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Corona-Antikörper: Sehr gefragt und bald nichts wert?

Ein Blutspender aus Löbau hat nach seiner Corona-Erkrankung bereits dreimal Antikörper gespendet. Doch als Genesener zählt er nicht mehr.

Von Jana Ulbrich
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Antikörper gegen das Coronavirus sind bei der Blutspende sehr gefragt - für den Genesenen-Status reichen sie nicht.
Antikörper gegen das Coronavirus sind bei der Blutspende sehr gefragt - für den Genesenen-Status reichen sie nicht. © Marijan Murat/dpa

Das Dankeschön-Schreiben vom DRK-Blutspendedienst kann sich Jörg Wünsche an die Wand nageln: Das DRK dankt dem regelmäßigen Blutspender aus Löbau für drei besondere Spenden: Jörg Wünsche hatte Corona, in seinem Blut haben sich viele Antikörper gebildet. Dreimal, so schildert er es der SZ, hat er sie mit seinem Blutplasma gespendet - genau ein halbes Jahr nach seiner Genesung das erste Mal, danach noch zwei weitere Male. Die Antikörper aus seinem Blut sind sehr wertvoll für die Forschung und für die Behandlung schwerkranker Corona-Patienten. Nur ihm selbst nutzen sie jetzt - zumindest offiziell - nichts mehr.

Denn ein halbes Jahr nach seiner Genesung zählt ein Genesener nicht mehr als Genesener. Jörg Wünsche muss sich jetzt impfen lassen, wenn er in den Baumarkt oder in eine Gaststätte gehen möchte - ganz egal, wie viele Antikörper in seinem Blut noch vorhanden sind. Denn Antikörper zählen nicht, wo eine 2-G-Regel gilt. Der Löbauer findet das paradox: "Für den Blutspendedienst bin ich wertvoll, in der Corona-Verordnung falle ich durch."

Jörg Wünsche steht mit seinem Problem nicht alleine da. Wie ihm geht es zahlreichen Genesenen nach einer überstandenen Corona-Erkrankung. Doch die Politik lässt bei dem Thema nicht mit sich reden: Nach einem Zeitraum von sechs Monaten nach einer überstandenen Corona-Infektion ist mit dem Genesenen-Status offiziell Schluss, so bekräftigt es eine Sprecherin des sächsischen Sozialministeriums. Wie lange der Schutz durch die Erkrankung anhält, sei bisher zwar nicht genau bekannt, derzeit verfügbare Daten würden jedoch für eine Dauer von sechs bis acht Monaten nach einer Erkrankung ausgehen.

Ein Antikörpertest sei aber "nicht geeignet, um sicher festzustellen, ob ein Schutz besteht", so erklärt die Sprecherin. Denn eine Person könne die Erkrankung durchgemacht haben, ohne messbare Antikörper zu entwickeln. Zudem sei noch unbekannt, wie viele Antikörper vorhanden sein müssen, um von einem sicheren Schutz ausgehen zu können. Genesene sollten sich deshalb im Zeitraum von drei bis sechs Monaten nach ihrer überstandenen Erkrankung impfen lassen, empfiehlt das Sozialministerium mit Verweis auf entsprechende Erkenntnisse aus dem Robert-Koch-Institut (RKI). Aufgrund der bestehenden Immunität nach einer früheren Infektion sei aber eine Impf-Dosis ausreichend.

Wofür der Blutspendedienst die Antikörper braucht

Beim DRK-Blutspendedienst hält man eine nachträgliche Impfung für Genesene ebenfalls für vorteilhaft. "Inzwischen wissen wir, dass Genesene, die danach einmal geimpft wurden, als Spender von Antikörpern am besten geeignet sind", erklärt Prof. Dr. Torsten Tonn. Der Transfusionsmediziner und Medizinische Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost bestätigt, dass man aktuell nicht davon ausgehen könne, dass nach sechs Monaten noch ausreichend Antikörper vorhanden sind. "Deswegen endet der Genesenen-Status auch nach sechs Monaten", sagt er.

Für eine Spende kämen aber nur Personen mit sehr hohem Antikörpergehalt infrage, erklärt der Mediziner. Die meisten Menschen, die genesen sind, hätten diese hohe Antikörper-Zahl nicht. Insofern war Jörg Wünsche aus Löbau für den Blutspendedienst auch ein Glücksfall. "Wir müssen mehrere Hundert Genesene auf ihren Antikörpergehalt untersuchen, um überhaupt einige wenige Spender zu identifizieren, deren Plasma ausreichend hohe Antikörper aufweist", erklärt Prof. Tonn.

Die gesammelten Antikörper werden in der Forschung und für die Behandlung schwerkranker Menschen gebraucht. "Mit dem bei uns gespendeten Plasma der Genesenen konnten seit Anbeginn der Pandemie rund 250 Patienten in sächsischen Kliniken behandelt werden", freut sich der Geschäftsführer, "so unter anderem in Dresden, Bautzen und Görlitz." Die Präparate seien fast ausschließlich Patienten gegeben worden, die selbst nicht in der Lage waren, Antikörper zu bilden - zum Beispiel nach Transplantation oder wegen einer Krebserkrankung.

Zudem hat der DRK-Blutspendedienst an einer klinischen Studie zum Thema teilgenommen. "Aktuell wären wir sehr daran interessiert, Personen als Spender gewinnen zu können, die mit der neuen Omikron-Variante infiziert gewesen sind", kündigt Prof. Tonn an. Plasma spenden kann man kann ab vier Wochen nach Abklingen der Symptome.