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Wie sind die Echsen übers Meer gekommen?

1.000 Kilometer sind es vom Festland bis zur Insel: Dresdner Forscher finden jetzt eine Erklärung für die große Wasser-Wanderung der Galapagos-Landtiere.

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Die nächsten Verwandten der Galapagos-Landleguane leben auf der Yucatán-Halbinsel, von der über die Strände der Karibik nur ein sehr weiter Weg zu den Galapagos-Inseln führt.
Die nächsten Verwandten der Galapagos-Landleguane leben auf der Yucatán-Halbinsel, von der über die Strände der Karibik nur ein sehr weiter Weg zu den Galapagos-Inseln führt. © Roland Knauer

Von Roland Knauer

Dieser skurrile Drusenkopf bleibt gelassen. Die Begegnung mit Menschen stört ihn nicht, nichts bringt ihn aus der Ruhe. Lässig kaut er ungerührt auf dem stachligen Blatt einer Opuntie herum. Die Riesenschildkröten machen keinen Zentimeter Umweg, wenn Menschen ihnen begegnen. Allenfalls ein neugieriger Blick folgt ihnen aus dem Augenwinkel. Scheu kennen die meisten Tiere auf den Galapagos-Inseln wirklich nicht. Denn Raubtiere, die ihnen gefährlich werden könnten, haben es einfach nicht bis zu diesem Archipel geschafft.

Es liegt beinahe tausend Kilometer vor der Küste Ecuadors. Allerdings gelten auch die an Land lebenden Wirbeltiere wie die Drusenköpfe, Riesenschildkröten oder auch die Lava-Echsen nicht unbedingt als Bewohner der offenen Weltmeere. Wissenschaftler rätseln daher schon lange darüber, wie sie es geschafft haben, den offenen Pazifik zu überqueren, wenn Landraubtiere wie Jaguare an einer solchen Passage offensichtlich gescheitert sind.

Antworten auf diese Frage liefern jetzt Uwe Fritz, Chef vom Museum für Tierkunde der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden, und Jason Ali von der University of Hongkong in China. Ihr Beitrag dazu wurde am Mittwochabend im Fachmagazin Biological Journal of the Linnean Society veröffentlicht. Die beiden Forscher stützen sich auf sehr viele Erbgut-Analysen und zusätzlich Studien der geologischen Zusammenhänge, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden.

Die Wissenschaftler treten damit ein wenig in die Fußstapfen von Charles Darwin, der im Jahr 1835 auf den Galapagos-Inseln entscheidende Grundlagen für die von ihm vorgeschlagene Evolutionstheorie fand, mit der Biologen bis heute die natürliche Entstehung der Arten beschreiben: Weitab vom nächsten Festland und von größeren Inseln trennen an seiner engsten Stelle 930 Kilometer offener Pazifik das Archipel von der nächsten größeren Landmasse, der Küste Ecuadors in Südamerika. In dieser isolierten Lage hatten sich offensichtlich aus Tiergruppen, die Charles Darwin bereits aus Ecuador und Peru kannte, verschiedene neue Arten gebildet.

Wo die Evolution ihre Experimente macht

Die Galapagos-Inseln sind also eine Art natürliches Labor, in dem sich anscheinend ohne Einflüsse durch die Tier- und Pflanzenvielfalt auf dem Festland ein ganz eigenes Spektrum von Arten gebildet hat. Seit dem Besuch von Charles Darwin haben ungezählte Wissenschaftsgenerationen die Evolution auf diesem abgelegenen Archipel untersucht. Wann und wie aber die ersten Vorfahren der 42 Arten von Land-Wirbeltieren einst auf das abgelegene Archipel gekommen sind, wurde bisher nicht beantwortet. Dafür gibt es einige gute Gründe. So lässt sich schon die Frage nach dem „wann“ nicht eindeutig beantworten.

Die nächsten Verwandten der Galapagos-Meerechsen leben auf der Yucatán-Halbinsel, von der über die Strände der Karibik nur ein sehr weiter Weg zu den Galapagos-Inseln führt.
Die nächsten Verwandten der Galapagos-Meerechsen leben auf der Yucatán-Halbinsel, von der über die Strände der Karibik nur ein sehr weiter Weg zu den Galapagos-Inseln führt. © Roland Knauer
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