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Jetzt spricht die Bürgermeisterin zur Situation in Seifhennersdorf

Das Zerwürfnis zwischen Mandy Gubsch und Kämmerer Antonio Moscato schlägt hohe Wellen. Was das für Auswirkungen hat und für die Zukunft der Stadt bedeutet.

Von Frank-Uwe Michel
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Bürgermeisterin Mandy Gubsch erklärt im SZ-Interview die derzeit angespannte Lage in Seifhennersdorf.
Bürgermeisterin Mandy Gubsch erklärt im SZ-Interview die derzeit angespannte Lage in Seifhennersdorf. © Matthias Weber/photoweber.de

Seit ein paar Wochen beobachten die Seifhennersdorfer mit Spannung, was in ihrem Rathaus passiert. Erst kündigte der zum Jahresbeginn neu eingestellte Kämmerer Antonio Moscato zu Ende Juni, kurz darauf stellte ihn Bürgermeisterin Mandy Gubsch (GfS) mit sofortiger Wirkung von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten frei. Anschließend fiel eine durch die Rathauschefin veranlasste vorzeitige Kündigung im Stadtrat durch. Der Kämmerer wiederum strengte Beschwerden und Untersuchungen bei verschiedenen Behörden an. Wie sie selbst die Situation beurteilt und wie es nun weitergeht, erklärt die Rathauschefin im SZ-Interview.

Nach 100 Tagen im Bürgermeisteramt sagten sie Mitte Januar in einem Gespräch mit der SZ, Sie seien froh, mit Herrn Moscato "einen sehr engagierten Fachmann" gewonnen zu haben. Was ist seitdem passiert?

Wir hatten anfangs viele Ansatzpunkte, bei denen wir auf einer Wellenlänge lagen. Aber dann zeichnete sich ab, dass wir in unserer Vorgehensweise komplett verschieden sind. Inzwischen steht fest: Hier prallen zwei sehr unterschiedliche Führungsstile aufeinander. Herr Moscato versucht, seine Vorstellungen brachial durchzusetzen. Ich möchte Veränderungen dagegen besonnen und sozialverträglich erreichen. Wir haben es in der Stadtverwaltung ja mit Menschen zu tun, die ein bestehendes Arbeitsverhältnis haben. Schnellschüsse sind da einfach fehl am Platz, ich möchte keine weiteren Arbeitsrechtsprozesse riskieren.

Das Zerwürfnis zwischen Ihnen und Herrn Moscato ist inzwischen das meistdiskutierte Thema in der Stadt. Die Menschen schütteln nur mit dem Kopf. Können Sie das nachvollziehen?

Leider ja. Wobei ich es schade finde, dass Seifhennersdorf momentan so negativ in den Schlagzeilen steht. Die Menschen leiden unter diesem Imageverlust. Ich würde mir wünschen, dass wir uns um unsere eigentlichen Probleme kümmern.

Zwei Hauptkritikpunkte des Kämmerers beziehen sich auf den angeblichen Arbeitszeitbetrug von Badmitarbeitern und die halbe Stelle Kommunaler Präventionsrat bei einem schon vollzeitbeschäftigten Ordnungsamtsmitarbeiter. Wie gehen Sie damit um?

Hier muss ich ganz klar sagen: Diese Dinge resultieren aus Entscheidungen der vormaligen Bürgermeisterin, ich habe sie nun auf dem Tisch. Natürlich müssen sie untersucht werden, das bestreitet keiner. Aber die Fragen nach dem Wann und Wie beantworte ich völlig anders als Herr Moscato.

Gab es einen Zeitpunkt, der ausschlaggebend für Ihr Zerwürfnis war?

