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Darf man im Zittauer Gebirge ein Schweizer Chalet bauen?

In Oybin ist ein Streit um einen geplanten Eigenheim-Neubau entbrannt. Passt ein modernes Architekten-Haus in den Kurort? Der Gemeinderat sagt: Nein. Aber warum?

Von Jana Ulbrich
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Ein Blick von oben auf die Häuser im Kurort Oybin: Verschiedene Baustile verschiedener Epochen stehen hier nebeneinander. An einem ist jetzt ein Grundsatzstreit entbrannt.
Ein Blick von oben auf die Häuser im Kurort Oybin: Verschiedene Baustile verschiedener Epochen stehen hier nebeneinander. An einem ist jetzt ein Grundsatzstreit entbrannt. © Matthias Weber

Es ist ein toller Entwurf, den der junge Zittauer Architekt Clemens Hauptmann da vorgelegt hat: Als Ersatz für einen sanierungsbedürftigen Altbau am Ortsrand von Oybin hat der 37-Jährige ein modernes zweistöckiges Wohnhaus in Holzrahmenbauweise geplant. Es sieht ein bisschen so aus wie ein großzügiges Schweizer Chalet, folgt im Stil der Klassischen Moderne, ist in dezenter Holz- und Steinoptik gehalten. Er habe sich in der Gestaltung vom bekannten Oybiner Thomasfelsen inspirieren lassen, sagt der Architekt.

Die Bauherrin, die nach diesem Entwurf nun ihr Oybiner Elternhaus umbauen wird, ist vom Projekt des Architekten begeistert. Aus urheberrechtlichen Gründen darf der Entwurf in der SZ allerdings nicht gezeigt werden. Eine kleine Visualisierung findet sich aber auf der Webseite des Zittauer Architekturbüros.

Baurechtlich ist gegen das Objekt nichts einzuwenden. Alle fachlichen Vorgaben sind eingehalten, die Nachbarn haben ihr Einvernehmen erteilt. Die Untere Denkmalbehörde hat zugestimmt. Vor Kurzem hat die Bauherrin vom Landratsamt die behördliche Baugenehmigung erhalten. Im Frühjahr soll es losgehen - ob den Oybiner Gemeinderäten das nun gefällt oder nicht.

Blick in den Oybiner Ortsteil am Höllenweg, den die Einwohner die "Hölle" nennen. Hier soll das neue Haus im modernen Chaletstil gebaut werden.
Blick in den Oybiner Ortsteil am Höllenweg, den die Einwohner die "Hölle" nennen. Hier soll das neue Haus im modernen Chaletstil gebaut werden. © Matthias Weber/photoweber.de

Denn der Oybiner Gemeinderat hat sich - in bisher wohl einmaliger Weise - geschlossen gegen das Bauvorhaben ausgesprochen und das sogenannte gemeindliche Einvernehmen für das Projekt verweigert. Auf die Baugenehmigung hat diese Entscheidung zwar keinen Einfluss, denn sie wird allein aus baurechtlicher Sicht erteilt, man habe aber wenigstens ein Zeichen setzen wollen, so erklärt es Gemeinderat Conrad Siebert von der unabhängigen Bürgerliste.

Aber welches Zeichen denn? Dass ein Chalet aus den Schweizer Alpen nicht ins Zittauer Gebirge passt? Dass nicht jeder einfach so bauen kann, was er gerade will? Dass das Ortsbild gewahrt bleiben muss?

Da ist nur das Problem, dass der Kurort Oybin gar kein typisches Ortsbild hat. Im Tal zwischen Hochwald und Berg Oybin versammeln sich Umgebindehäuser und Gründerzeitvillen, 70er-Jahre-Hotels und moderne Bauten aus den 1990ern. Jede Zeit hat Eigenes hervorgebracht. "Warum also sollten nicht auch die 2020er Jahre etwas Neues hervorbringen", findet Architekt Clemens Hauptmann.

Es gäbe schon zu viele Häuser, die nicht ins Oybiner Ortsbild passen würden, so empfinden es die Gemeinderäte. Aber was denn ihrer Meinung nach ins Ortsbild passt, genau das können die Oybiner Gemeinderäte eben auch nicht sagen. Denn es gibt für den Ort keine Ortsgestaltungssatzung, die potenziellen Bauherren Vorschriften machen oder Grenzen setzen könnte.

Auch ein Schweizer Chalet also verstößt nicht gegen örtliche Bauvorschriften, weil es diese örtlichen Bauvorschriften in Oybin schlichtweg nicht gibt. "Wir können nichts machen", sagt Gemeinderat Siebert. "Wir haben es schließlich bisher nicht geschafft, eine Ortsgestaltungssatzung auf den Weg zu bringen."

Clemens Hauptmann versteht die ganze Aufregung überhaupt nicht: Sein Entwurf passe sehr wohl in diese Ortslage am Waldrand, ist er überzeugt. Er passe auch viel besser als das alte Haus, das derzeit noch an dieser Stelle steht. "Wir haben uns schließlich Gedanken gemacht", sagt der junge Architekt aus Zittau.

"Wir haben uns ganz bewusst für ein Haus in Holzbauweise entschieden, das sich harmonisch in die Landschaft einfügt", erklärt er. Das neue Haus werde barrierefrei und zeitgemäß sein. Barrierefrei vor allem, damit die Eltern der Bauherrin so lange wie möglich in der Hölle wohnen bleiben können.