südrand von Rotorua mit verschiedenen geothermischen Phänomenen. Höhe-Punkt ist der Pohutu-Geysir mit 30 Meter hoher Fontäne.
Te Puia/Whakarewarewa am Südrand von Rotorua mit verschiedenen geothermischen Phänomenen. Höhe-Punkt ist der Pohutu-Geysir mit 30 Meter hoher Fontäne. © Ekkehart Eichler

Ein zweites Highlight am Ort ist das Maori-Kulturzentrum. Rotorua war und ist eine Hochburg der einst mächtigen Arawa-Stämme, und nirgendwo sonst kann der Neuseeland-Gast mehr über Kultur und Lebensweise der Ureinwohner sehen und erfahren als hier. Im Arts & Craft Centre etwa werden junge Maori in traditioneller Holzschnitzkunst unterwiesen – auch dabei kann man zuschauen. Von den Folklore-Shows im Versammlungshaus, einer bunten Mixtur aus Tänzen, Gesängen und Ritualen, behaupten Kenner, es seien die besten und professionellsten im Land. Und im Stadtteil Ohinemutu lebt bis heute eine Maori-Gemeinschaft, die das heiße Thermalquellwasser wie eh und je zum Waschen, Kochen und Heizen nutzt.

Im Arts & Craft Centre werden junge Maori in der traditionellen Holzschnitzkunst unterwiesen.
Im Arts & Craft Centre werden junge Maori in der traditionellen Holzschnitzkunst unterwiesen. © Ekkehart Eichler

Die Landschaft um den Lake Rotorua ist Neuseelands ältestes und bis heute bedeutendstes touristisches Zentrum. Bereits im 19. Jahrhundert kamen weiße Besucher in den unheimlichen vulkanischen Lebensraum, dessen Glanzpunkt seinerzeit ein Weltwunder war – die rosa und weiß leuchtenden Sinterterrassen am Lake Rotomahana. Der Ausbruch des Vulkans Tarawera am 10. Juni 1886 zerstörte diese Herrlichkeit ein- für allemal. Zugleich aber erschuf er neue Attraktionen, die den Bade- und Kurtourismus ankurbelten.

Direkt am See entstanden die Gouvernor Gardens, eine in bester britischer Tradition angelegte Grünanlage, in der es in allen Farben blüht und wo alte Ladies stundenlang mit Hingabe Boule spielen. Optischer Glanzpunkt ist das einstige Luxus-Badehaus, eine Mischung aus englischem Tudor- und deutschem Fachwerkstil, heute Sitz des Museums. Wundervoll in heißem Wasser entspannen kann man gleich nebenan: in den aus drei Thermalquellen gespeisten Polynesischen Bädern.

Richtig gruslig wird es am Abend. Im dunklen Wald tauchen plötzlich schrecklich tätowierte Gestalten auf, die Gesichter zu grässlichen Grimassen verzerrt, die Zungen bis zum Anschlag herausgestreckt. Als ob das nicht reicht, um uns Fremdlinge bis in den Tod zu erschrecken und zu verscheuchen, formieren sich die Männer zur Gruppe und legen einen Haka hin, der sich gewaschen hat. Dieser weltweit gefürchtete Kriegstanz der Maori gehört häufig zum Begrüßungsritual, bei dem intensiv geprüft wird, ob jemand in feindseliger oder friedlicher Absicht gekommen ist. Ist Letzteres der Fall – wie zum Glück auch bei uns – darf sich der Fremde grenzenloser Gastfreundschaft gewiss sein. Zuerst besiegelt der Nasenkuss Hongi die neue Verbindung, anschließend gibt es Hangi, ein deftiges Kartoffelgericht à la Maori, das vier Stunden im Erdofen gegart wird.