Ich glaube nicht, dass man das auf einen bestimmten Tag oder ein Ereignis reduzieren kann. Irgendwann war einfach keine Diskussion mehr möglich. Den Tonfall und die Drohkulisse von Herrn Moscato konnte ich nicht mehr akzeptieren. Ich lasse mich von niemandem erpressen. Außerdem gab es eine Vielzahl von Beschwerden aus der Belegschaft. Das konnte ich nicht ignorieren. Klar ist: Er hat keinen einfachen Bereich übernommen, denn die Kämmerei lag vor seinem Einstieg in Seifhennersdorf quasi brach. Aber es gab viele Angebote, sich helfen zu lassen. Die hat er aber alle abgelehnt. Statt auf die Erarbeitung des Haushaltsplanes für 2024 - seine eigentliche Aufgabe - hat sich Herr Moscato mit Vehemenz und Kompromisslosigkeit auf Personalien konzentriert.

Warum aber haben Sie, nachdem der Kämmerer selbst Ende Juni gehen wollte, eine vorzeitige Kündigung angestrengt?

Es ging mir einfach darum, der Stadt Seifhennersdorf einen Kostenblock zu ersparen, der bei einer E12-Eingruppierung für zwei Monate nicht unerheblich ist. Aufgrund seiner Arbeits- und Verhaltensweise hätte ich Herrn Moscato sicherlich auch fristlos kündigen können, aber das wollte ich nicht.

Die UBS-Fraktion hat die Kündigung des Kämmerers abgelehnt und mehrere Gründe genannt, warum sie das getan hat. War diese Abstimmung nicht gut genug vorbereitet?

Ich habe die Situation am Anfang dieser nichtöffentlichen Sitzung eine Dreiviertelstunde lang erklärt und erläutert, warum ich die Kündigung vonseiten der Stadt innerhalb der Probezeit anstrebe. Außerdem waren die Fraktionsvorsitzenden über die aktuelle Lage immer informiert. Um so überraschender kam für mich dann die Ablehnung.

Kommen wir auf das Hauptarbeitsfeld eines Kämmerers, den Haushalt, zurück. Wird Seifhennersdorf für das laufende Jahr noch einen aufstellen können?

Die Rückstände aus den Jahren 2022 und 2023 sind inzwischen mit Unterstützung der früheren Kämmerin und von Amtshilfe anderer Kommunen gebucht. Allmählich gewinnen wir Klarheit, wo wir stehen. Dafür möchte mich mich bei allen Beteiligten bedanken. Das Zahlenwerk liegt in seinen Grundzügen also vor. Und ich hoffe, dass wir mit dem neuen Stadtrat im Sommer oder Frühherbst darüber beraten können, damit die haushaltslose Zeit in Seifhennersdorf endlich aufhört.

Was zeichnet sich ab?

Ich möchte da noch nicht in die Tiefe gehen. Aber es ist klar, dass wir über viele Dinge reden müssen. Und es wird deutlich, für was Seifhennersdorf in den vergangenen Jahren Geld ausgegeben hat. Das waren nicht grundlegende Dinge wie die Infrastruktur. Deshalb sehen Straßen und Brücken eben so aus, wie sie jetzt sind. Vieles ist dagegen in den freiwilligen Bereich geflossen. Das gilt es aufzuarbeiten. Hier müssen wir nach neuen Lösungswegen suchen. Ich hoffe, der neue Stadtrat kann dabei entsprechende Impulse geben.

Das heißt also, Seifhennersdorf wird demnächst die Freizeitangebote der Stadt zusammenstreichen?

Das muss es nicht heißen. Wir müssen darüber diskutieren, wo die Reise hingehen kann. Ich will Lösungen erreichen, keine Schließungen. Ich setze auf Kooperationen und Verbünde mit anderen Kommunen und Einrichtungen. Realität ist doch: Eine Stadt wie Seifhennersdorf muss sich nicht alles selbst leisten können. Sie kann es gar nicht, das sehen wir ja jetzt.

Wie geht es mit Herrn Moscato weiter?

Die Kündigung zum 30. Juni steht. Ob es eine Verkürzung dieser Zeit geben wird, sollte der Stadtrat nochmal überdenken, um das Gehalt des Kämmerers für Juni einzusparen.