Bautzen
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Wuischke statt Berlin

Der Wissenschaftler zieht das kleine Dorf der Großstadt vor. Das hat auch mit der besonderen Geschichte des Hochkircher Ortsteils zu tun.

Von Kerstin Fiedler
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© Steffen Unger

Wuischke. Er ist hier geboren und groß geworden. Er hatte Freunde und die Freunde seiner Eltern. So kam er schon als kleiner Junge mit Künstlern zusammen, für die er jetzt eine kleine Ausstellung an der Mauer der Kinderarche in Wuischke gestaltet hat. Dr. Robert Lorenz wohnt seit drei Jahren wieder in Wuischke – und freut sich jetzt auf ein Wochenende mit den Nachbarn, den Freunden, der Familie. Denn der kleine Hochkircher Ortsteil wird 600 Jahre alt.

Lorenz, Sohn des bekannten sorbischen Dichters Kito Lorenc, wurde 1977 in Bautzen geboren. Die Familie hat sorbisch-katholische Wurzeln in Radibor, aber sein Vater stammt aus Schleife. Robert Lorenz erinnert sich noch gut an seine Kinderzeit. Sein Abitur legte er in Bautzen ab, auch ein Jahr Zivildienst hielt ihn noch bei den Eltern in Wuischke. Die hatten als Einzige der Künstler ihren Lebensmittelpunkt ganzjährig nach Wuischke verlegt, während die anderen sich eher sporadisch ihre Auszeit nahmen. „Nach der Schule ging es mir wie so vielen anderen auch. Wir wollten zur Ausbildung raus, weit weg von zu Hause, was Neues kennenlernen“, sagt Robert Lorenz. Im Sommer 1997 ging er mit zwei Freunden nach Berlin.

„Unsere WG hatten wir vorher schon abgesprochen“, sagt er. Studiert hat Lorenz europäische Ethnologie sowie tschechische Kultur und Sprache. Und auch, wenn er „in Berlin hängengeblieben“ ist, so hatten doch auch seine Arbeiten immer etwas mit der Lausitz zu tun. Seine Promotion hatte die Identitätsgeschichte der Stadt Görlitz nach 1990 zum Inhalt. „Ich hatte Gefallen am Großstadtleben gefunden, hatte Freunde in Berlin, war freischaffend für Museen tätig“, erzählt er. Doch dann begann in Berlin eine Zeit, wo man als Familie kaum noch Wohnraum fand, den man auch bezahlen konnte. „Und wenn ich sowieso an den Stadtrand ziehen muss, dann kann ich mich auch woanders orientieren“, sagt Robert Lorenz. Woanders heißt in diesem Fall, in der Lausitz. Und in Wuischke, dem Dorf, in dem er groß wurde, gab es für die kleine Familie auch etwas zur Miete. Seit drei Jahren leben sie hier, das Söhnchen ist noch keine drei Jahre alt. „Ein Aspekt, warum wir hierher gegangen sind, ist, dass es ruhig ist, Landluft und Natur vor die Haustür locken. „Wir haben sogar Imker hier und einige Familien, die sich wieder im Kleinen mit der Landwirtschaft beschäftigen und Tiere züchten. „Ansonsten liegen heute die Dörfer eher sinnlos zwischen den Feldern, es gibt kaum noch Bauern“, findet Lorenz. Wobei er auch den Agrarbetrieb Budissa lobt, der sich offenbar Gedanken um die Zukunft macht. „Sie haben wieder Bäume auf die Kuppe gepflanzt“, lobt Robert Lorenz. Und er bringt sich ein in die Dorfgemeinschaft, in der auch der Hochkircher Bürgermeister Norbert Wolf lebt.

Fotos gesammelt

Wolf kam 1989 nach Wuischke, sein Haus steht nahe am Teich mitten im Dorf. Und hier passiert gerade eine Menge. Denn dank des Mitmach-Fonds konnte Wuischke ein Projekt anschieben, das zunächst den Einwohnern des Dorfes etwas bringt, aber genauso den Touristen, die vor allem per Rad hier durchfahren und nach einem Rastplatz suchen. „Die zwei Schwarzerlen, die hier wuchtig am Teich standen, mussten wir beseitigen. Eine hat der Sturm umgeworfen, die andere war auch nicht mehr gesund“, sagt Norbert Wolf. Es entsteht eine wettergeschützte Sitzmöglichkeit, große Steine wurden zu breiten Stufen. „Nachdem wir den Teich entschlammt hatten und private Anwohner Fische eingesetzt hatten, angeln die Kinder ganz gern mal hier“, sagt Norbert Wolf. Und Robert Lorenz ergänzt, dass die Treppe auch als Einstieg fürs Schlauchboot oder – wenn im Winter der Teich zufriert – für die Schlittschuhläufer genutzt werden kann.

Große Feste feiert Hochkirch seit einigen Jahren nicht mehr. Der Czorneboh-Verein besteht trotzdem. Neben dem Hexenbrennen organisiert der Nachwuchs der Vereinsgründer das Weihnachtsbaumbrennen. Und um die Geschichte ein wenig zu erhalten, wurden jetzt bei den älteren Einwohnern Fotos gesammelt. Die sollen, neben den Fotos von Christian Borchert an der Mauer, auch gezeigt werden. Und zum Feiern gibt es ja auch sonst immer mal was, sagt Lorenz, dem einzig eine kleine Gaststätte im Dorf fehlt.

Am Sonntag, 15 Uhr, gibt es eine Führung an der Schautafel-Ausstellung mit Fotos von Christian Borchert