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Turow: Gewerkschaft droht mit Blockaden in EU

Bei der Demo in Luxemburg hagelt es Vergleiche mit Nordkorea. Zudem kritisiert Polen die deutsch-tschechische Grube Jänschwalde, setzt aber auf Gespräche.

Von Anja Beutler
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Der Braunkohletagebau Turow direkt im Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland ist heftig umstritten.
Der Braunkohletagebau Turow direkt im Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland ist heftig umstritten. © Matthias Weber/photoweber.de (Archivbild)

Bei der Demonstration von rund 2.000 polnischen Gewerkschaftern und Bergarbeitern in Luxemburg haben die Teilnehmer der Europäischen Union zum Teil deutlich gedroht. Nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP sagte einer der Demo-Organisatoren am vergangenen Freitag vor Ort, der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhalte sich, als ob er in Nordkorea operiere. Zudem hieß es in polnischen Medien, dass der Chef der Solidarnosc-Gewerkschaft von Turow, Wojcech Illnicki, damit gedroht habe, "die gesamte Europäische Union zu blockieren". Auf welche Weise wurde nicht mitgeteilt.

Bei der Demonstration, die zum einen vor den EuGH-Sitz und zum anderen vor die tschechische Botschaft führte, haben die Demonstranten zudem eine Petition übergeben, die sich gegen die "herzlose Entscheidung" des EuGH zu Turow richte, die "60.000 Menschen zum Hungertod" oder zu einem Leben in Armut verurteile, wie es die polnische EU-Parlamentarierin der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PIS) Anna Zalewska formulierte. Da niemand dieses Schreiben direkt in Empfang nahm, die Demonstranten aber nicht in das Gerichtsgebäude hineindurften, habe man es in ein Loch im Zaun gesteckt, hieß es. Auch dem tschechischen Botschafter haben die Demonstranten demnach eine Petition übergeben und zugleich appelliert, Konflikte unter Nachbarn besser direkt miteinander zu klären.

Neue Signale für weitere Verhandlungen

Das hatte Tschechien - wie auch Deutschland - im Fall der nach EU-Recht nicht legalen Betriebserlaubnis für die Kohlegrube Turow durchaus versucht - allerdings ohne Ergebnis. Auch nach der Eröffnung der Staatenklage vor dem EuGH durch Tschechien im Februar dieses Jahres und dem in diesem Zusammenhang festgesetzten Abbaustopp in der Turower Grube hatte es mehr als ein Dutzend Gesprächsrunden zwischen Polen und Tschechien gegeben - ebenfalls bislang ohne einen Durchbruch. Auch die im September festgesetzte Strafzahlung von 500.000 Euro für jeden Tag, an dem weiter Kohle abgebaggert wird, erhöhte den Einigungsdruck nicht. Zuletzt hatten beide Länder die Gespräche frustriert aufgegeben. Nun erklärte jedoch laut polnischer Nachrichtenagentur PAP der stellvertretende Leiter des Außenministeriums, Piotr Wawrzyk, dass es von tschechischer Seite Signale zu weiteren Gesprächen gebe und er davon ausgehe, dass es höchstens zwei Wochen dauern werde, bis man wieder miteinander verhandele.

Parallel zur Kritik an Turow drehen die Polen den Spieß aus ihrer Sicht nun um: Michal Kurtyka, der polnische Minister für Klima und Umwelt, lässt die Schäden für das Grundwasser polnischer Gemeinden durch den auf deutscher Seite befindlichen Tagebau Jänschwalde, der von einem tschechischen Konzern betrieben wird, prüfen. Betroffen von einem zum Teil mehr als 2,5 Meter abgesunkenen Grundwasserspiegel, versiegenden Brunnen, verschwundenen Teichen und Flussläufen sowie Staubwolken sind die Gemeinden Gubin und Brody. Darüber hatten polnische Medien zuletzt berichtet. Der Tagebau Jänschwalde wird voraussichtlich bis 2023 betrieben werden.