Ein bisschen müssen sich die Dritt- und Viertklässler der Mittelherwigsdorfer Grundschule noch gedulden. Die "Großen" wissen schon aus dem Vorjahr, was sie bald erwartet. Und den Kleineren haben Freunde erzählt, um was es in einer ganz besonderen Unterrichtsstunde geht - kurz bevor das Schuljahr zu Ende ist: Dann bekommen die Kinder die Chance, ihre Gemeinde mitzugestalten. Und weil Mittelherwigsdorf eben nicht nur Mittelherwigsdorf ist, sondern auch Eckartsberg, Radgendorf und Oberseifersdorf umfasst, sind die jüngsten Einwohner richtige Veränderer. Zukunftsgestalter. Mit ihren Ideen machen sie ihre Heimatdörfer lebenswerter.

Wenn es in ein paar Wochen soweit ist, dann ist die Spannung fast mit Händen zu fassen. Jedes Mädchen, jeder Junge bekommt eine Übersichtskarte der Gemeinde. Dann heißt es, jeweils drei Standorte zu markieren. Einmal jene, die den Kindern am meisten gefallen. Dann wiederum die, an denen sie sich Veränderungen wünschen. "Die liebsten und hässlichsten Plätze sozusagen", lacht Markus Hallmann. Der Bürgermeister (FWV) gehört zu den Initiatoren der ungewöhnlichen Aktion, die zuletzt schon für Furore gesorgt hat und sich anschickt, künftig auch Preisgelder abzuräumen. Die dann für Ideen eingesetzt werden sollen, die sich die kleinen Dorfgestalter ausgedacht haben.

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Im Sommer, wenn die Schule Pause macht, sitzt die Erwachsenenrunde beisammen. Ordnet und bewertet das, was der Nachwuchs aufgeschrieben hat. Die Grundschule ist dabei, der Hort, auch der Schulförderverein. Gemeinderäte wollen ebenfalls wissen, wo den Jüngsten der Schuh drückt. Auch die Kirchgemeinde und die freiwillige Feuerwehr, dazu Eltern und Großeltern der Grundschüler. "Eine bunte Mischung. Mit jeder Menge Engagement", freut sich der Rathauschef.

Spannend geht es aber auch nach den großen Ferien weiter. Denn dann werden in den beiden Klassenstufen Gruppen gebildet, die - mit Tablets ausgerüstet - durch die Dörfer ziehen und fotografieren. Daraus entstehen Präsentationen über die Wünsche der Kinder. Rund um den Weltkindertag im September ist eine Ideenkonferenz angesetzt. Dort werden die Ergebnisse vorgestellt. "Das ist wie eine Gemeinderatssitzung, nur mit jüngerer Besetzung", ist Markus Hallmann begeistert. "Die Kinder erkennen, was wichtig ist und was vielleicht nicht sofort umgesetzt werden muss."

Das Tolle daran: Die Einwohner in den vier Ortsteilen sind so begeistert von dieser schon im Kindesalter gelebten Demokratie, dass die Gemeinde regelmäßig Geldspenden bekommt. Von Familienmitgliedern, aber auch Bürgern, die eigentlich nichts damit zu tun haben, denen aber die Idee dahinter gut gefällt. Auch Gewerbetreibende lassen sich nicht "lumpen". Mehrere tausend Euro sind auf diese Weise bereits zusammengekommen.

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Seit 2021 gibt es dieses Engagement, das inzwischen den Namen "MitmachHerwigsdorf" trägt. Viele kleine, aber auch größere Projekte konnten bereits umgesetzt werden. Zum Beispiel hat der Bolzplatz in Mittelherwigsdorf ein neues Ballfangnetz und eine Anzeigetafel bekommen. Auf dem Schulhof wurde eine Kletterpyramide installiert und ein Spielplatz am Barfußweg ist direkt neu entstanden. Selbst der Herschdurfer Karnevalsverein hat von der Initiative der Kinder profitiert: Der Container, in dem sich der Kostümfundus befindet, wird nun von einer freundlich lächelnden Kuh geschmückt - und dem Spruch "Kummt ock rei". Als Ergebnis eines Workshops, bei dem sich die Grundschüler künstlerisch verwirklichen durften.

Andere Projekte von "MitmachHerwigsdorf" sind noch in der Pipeline oder werden gerade umgesetzt. Zum Beispiel der "Schulgarten der Zukunft". Hier haben sich die Ideen der Kinder mit der Experimentierlust von Eltern und Fachleuten aus dem Dorf verbunden. Entstehen soll eine Art "eierlegende Wollmilchsau". Auf einem Carport wurden bereits halbtransparente Solarpaneelen installiert, die Strom erzeugen. Das von den Platten aufgefangene Regenwasser wird abgeleitet und in Düsen gepumpt, die sich unter dem Carportdach befinden. Durch sie wird Gemüse mit Wasser versorgt, das hier gedeihen soll.

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Mit "MitmachHerwigsdorf" hat sich die Gemeinde jetzt auch beim ersten Sächsischen Beteiligungspreis beworben und es in der Kategorie "Kinder- und Jugendbeteiligung" gleich unter die drei Finalisten geschafft. Bis Ende März kann auf der Internet-Plattform www.beteiligen.sachsen.de darüber abgestimmt werden, wer Sieger werden soll. Dem Gewinner winken 10.000 Euro. Für die unterlegenen Projekte werden noch 1.000 Euro ausgereicht. "Wir könnten das Geld gut gebrauchen, wollen unsere Schulgarten-Idee zu Ende bringen", so Markus Hallmann. Zudem warten weitere Vorschläge der Kinder. Und die nächste Ideenrunde ist ja fast schon in Sicht.