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Wo Demokratie beginnt

Kein politisches Gremium ist näher dran an den Bürgern als der Ortschaftsrat – zum Beispiel in Grumbach.

Von Maik Brückner
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Grumbach braucht auch in den Jahren eine starke Interessenvertretung gegenüber der Stadt. Dafür setzen sich Ortsvorsteher Steffen Fache (li.) und Ortschaftsratmitglied Ludwig Hahn ein. Beide kandidieren erneut für den Ortschaftsrat.
Grumbach braucht auch in den Jahren eine starke Interessenvertretung gegenüber der Stadt. Dafür setzen sich Ortsvorsteher Steffen Fache (li.) und Ortschaftsratmitglied Ludwig Hahn ein. Beide kandidieren erneut für den Ortschaftsrat. © Karl-Ludwig Oberthür

Grumbach hat sich gemausert. Das früher selbstständige Dorf ist in den letzten Jahren ein attraktiver Wohnstandort geworden, verfügt über eine Grundschule und einen Kindergarten. Hier gibt es auch einen gut sortierten Edeka-Markt und eine Rossmann-Filiale.

Steffen Fache fühlt sich hier heimisch. Der gebürtige Dresdner wurde hier sehr gut aufgenommen. „Ich fühle mich wohl.“. Über den Sportverein gewann er rasch Freunde. Ähnlich erging es Ludwig Hahn, der aus Meißen stammt und ebenfalls in den 1990er-Jahren nach Grumbach zog. Auch er hat sich hier gut eingelebt. Den Zugang zu den Einheimischen fand er über die sehr aktive Kirchgemeinde.

Diese positiven Erfahrungen haben beide motiviert, sich in ihrer neuen Heimat kommunalpolitisch zu engagieren. Seit mehr als 20 Jahren arbeiten sie im Grumbacher Ortschaftsrat mit. Dieses Ortsteilparlament wurde nach einer Eingemeindung eingerichtet und sorgt dafür, dass die Grumbacher Interessen in Wilsdruff besser gehört werden. Kein Einzelfall. Im gesamten Landkreis gibt es 112 Ortschaftsräte, sagt Thomas Obst, Leiter des Kommunalamtes im Landratsamt Pirna. Tharandt und Bannwitz haben je vier, Glashütte zehn, Dippoldiswalde sogar 16 – so viel wie keine andere Stadt im Landkreis. Wilsdruff hat acht Ortschaftsräte.

Der Ortschaftsrat kann mehr bewirken, als mancher denkt, sagt Steffen Fache, der den Grumbacher Ortschaftsrat als Ortsvorsteher leitet. Dieser besteht aus sieben Mitgliedern, die allesamt von der Bürgerinitiative Grumbach, einer parteiunabhängigen Wählergemeinschaft, gestellt werden. Die Grumbacher Ortschaftsräte verstehen sich als Bindeglied zwischen der Verwaltung im Wilsdruffer Rathaus, dem Stadtrat und den knapp 1 900 Grumbachern. Jedes Jahr stehen dem Ortschaftsrat rund 10 000 Euro zur Verfügung, über die die Räte frei verfügen können. Sie unterstützen damit Vereine und Feste – meist als Kofinanzierung. Wichtigste Aufgabe des Ortschaftsrates ist aber die Mitarbeit in die Stadtpolitik.

Kandidaten werden nominiert

„Wir geben Empfehlungen“, sagt Fache. Und diese haben auch Gewicht, werden fast immer bei Beschlüssen im Stadtrat und in den Ausschüssen berücksichtigt. Es passiert aber auch, dass die Vorstellungen der Grumbacher nicht akzeptiert werden. „Wir haben auch den Aufstand gegen die Behörden geprobt“, sagt Fache. Letztlich habe man nachgeben müssen. Bei anderen Themen wie der Flurneuordnung kann der Ortschaftsrat die Sorgen der Bürger entgegennehmen. Tun kann er nicht viel. „Wir sind nicht Herr des Verfahrens“, so Fache. Der Ortschaftsrat kann aber die Behörden mahnen, weiter aktiv zu bleiben. Das funktioniert noch besser, wenn man die Stadtverwaltung hinter sich weiß, sagt Hahn. Und das habe man. Die Zusammenarbeit mit dem Rathaus sei sehr gut. In den allermeisten Fällen gelinge es auch, die Vorhaben in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung durchzusetzen. Denn dort schätzt man den Sachverstand und die Ortskenntnis des Ortschaftsrates.