Dass es solche Begegnungen und die Maori-Kultur heute überhaupt noch gibt, ist keineswegs selbstverständlich. Vor nicht mal zwei Generationen stand die Kultur der Ureinwohner faktisch vor dem Aus, wie Stadtführerin Mathilda Schorer erklärt: „Als ich hier 1975 als junge Frau einwanderte, beherrschte kaum noch jemand die bild- und nuancenreiche Sprache der Vorfahren – die gab es bis dato nur in mündlicher Form.“

Dem unermüdlichen Engagement junger Maori-Intellektueller und Künstler war es zu danken, dass das kulturelle Erbe, das Maoritanga, heute so lebendig ist wie zuletzt zu vorkolonialen Zeiten. Heute wird die Maori-Sprache nicht nur als Ausdrucksmittel für die besonderen spirituellen und geistigen Vorstellungen der Maori geachtet. „Sie hat auch ein Schriftbild bekommen und ist neben Englisch offizielle Landessprache“, sagt die gebürtige Schwäbin. Sie verweist auf die Kunst des Kriegskanubaus, der Holzschnitzerei und Jadebearbeitung, die lebendiger seien denn je. Und auch das Moko werde wieder voller Stolz getragen, die reich verzierte Gesichtstätowierung, auch wenn es zumeist eine mit Schminkfarbe aufgetragene Nachbildung ist.

Von den Folklore-Shows im Versammlungshaus, einer bunten Mixtur aus Tänzen, Gesängen und Ritualen, behaupten Kenner, es seien die besten und professionellsten im Land.
Von den Folklore-Shows im Versammlungshaus, einer bunten Mixtur aus Tänzen, Gesängen und Ritualen, behaupten Kenner, es seien die besten und professionellsten im Land. © Ekkehart Eichler

Von der Welt der Maori noch einmal zurück ins Reich der heißen Quellen. So wie die Maori-Begrüßungszeremonie gehört auch das Waiotapu-Wunderland zum Muss für Neuseeland-Neulinge. Kollabierte Krater, heiße und kalte Seen, Schlammtümpel, dampfende Erdspalten, mineralische Ablagerungen, die in sattem Gelb, Orange, Grün, Purpur, Rot, Braun oder Weiß leuchten – all das ist hier auf engstem Raum zu bestaunen. Ob an den „Tintenfässern des Teufels“, den „Brautschleierfällen“ oder am „Infernokrater“, in Waiotapu erwartet den Gast eine durch und durch surreale und bunte Welt. Ihr König ist der Champagner-Pool. Ein kreisförmiger, herrlich perlender, flaschengrüner Kessel, der in dichte Dampfschwaden gehüllt ist und von orangefarbenen Versinterungen eingerahmt wird – das muss man einfach gesehen haben.

Das Waiotapu-Wunderland ist eine durch und durch surreale und bunte Welt. Ihr König ist der Champagner-Pool. Ein kreisförmiger, herrlich perlender, flaschengrüner Kessel, der in dichte Dampfschwaden gehüllt ist und von orangefarbenen Versinterungen einger
Das Waiotapu-Wunderland ist eine durch und durch surreale und bunte Welt. Ihr König ist der Champagner-Pool. Ein kreisförmiger, herrlich perlender, flaschengrüner Kessel, der in dichte Dampfschwaden gehüllt ist und von orangefarbenen Versinterungen einger © Ekkehart Eichler

Anreise: Flüge von Frankfurt nach Neuseeland gibt es zum Beispiel täglich mit Lufthansa und Singapore Airlines. Zur Einreise werden benötigt: Reisepass, eine elektronische Einreisegenehmigung (NZeTA), ein gültiges Impfzertifikat, eine New Zealand Traveller Declaration

Lage: Rotorua liegt 255 Kilometer von Auckland entfernt. Per Bus oder Auto braucht man dafür etwa drei Stunden. www.rotoruanz.com

Informationen: newzealand.com/de; tepuia.com; tamakimaorivillage.co.nz; waiotapu.co.nz

Die Recherche wurde unterstützt von Tourism New Zealand und SKR Reisen.

www.skr.de/neuseeland-reisen/