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Globalfoundries Dresden bekommt erst mal nur Millionen statt Milliarden

Wirtschaftsminister Dulig bringt der Mikrochipfabrik Globalfoundries Fördergeld zur Verbesserung der Schienenbahn. Zum möglichen Ausbau des Dresdner Standorts gibt es Andeutungen.

Von Georg Moeritz
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Beide wollen Wachstum: Der Dresdner Globalfoundries-Chef Manfred Horstmann (links im Bild) und Wirtschaftsminister Martin Dulig starten ein Förderprojekt in der Mikrochipfabrik.
Beide wollen Wachstum: Der Dresdner Globalfoundries-Chef Manfred Horstmann (links im Bild) und Wirtschaftsminister Martin Dulig starten ein Förderprojekt in der Mikrochipfabrik. © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Gegenseitige Komplimente, Hoffnungen auf mehr: Sechs Wochen nach der Ankündigung von Globalfoundries-Konzernchef Thomas Caulfield, die Fabrik in Dresden im Fall hoher staatlicher Unterstützung für acht Milliarden Euro zu erweitern, hat Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) am Donnerstag die Mikrochip-Produktion besucht.

Dulig brachte die Zusage über 5,4 Millionen Euro Subventionen für ein Projekt mit, in dem Globalfoundries mit Partnern das Transportsystem in der Dresdner Fabrik beschleunigt. Globalfoundries-Konzernchef Caulfield hatte im September am Rande einer Konzernveranstaltung in München beklagt, dass der größere Konkurrent TSMC in Dresden rund 50 Prozent Zuschuss vom Staat für die angekündigte Fabrik mit zehn Milliarden Euro Kosten und 2.000 Arbeitsplätzen bekommt.

Minister Dulig nannte beim Firmenbesuch den Konkurrenten TSMC aus Taiwan nicht mit Namen, sondern sagte, die Mikroelektronik bestehe „nicht nur aus den vier Buchstaben“, über die jetzt viel gesprochen werde. Vielmehr sei der Grundstein für Sachsens Erfolg mit der Mikroelektronik-Branche von Firmen wie Globalfoundries gelegt worden. Er freue sich über deren „Ansagen, weiter zu investieren und das Umfeld zu stärken“.

Globalfoundries mit mehr Maschinen, weniger Mitarbeitern

Der Geschäftsführer von Globalfoundries Dresden, Manfred Horstmann, bescheinigte Minister Dulig, den Betrieb schon mehrmals besucht zu haben – zuletzt anlässlich des ersten Tarifvertrages für die Fabrik. Er danke dem Land für die gute Unterstützung. Der Betrieb hat in den vergangenen Jahren mit zusätzlichen Maschinen im vorhandenen Reinraum die Kapazität kräftig ausgebaut. Laut Horstmann kann er jetzt pro Jahr 850.000 statt zuvor 300.000 Siliziumscheiben bearbeiten.

Transportbehälter fahren im Automatisierungslabor von Globalfoundries über den Köpfen von Geschäftsführer Manfred Horstmann (von links), Minister Martin Dulig und Experte Detlef Glüer. Die Schienenbahn im Reinraum hat 24 Kilometer Strecke.
Transportbehälter fahren im Automatisierungslabor von Globalfoundries über den Köpfen von Geschäftsführer Manfred Horstmann (von links), Minister Martin Dulig und Experte Detlef Glüer. Die Schienenbahn im Reinraum hat 24 Kilometer Strecke. © Foto: SZ/Veit Hengst

Die Belegschaft ist trotzdem geschrumpft, von 3.400 auf nun 3.000 Beschäftigte. Globalfoundries hat eine Abteilung nach Portugal verlagert, weil der langjährige Kunde und frühere Fabrikbesitzer AMD sie nicht mehr auslastete. Firmensprecher Jens Drews sagte, der frei gewordene Platz dieser ehemaligen „Bump und Sort Linie“ könne „perspektivisch“ zum Ausbau der Chipfertigung genutzt werden.

Im nun geförderten Projekt namens „Lotse“ arbeitet Globalfoundries mit der Technischen Universität Dresden und der HTW Dresden sowie den Dresdner Unternehmen Flowlogix mit elf Beschäftigten sowie Advanced Data Processing (ADP) mit drei Beschäftigten zusammen. Sie haben drei Jahre Zeit, die 5,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds Efre und aus Landesmitteln zu nutzen.

