Politik
Merken

Deutschland setzt sich mit Forderungen zur Abgasnorm Euro 7 nicht durch

Seit längerem wird darüber gestritten, wie viele Schadstoffe Autos und andere Fahrzeuge künftig ausstoßen dürfen. Nun haben sich die EU-Länder geeinigt.

 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Deutschland hat sich bei einem EU-Ministertreffen nicht mit Forderungen zur geplanten Abgasnorm Euro 7 durchsetzen können.
Deutschland hat sich bei einem EU-Ministertreffen nicht mit Forderungen zur geplanten Abgasnorm Euro 7 durchsetzen können. © Bernd Wüstneck/dpa

Brüssel. Deutschland hat sich bei einem EU-Ministertreffen nicht mit Forderungen zur geplanten Abgasnorm Euro 7 durchsetzen können. Nach einer Abstimmung am Montag in Brüssel wollen die EU-Staaten weder strengere Grenzwerte für Schadstoffe noch Ausnahmen für E-Fuels in die geplanten Regeln aufnehmen, wie aus Angaben der EU-Staaten und der spanischen EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht.

Die Überarbeitung der Grenzwerte geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück, durch den der Schadstoffausstoß von Fahrzeugen wie Autos, Transporter und Lkw strenger als bislang reguliert werden soll. Zu solchen Schadstoffen zählen beispielsweise Stickoxide. Die EU-Staaten blieben Angaben von EU-Diplomaten zufolge hinter den Ambitionen der Kommission zurück. So teilten die EU-Staaten mit, für Autos und Transporter von Privatpersonen sollen die gleichen Grenzwerte wie bei der bestehenden Euro-6-Regulierung gelten.

"Der mehrfach abgeschwächte Entwurf geht bei vielen Vorgaben für Luftschadstoffe nicht über die bisherigen Regelungen hinaus", kritisierte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Deutschland habe das Vorhaben "aus guten Gründen abgelehnt". Die Bundesrepublik wurde aber von einer Mehrheit der anderen EU-Staaten überstimmt. Im Laufe der Verhandlungen sei der ursprünglich ambitionierte Vorschlag der Kommission erheblich abgeschwächt worden, so Lemke.

Neu ist sowohl im Vorschlag der Kommission als auch dem der EU-Staaten, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann, reguliert werden sollen. Das bedeutet, dass auch Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge von den Regeln betroffen wären.

Laut zwei Studien der Europäischen Umweltagentur und der sogenannten Gemeinsamen Forschungsstelle war der Straßenverkehr 2018 für 39 Prozent der schädlichen NOx-Emissionen (Stickoxide) - in Städten 47 Prozent - und 11 Prozent der gesamten PM10-Emissionen (Feinstaub) verantwortlich.

Vehemente Kritik von Umweltverbänden

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton betonte nach dem Treffen, Ziel sei eine bessere Luft, eine wettbewerbsfähige Industrie und Fahrzeuge zu erschwinglichen Preisen. "Wir wissen, dass auch das ein wichtiger Punkt ist", so der Franzose.

Der europäische Branchenverband Acea begrüßte die Position der EU-Staaten grundsätzlich. Diese sei eine Verbesserung im Vergleich zum Vorschlag der Kommission. Die Industrie sei bereit, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, es solle aber sichergestellt werden, dass Autos bezahlbar und Unternehmen wettbewerbsfähig blieben.

Vehemente Kritik gibt es hingegen von Umweltverbänden. "Schmutzige Luft verursacht jedes Jahr Hunderttausende vorzeitige Todesfälle in Europa und Straßenverkehr ist eine Hauptursache dafür", sagte Marissa Reiserer, Greenpeace-Verkehrsexpertin. Die EU-Staaten hätten den kurzfristigen Interessen der Autoindustrie nachgegeben.

Ähnlich äußerte sich der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Die EU-Staaten hätten die Chance verpasst, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Dass es keine Ausnahmeregeln für E-Fuels, also synthetisch hergestellte Kraftstoffe, gibt, bezeichnete er als Schlappe für Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Jens Gieseke, der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, begrüßte es, dass sich die EU-Staaten auf "einen realistischen Ansatz geeinigt haben". Die Bundesregierung stehe wieder einmal blamiert und isoliert da, sagte der CDU-Politiker mit Blick darauf, dass das Umweltministerium keine strengeren Grenzwerte und das Verkehrsministerium keine Ausnahmen für E-Fuels hätten durchsetzen können.

Der FDP-Verkehrspolitiker Jan-Christoph Oetjen teilte mit: "Die in der Art vorgelegten Reformen haben keinerlei Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger der EU." So werde nur ein zusätzliches Bürokratiemonster geschaffen, das Arbeitsplätze koste.

Mit der Positionierung der EU-Staaten ist die neue Abgasnorm Euro 7 noch nicht fertig verhandelt. Das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte EU-Parlament muss sich auch noch auf eine Position einigen und in einem letzten Schritt muss ein Kompromiss zwischen den Forderungen des Parlaments und der EU-Staaten gefunden werden. (dpa)