Bautzen
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Wortspielereien eines Multitalents

Die erste Veranstaltung der Reihe „Lausitzer Literatur Vormittag“ war Schauspieler Michael Lorenz zum 80. gewidmet. Er nahm sich auch selbst auf die Schippe.

Von Carmen Schumann
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Der Schauspieler und Autor Michael Lorenz las in der Reihe Lausitzer Literatur Vormittag im Bautzener Burgtheater Stücke aus eigener Feder.
Der Schauspieler und Autor Michael Lorenz las in der Reihe Lausitzer Literatur Vormittag im Bautzener Burgtheater Stücke aus eigener Feder. © Carmen Schumann

Bautzen. Wenn das Wort „Urgestein“ auf jemanden zutrifft, dann auf Michael Lorenz. Wie nur wenige seiner Zunft kann der Schauspieler von sich behaupten, schon vor 50 Jahren auf den Brettern gestanden zu haben. Zum Auftakt der ersten Veranstaltung „Lausitzer Literatur Vormittag“ der neuen Spielzeit betrat Michael Lorenz am Sonntag die Bühne im großen Saal des Bautzener Burgtheaters mit einem Hund im Schlepptau. Er hatte für den Vierbeiner, der aus einem tschechischen Tierheim stammt, für diesen Vormittag keinen Hundesitter gefunden. Michael Lorenz erinnerte sich daran, dass er vor einem halben Jahrhundert das Stück „Das Testament des Hundes“ inszeniert hatte, in dem der Satz „Er entachelt sich“ vorkommt, was bedeuten soll, dass das Tier sich erleichtert. Mit der Weisheit seines Alters sagte der 80-Jährige, Tiere seien die Einzigen, die die Menschen verstünden. Denn: „Die Menschen versteht man immer schlechter, vor allem wenn man älter wird.“ Eigentlich verstünde sich der Mensch ja selbst immer schlechter.

Unter der Last seiner Jahre habe er sich vom „Multitalent“ zum „Multipatient“ entwickelt. Er spielte damit auf seine schwere Erkrankung im Jahr 2003 an, die ihn unversehens in den unfreiwilligen Ruhestand katapultiert hatte. Doch das Multitalent blieb trotz der Abwesenheit von der Bühne nicht untätig. Den Beweis dafür lieferten seine Schauspielerkollegen Lutz Hillmann, Erik Dolata, Torsten Schlosser, Marian Bulang, Mirko Brankatschk und Gabriele Rothmann. Sie führten in einer szenischen Lesung das von Michael Lorenz in jenem schicksalhaften Jahr 2003 geschriebene und bisher unveröffentlichte Stück „Kasper Hanswurst auf Diplomatentreibjagd“ auf. Dabei kamen auch skurrile Handpuppen zum Einsatz, die Michael Lorenz selbst gestaltet hat. Das Publikum amüsierte sich köstlich. Denn Michael Lorenz erweist sich ein ums andere Mal als ein ebenso genialer Wortspieler wie sein vor zwei Jahren gestorbener Bruder Kito Lorenc, dessen Werke er oft interpretiert hatte.

Suche nach dem passenden Bibelzitat

Auch ein weiteres Glanzstück aus der Feder des schreibenden Schauspielers kam beim Publikum gut an. In der 1983 entstandenen „Provinzmimentragödie in fünf Akten“ beklagt der Autor sein ach so schweres Schicksal als Theatermensch und nimmt dabei – heftig wortspielend – die Verhältnisse auf einer Provinzbühne kräftig auf die Schippe.

Zum Schluss des literarischen Vormittags erinnerte sich der schreibende Schauspieler, der am 15. September seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, an ein weiteres Ereignis aus dem Jahr 2003. Damals waren prominente Bautzener aufgefordert, selbst gewählte Texte aus der Bibel zu lesen und zu interpretieren. Lorenz, katholisch erzogen, aber in seiner Jugend aus der Kirche ausgetreten, tat sich jedoch schwer, ein passendes Zitat zu finden. Da fiel ihm eine gebrauchte Bibel in die Hand. Darin hatte der Vorbesitzer eine Passage durchgestrichen, in der es heißt, Gott habe seinen Sohn geopfert, damit die Menschen die ewige Seligkeit erlangen. „Glaubte der Vorbesitzer nicht mehr daran?“, fragte sich Lorenz. Angesichts der Übermacht der menschlichen Gier und seiner Gleichgültigkeit gegen Mensch und Tier könne man schon in Pessimismus verfallen. Doch Lorenz riet seinen Zuhörern, trotz allem weiterhin das Gute zu suchen.

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