Flowlogix will Staus auf der Schienenbahn auflösen

Mit dem Geld soll vor allem die Schienenbahn an den Decken der Reinräume verbessert werden. Globalfoundries-Experte Detlev Glüer berichtete, dass in der Dresdner Fabrik 800 Transportbehälter an 24 Kilometer Schienen hängend unterwegs sind. Im Automatisierungslabor konnte Dulig einen Ausschnitt besichtigen und sich unter den sausenden Kisten ducken.

Flowlogix arbeitet laut Geschäftsführer Robert Schmaler daran, Staus in diesem Transportsystem vorzubeugen und schneller aufzulösen. Das Unternehmen ist eine Ausgründung aus dem Institut für Technische Logistik an der TU Dresden und wurde 2019 gegründet. Schon damals arbeiteten die wissenschaftlichen Mitarbeiter wie Schmaler an einem Förderprojekt mit Globalfoundries. Nun untersuchen sie, wie die Schienenbahn in der Fabrik beispielsweise hoch ausgelastete Abschnitte umfahren und dafür Schnellfahrbereiche nutzen kann. Flowlogix arbeitet auch für andere Dresdner Halbleiter-Unternehmen. Auch Infineon und Bosch betonen, wie hoch automatisiert ihre Fabriken arbeiten.

ADP-Geschäftsführer Jörn Kunze sagte, sein Unternehmen analysiere die großen Datenmengen aus der Produktion, um die Durchlaufzeit der Siliziumscheiben zu verringern. Das Dresdner Unternehmen sei seit 23 Jahren am Markt. Zur Gründungszeit gab es noch nicht so hohe Rechenleistungen. Heute fallen Daten aus 400 Prozessschritten der Bearbeitung von Siliziumscheiben an. Die Experten versuchen, optimale Wege durch die Produktionsanlagen zu finden und dabei eilige Produkte zu beschleunigen.

Folgen der Qimonda-Pleite wirken nach

Laut Kunze hat sein Dresdner Unternehmen "die Höhen und Tiefen" der Dresdner Mikrochip-Geschichte erlebt. Die Pleite der Infineon-Tochter Qimonda mit bis zu 4.000 Beschäftigten im Jahr 2009 war ein heftiger Schlag auch für Advanced Data Processing. Doch heute seien ehemalige Beschäftigte von Qimonda in der Branche verteilt - und hätten auch zum Kontakt von ADP zum neuen Förderprojekt beigetragen. Das Unternehmen hoffe, dass sich daraus Folgeaufträge in der Branche ergeben.

Dulig überreichte den fünf Projektpartnern symbolisch Mappen mit den Fördermittelbescheiden. Weil die Antrags- und Genehmigungsverfahren auch schon vollständig digitalisiert sind, hatten die Beteiligten schon vorher den Zuwendungsbescheid erhalten. Dulig scherzte beim Austeilen der Papiere, so spare er Briefmarken. Der Wirtschaftsminister sagte, die Mikrochipfabriken seien ein Beitrag zur Souveränität Europas. Er erinnerte an das Europäische Chip-Gesetz, dass die Produktion der Halbleiter in Europa gegen die Konkurrenz aus Übersee stärken soll.

Der Globalfoundries-Konzern hat in dieser Woche auch seine jüngsten Quartalszahlen veröffentlicht. Der Umsatz von 1,852 Milliarden Dollar war fast gleich hoch wie im Vierteljahr davor, aber elf Prozent geringer als ein Jahr zuvor. Damals fehlten weltweit Mikrochips, die Preise stiegen. Globalfoundries vergrößerte vor allem seine Fabriken in Singapur und Malaysia, investierte aber auch in ein Gemeinschaftsprojekt mit ST Microelectronics an dessen Standort in Frankreich.

Konzernchef Caulfield sagte, die Finanzergebnisse des jüngsten Quartals lägen am oberen Ende der Prognose. Auch wenn die Weltwirtschaft unsicher bleibe, arbeite der Konzern eng mit den Kunden und schließe mehr langfriste Partnerschaften. Globalfoundries stellt wie der deutlich größere Konkurrent TSMC Mikrochips im Auftrag von Elektronikkonzernen her, bringt also keine Endprodukte unter dem eigenen Namen auf den Markt.