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So grün wird Olbersdorfs Grundbachsiedlung

KWV und Gemeinde investieren 2024 in den weiteren Umbau des Olbersdorfer Plattenbau-Gebiets. Dazu gehören Abrisse, aber auch Blühwiesen sowie ein Freizeit- und Sensorikpark.

Von Thomas Christmann
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Das Gebäude Am Grundbachtal 37 bis 41 wird zwei Etagen verlieren.
Das Gebäude Am Grundbachtal 37 bis 41 wird zwei Etagen verlieren. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Der Wohnblock ist bereits eingerüstet. Die beiden oberen Etagen des Sechsgeschossers Am Grundbachtal 37 bis 41 in Olbersdorf stehen leer. Derzeit werden sie entkernt, bevor ab 5. Mai der 14-tägige Rückbau beginnt. Die in den ersten vier Etagen lebenden Mieter müssen ihre Wohnungen dann tagsüber verlassen. "Aus Sicherheitsgründen", sagt Karsten Hummel vom gemeindeeigenen Unternehmen KWV, dem das Haus gehört. Die Betroffenen kommen von 7 bis 18 Uhr in möblierten Räumen im Nachbargebäude unter.

Das sei ein erprobtes Verfahren, berichtet der Geschäftsführer. So lief das schon bei den Wohnblöcken an der Buchbergstraße 10 bis 14 und Töpferstraße 9 bis 15 sowie 17 bis 23, die nur noch über vier Etagen verfügen und wo seither der Leerstand deutlich geringer ausfällt als in anderen KWV-Häusern im Gebiet. Deren Dächer sind für Fotovoltaik oder Solarwärme ausgelegt. Das nun eingerüstet Gebäude wird hingegen künftig begrünt: als natürliche Klimaanlage, die Feinstaub filtert und Lebensraum für Flora und Fauna bietet. Die Arbeiten dauern bis September. Die Kosten belaufen sich auf 1,3 Millionen Euro.

Das ist nicht das einzige Vorhaben, das KWV und Gemeinde noch dieses Jahr in der Olbersdorfer Grundbachsiedlung mit Fördermitteln vom Bund umsetzen wollen:

Geschoss-Rückbau für Gründächer

Insgesamt drei Objekte Zum Grundbachtal werden rückgebaut. So folgen noch die Nummern 1 bis 7 und 9 bis 15, die auf vier und drei Geschosse schrumpfen. Als Tor in das Wohngebiet sollen die Häuser laut Karsten Hummel die Struktur der nahe gelegenen Kita aufnehmen, die aus zwei bis drei Stockwerken besteht. Auch auf den Gebäuden sind Gründächer vorgesehen. Dazu plant die KWV, die Leitungen für die Ver- und Entsorgung zu erneuern. "Den meisten vom Rückbau betroffenen Mietern konnten wir passenden Wohnraum zur Verfügung stellen", berichtet der Geschäftsführer.

Während die Fördermittel für die weiteren Teilabrisse bereits bewilligt sind, muss das Unternehmen noch eine Baugenehmigung erarbeiten - eine liegt schon vor - und die Finanzierung für den Eigenanteil sicherstellen. Das Millionen-Vorhaben soll bis 2025 abgeschlossen sein. Beantragt war auch, die Wohnblöcke an der Töpferstraße 19 bis 16 und 18 bis 24 um zwei Etagen rückzubauen. Doch der Fördertopf ist ausgeschöpft.

Straßen-Rückbau für Blühwiesen

Nach dem Abriss von vier Wohnblöcken an der Lauschestraße und Zum Grundbachtal von 2011 bis 2019 folgen die Anlieger-Straßen und Parkplätze. Der Rückbau der rund 2.000 Quadratmeter großen Gesamtfläche ist von Ende Juli bis Ende September geplant. Danach werden Blühwiesen angelegt, in denen Insekten und anderen Kleintiere einen natürlichen Lebensraum als Nahrungsquelle und Unterschlupf vorfinden. Dafür ist auch spezielle Mahdtechnik nötig. So kommen künftig schneidende und nicht rotierende Messer zum Einsatz. Der Zyklus der Bewirtschaftung sei geringer, dafür aufwendiger, sagt Karsten Hummel. Die Kosten für die Umgestaltung betragen etwa 250.000 Euro. Solche Wiesen bestehen bereits als Inseln auf dem Freizeitplatz am Heizhaus und zwischen Töpferstraße und Zum Grundbachtal.

Bewegungs- und Sensorikpark

Zwischen Töpfer- und Hochwaldstraße soll von August bis November ein Bewegungs- und Sensorikpark für alle Generationen gebaut werden. Auf einer Fläche von über 4.200 Quadratmetern ist unter anderem ein Retrospielplatz vorgesehen. Dafür werden nach Auskunft des KWV-Geschäftsführers Geräte aus DDR-Zeit aufgearbeitet, aber auch neue installiert. Für Menschen mit Rollator oder Arthrose stehen spezielle Bänke bereit.

Bei den Wegen setzt das Unternehmen auf wasserdurchlässiges Ökopflaster statt einer sandgeschlemmten Decke, die stärkerem Regen nur bedingt standhält. Durch den Park fließt auch ein künstlich angelegter Bach. Unterirdische Zisternen fangen dafür Regenwasser auf, das über Solartechnik nach oben gepumpt wird. Das Ganze läuft im Rotationssystem. Die Zisternen sollen die Kanalisation entlasten und als Löschwasser-Entnahmestelle für die Feuerwehr dienen. Flankierend zum Park werden Bienen- und Blühwiesen integriert, Insekten-Nisthilfen geschaffen. Die Kosten betragen etwa eine halbe Million Euro.

Artenschutz-Studie und Nachhaltigkeitskonzept

Fledermäuse, Mauersegler, Schwalben und Tauben nutzen leerstehende Gebäudeteile wie Balkone zum Nisten. Doch ihr Lebensraum wird durch den Rückbau von Häusern zerstört. Zudem verdrängen die Tauben die anderen geschützten Vogelarten. In einer Artenschutz-Studie der Gemeinde werden bis Jahresende die Probleme erfasst, bewertet und Lösungen gezeigt. Hinzu kommt ein Nachhaltigkeitskonzept, das auch als Grundlage für weitere Investitionen im Wohngebiet dient. Dabei spielen Umwelt, Wirtschaft und Tourismus ebenso eine Rolle wie Bildung und Strukturwandel. Dazu konnten diesen Monat die Olbersdorfer an einem Workshop teilnehmen. Die Ergebnisse daraus werden am 1. Juni vorgestellt, wenn Gemeinde und KWV zu einem Aktionstag in die Siedlung einladen. Dort stellen sie nicht nur ihre Projekte vor, sondern präsentieren sich auch Vereine und andere Akteure zum Thema "Nachhaltigkeit".

Erst vorigen Freitag begutachtete der mobile Gestaltungsbeirat die Siedlung. Das ist ein vom Land initiiertes unterstützendes Architektengremium, das sich das Umbaukonzept vorstellen ließ. "In der Bewertung liegen wir mit unseren generellen Plänen auf jeden Fall richtig", so Karsten Hummel. Dennoch bekamen Gemeinde und KVW "einige wichtige Impulse" zur Neugestaltung des Gebiets und deren Anbindung an Ober- und Niederdorf. Diese sollen möglichst Studenten in einem Ideenwettbewerb erarbeiten, wozu die TU Dresden und Uni Prag eingebunden werden sollen.