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Innenstadtromantik kontra Pop-Art

Am Mandauer Berg in Zittau wurden vor 40 Jahren Wohnhäuser aus Uromas Zeit abgerissen und neue später durch moderne Architektur aufgewertet.

Von Dietmar Rößler
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So sah das Viertel am Mandauer Berg in Zittau um 1975 aus.
So sah das Viertel am Mandauer Berg in Zittau um 1975 aus. © Sammlung: D. Rößler

Der Blick auf das untere Ende des Zittauer Mandauer Berges, festgehalten auf einer Fotografie von etwa 1975, zeigt Tristes, aber auch barocken Charme. Entstanden sind die Gebäude vermutlich nach der schlimmen Zerstörung der Stadt im Jahr 1757. Da hier eher die ärmeren Leute wohnten, wurden die Häuser nicht so prunkvoll wiedererrichtet wie die an der Weber- oder der Bautzener Straße. Heute ist diese Häuserzeile verschwunden. Als die Stadtverwaltung Anfang der 1980er-Jahre entscheiden musste, wo weitere Flächen für „modernen Wohnungsbau“ freigelegt werden könnten, fiel die Wahl auf dieses Stadtviertel. Und man beschloss tatsächlich, Teile der historischen Innenstadt abzureißen. Da damals auch in der maroden Innenstadt alle Wohnungen genutzt waren, bildete die Freilenkung der Gebäude sicher ein logistisches Problem. Aber das Versprechen auf Neubauwohnungen dürfte den Widerstand der Bewohner reduziert haben. Protest gab es zwar, aber das Vorhaben wurde zügig durchgesetzt.

Das sogenannte PopArt- beziehungsweise Künstler-Viertel in Zittaus Innenstadt.
Das sogenannte PopArt- beziehungsweise Künstler-Viertel in Zittaus Innenstadt. © Rafael Sampedro (Archiv)

Die Ladengeschäfte abzureißen, war kein Problem. Hier ehemals angesiedelte Händler wie das Papiergeschäft von Friedrich Münnich, das als „Bilder-Münch“ einst hatte Kinderaugen strahlen lassen, waren inzwischen lange geschlossen. Einziges funktionierendes großes Geschäft, das jetzt seine Arbeit in diesem Stadtviertel beenden musste, war das populäre Möbelgeschäft von Karl Kretschmer. „MöbelKretschmer“ hatte seine Schaufenster an der Grünen Straße. An der Zeichenstraße konnte man gekaufte Möbel abholen. Diese beiden Straßen sowie die Rosenstraße wurden in das Neubauprojekt einbezogen. Bald standen hier genormte Neubaublöcke, offensichtliche Fremdkörper in der Zittauer Innenstadt. Viele empfanden das als Bausünde, die den touristischen Gesamteindruck der Stadt hätte mächtig stören können.

Hätte … Denn es kam anders. Es gelang, den Bildhauer Sergej Alexander Dott für das Wohngebiet zu interessieren. Er erarbeitete einen Entwurf für eine Art Künstlerviertel mit dem Projektnamen „Mandauer Glanz“‘. Mittlerweile gibt es Meinungen, dass hier 2010 das flächenmäßig größte Pop-Art-Viertel Deutschlands entstanden sei. Aber auch wenn es das nicht sein sollte, hat das Wohngebiet durch diese „künstlerische Veredlung“ unbedingt an Qualität gewonnen. Heute gibt es hier 180 moderne Wohnungen in einem interessanten bunten Umfeld. Für dieses Stadtviertel war das wohl das Beste, was ihm nach dem brutalen Abriss vor 40 Jahren passieren konnte.