„Wir machen es uns nicht leicht, hören uns alle Seiten an“, sagt Hahn. Vor Stellungnahmen werden nicht nur die Alteingesessenen um ihre Meinung gebeten, sondern auch Zugezogene, Gewerbetreibende, Vereine, die Schule und die Feuerwehr. Dazu wechselt der Ortschaftsrat auch gern mal seinen Sitzungsort. „Wir treffen uns nicht nur im alten Rathaus, sondern auch beim Sportverein, der Feuerwehr und der Kegelbahn“, sagt Fache.

In jeder Sitzung gibt es auch eine Bürgerfragestunde, in der die Grumbacher Sorgen und Nöte vorbringen können. So gut es geht, beantworten die Räte die Fragen. Ein Vorteil Faches ist, dass er als Ortsvorsteher viel mit den Ämtern im Rathaus zu tun hat und einiges über den kurzen Dienstweg regeln kann. Hahn wiederum ist Stadtrat, kennt manch Thema aus den Stadtrats- und Ausschusssitzungen besser. Manche Dinge dauern. „Grumbach ist zwar ein großer Ortsteil, aber nicht der einzige“, sagt Fache.

Deshalb müsse man bei manchen Dingen einen langen Atem haben, sich immer wieder ins Gespräch bringen. So stellen sich die Erfolge ein. Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise der Fußweg von der Bundesstraße zur Schule erneuert. In diesem Jahr wird das alte Rathaus umgebaut. Das sind Dinge, für die die Grumbacher lange gekämpft haben. Da es auch in Zukunft Wünschen geben wird, ist es wichtig, eine starke Interessenvertretung zu haben, sagt Fache.

Deshalb haben er und Hahn in den letzten Wochen viele Gespräche geführt. Die meisten drehten sich um die Wahlen Ende Mai. Schließlich sollen die Grumbacher dort nicht nur ihre Kandidaten für das Europaparlament und für den Stadtrat wählen, sondern auch einen neuen Ortschaftsrat.

Den beiden Grumbachern ist es gelungen, Interessenten dafür zu gewinnen. „Es sind auch zwei Frauen dabei“, sagt Hahn. Er hofft, bis zum Donnerstagabend mindestens elf Bewerber zu gewinnen. Denn so viele dürfen die Grumbacher für ihre Ortschaftsratswahl aufstellen. „Das geschieht ganz demokratisch am Donnerstag“, sagt Hahn. Jeder wahlberechtigte Bürger kann mitmachen. Hier können sich Grumbacher nicht nur für das Ehrenamt bewerben, sondern auch die Kandidaten bestimmen. Fache und Hahn hoffen, dass viele Grumbacher zu diesem Treffen gehen. Schließlich geht es um die Zukunft des Dorfes.

Kandidatenaufstellung am 7. März, 19.30 Uhr. Gemeindesaal des Rathauses Grumbach, Tharandter Straße 1

Anwälte der Ortsteile

Ortschaftsräte einzurichten, obliegt den Kommunen. Diese Gremien sind Interessenvertreter der Ortsteile und deren Einwohner. Sie verursachen aus Sicht der Gemeinde aber auch einen höheren Koordinierungs- und Kostenaufwand.

Ortschaftsräte werden entschädigt. Die Höhe regelt die Gemeinde. Ortsvorsteher gelten als Ehrenbeamte. Ihre Entschädigung regelt das Sächsische Beamtengesetz. Die meisten bekommen einen mittleren dreistelligen Eurobetrag pro Monat. (SZ/mb)

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