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Mehr Wasser fürs Georgenfelder Hochmoor

Torfmoose wachsen dort, wo sich Wasser bis zur Oberfläche staut. Jetzt sorgen Spundwände dafür, dass es nicht mehr so schnell abfließt.

Von Siiri Klose
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Hydrologe Roman Dittrich von der Dresdner Firma Hydrokonsult und André Weichelt (re.) am Grenzgraben, in dem sich nun das Wasser staut, statt abzufließen.
Hydrologe Roman Dittrich von der Dresdner Firma Hydrokonsult und André Weichelt (re.) am Grenzgraben, in dem sich nun das Wasser staut, statt abzufließen. © Egbert Kamprath

Bulte, Schlenken, Uhrglas - wer sich ins Hochmoor begibt, stößt nicht nur auf eine sehr spezialisierte Vegetation, sondern auch auf ein spezielles Vokabular: "Das Uhrglas beschreibt das Landschaftsrelief, das entsteht, wenn die Torfmoose über Jahrtausende nach oben wachsen", sagt  Bernhard Hachmöller, Leiter der Naturschutzbehörde im Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Doch selbst auf Google Maps ist zu erkennen, dass dieses Uhrglas im Georgenfelder Hochmoor in zwei Teile zerfällt: "Im 16. Jahrhundert wurden Gräben angelegt, um das Wasser im Moor für den Bergbau zu nutzen", sagt Hachmöller. Seit dem fließt das überschüssige Moorwasser in die Galgenteiche. "Nordöstliche Teile des Hochmoors sind dadurch sehr trocken geworden." Bis 1946 wurde auch immer mal wieder Torf abgebaut: "Dort ist der Boden regelrecht zusammengesackt." 

Moor erstreckt sich bis nach Tschechien

Um das Wasser am Abfließen zu hindern, hatte der Sachsenforst bereits im Jahr 2013 zahlreiche Spundwände rund um die 20 Hektar des Georgenfelder Hochmoors in die Erde versenkt. "Doch damals war die tschechische Seite noch nicht mit eingebunden", sagt Hachmöller. Das Moor jedoch - und mit ihm das Wasser im Untergrund - erstreckt sich jenseits der Grenze noch einmal über 100 Hektar.  

Bernhard Hachmöller, der Referatsleiter Naturschutz im Landratsamt Pirna, begleitete das Setzen der Spundwände im Grenzgraben von fachlicher Seite.
Bernhard Hachmöller, der Referatsleiter Naturschutz im Landratsamt Pirna, begleitete das Setzen der Spundwände im Grenzgraben von fachlicher Seite. © Egbert Kamprath

Projekt mit tschechischen Naturschützern

Genau  entlang der Grenze leitet der Grenzgraben ebenfalls das Wasser weg aus dem Moor, hin zur Wilden Weißeritz: "Der ist zwar völlig zugewachsen, aber er wirkt immer noch entwässernd." Hier mit Spundwänden den Abfluss zu verhindern, nutzt auch der tschechischen Seite. Zudem gibt es für grenzüberschreitende Projekte Fördermittel vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, kurz: Efre.  

"2015 haben wir uns in Usti mit den tschechischen Naturschützern getroffen und geschaut, welche Naturschutzprojekte in der Grenzregion Priorität haben", erinnert sich Hachmöller. Die Entscheidung fiel schnell auf das Hochmoor, auch, weil die zunehmend trockeneren Jahre das Torfmoos-Moor zum Kiefernmoor umwandelten.

Torfmoose als Wasserspeicher

"Hochmoore sind Regenmoore, sie werden ausschließlich aus Niederschlägen gespeist", sagt Hachmöller. Zur südlichen, böhmischen Seite hin fließt der Regen, der auf das Erzgebirgs-Plateau fällt, später in die Bílina, nördlich in die Wilde Weißeritz. "Eine intakte Torfmoosfläche speichert es wie ein Schwamm", sagt Hachmöller. 

Der Grenzstein beim Georgenfelder Hochmoor steht inzwischen schon deutlich im Wasser. Genau das sollten die Spundwände erreichen.
Der Grenzstein beim Georgenfelder Hochmoor steht inzwischen schon deutlich im Wasser. Genau das sollten die Spundwände erreichen. © Egbert Kamprath

Für den ganzen Wasserhaushalt der Region hat das Moor daher eine regulierende Wirkung: "Es schafft auch eine höhere Luftfeuchtigkeit. Auf dem Erzgebirgsplateau haben wir weniger Probleme mit Borkenkäfern", sagt Hachmöller. An den Rändern des Moores bilden sich wassergefüllte Senken, die Schlenken: "Sie sind beispielsweise für die Alpensmaragdlibellen wichtig." Diese seltene Art lebe über Jahre als Larve im Wasser: "Das darf dann weder einfrieren noch austrocknen." 

Bagger auf Baggermatratzen

Mit 105.000 Euro aus den Efre-Mitteln - knapp 16.000 Euro davon trug der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge - wurden nun seit September über eine Länge von 400 Metern insgesamt sechs große Spundwände entlang des Grenzgrabens gesetzt. Sie bestehen aus Vinyl und sind zwischen zehn und zwölf Metern breit: "Sie lassen auch Lücken, denn das Wasser soll nicht so hoch aufgestaut werden, dass es unweigerlich abfließt und dabei Boden ausspült." 

Um den empfindlichen Boden nicht zu zerstören, fuhr der Bagger auf "Baggermatratzen" - Holzmatten, die das Einsinken verhinderten. "Wir haben natürlich in der Vorplanung Wasserstrommessungen durchgeführt, um zu ermitteln, wo sich mit den Spundwänden das meiste erreichen lässt", sagt Hachmöller. "Aber dass das Wasser nach den Bauarbeiten sofort  bis an die Oberfläche steht, ist natürlich ein guter Erfolg." 

Tschechische Seite braucht noch Stauungen

Inzwischen ist das technische Gerät bereits aus dem Moor verschwunden, "bis Ende des Jahres ist das Projekt abgeschlossen", sagt Hachmöller. Für die deutsche Seite ist nun alles getan, "jetzt müssen die Tschechen auf ihrer Seite noch Stauungen einziehen." Und den Wald offen halten, damit sich die Birkhühner weiter ausbreiten - ein zentrales Ziel auch der Efre-Förderung.     

Was das Georgenfelder Hochmoor bereits jetzt wieder kann: Menschen, die vom Holzbohlenpfad abkommen, zumindest knietief versinken lassen. Vor allem im Bereich der ehemaligen Gräben ist da Vorsicht geboten. 

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