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"Wir wollen uns nicht zu einem zweiten Ostritz entwickeln"

Gegen rechte Umtriebe in Oderwitz wehren sich der Oderwitzer Landratskandidat Stephan Meyer und Bürgermeister Cornelius Stempel. Worum es jetzt konkret geht.

Von Anja Beutler
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Dieses Radkreuz steht in Niederoderwitz "Am Steinberg". Hier fand auch in diesem Jahr
eine völkische Sonnenwendfeier statt.
Dieses Radkreuz steht in Niederoderwitz "Am Steinberg". Hier fand auch in diesem Jahr eine völkische Sonnenwendfeier statt. © Foto: privat

Die Sonnenwendfeier, zu der sich rechte und völkische Kreise vor knapp zwei Wochen offenbar in Niederoderwitz getroffen haben, beschäftigt die Oderwitzer noch immer. Nach Berichten in einem Blog von "Recherche Ostsachsen" und der Sächsischen Zeitung ist es jedenfalls nicht mehr möglich, einfach zur Tagesordnung überzugehen.

Er sehe das, was da "Am Steinberg" vor sich gehe "sehr, sehr, sehr kritisch" sagt beispielsweise der Oderwitzer Stephan Meyer. Er wohnt in Sichtweite der Anhöhe, wo völkisch-rechte Kreise ihre Sonnenwendfeier zelebriert hatten. Zwar war der CDU-Mann und Landratskandidat wahlkämpfend gerade an jenem Abend nicht in Oderwitz gewesen. Als er in der Nacht nach Hause gekommen sei, habe er vom Feuer jedenfalls nichts bemerkt. "Ich kenne das Thema aber seit Langem - und auch das Radkreuz", sagt er. Es wird als Symbol gern von rassistischen Bewegungen genutzt und ist vor einigen Jahren dauerhaft auf der Wiesenfläche in Niederoderwitz errichtet worden: "Ich jogge dort manchmal lang", erklärt Meyer.

Welche Kreise und Verbindungen in diese Veranstaltung eingebunden sind, höre er über Berichte Dritter. "Ich kenne niemanden aus dem Ort, der da selbst mit dabei ist", erklärt er. Dennoch beobachtet und weiß der Landtagsabgeordnete auch aus anderen Quellen, "dass im Landkreis die Reichsbürgerszene und die völkischen Strukturen zueinander finden". In dem Jahr bis zur nächsten Sonnenwende müsse man daher alle Fakten ganz objektiv betrachten, die Leute sensibilisieren und mit den Grundstückseigentümern und den Grundstücksnutzern ins Gespräch kommen. "Ich habe keine Lust, dass wir uns hier zu einem zweiten Ostritz entwickeln", meint Meyer und spielt dabei auf die regelmäßigen Rechtsrockkonzerte und Nazi-Wettkämpfe in Ostritz an.

Bürgermeister sucht sich Unterstützer

Ein solches Szenario will auch Bürgermeister Cornelius Stempel definitiv verhindern: Deshalb hat er vor Kurzem erneut Gespräche mit dem Verein "Augen auf" geführt, der sich für Zivilcourage einsetzt und gegebenenfalls Informationsveranstaltungen zur rechten und völkischen Szene anbieten kann. Auch mit der Landtagsabgeordneten Franziska Schubert (Grüne) sei er im Gespräch, erzählt Stempel. Sie wolle im September noch einmal ausführlich mit ihm darüber reden.

Außerdem werden in den kommenden Wochen ganz banale Fragen eine Rolle spielen: Handelt es sich bei dem Event wirklich um eine private Feier - oder eher um eine Veranstaltung für gewisse Kreise? Dem Vernehmen nach seien nämlich Eintrittsgelder genommen und Getränke verkauft worden. "Wenn das so ist, steht die Frage, ob die Veranstaltung dann unter das Versammlungsrecht fällt", erklärt der Bürgermeister. Außerdem will er mit Eigentümern und Pächtern des Grundstücks das Gespräch suchen - und auch mit dem Gemeinderat und das schon am kommenden Montag.

Auch die Frage des Brandschutzes rund um die Anhöhe "Am Steinberg" wird wohl noch einmal diskutiert werden müssen: Bei der Höhe des aufgestapelten Holzes und der daraus resultierenden Höhe des Feuers war dieser Punkt im Ort vor allem mit Blick auf die Trockenheit durchaus kritisch hinterfragt worden. Nicht nur Stephan Meyer fragt sich generell, ob "in der Nähe eines Borkenkäferwaldes ein so großes Feuer" sein müsse.

NPD-Veranstaltung vor 17 Jahren in Oderwitz

Unterstützung für die Auseinandersetzung mit der offenbar völkisch unterwanderten Feier erhofft sich Oderwitz' Bürgermeister aber auch vom Freistaat. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte bereits bestätigt, dass man die Feiern in Oderwitz generell und auch in diesem Jahr im Visier habe: Man prüfe die vorliegenden Erkenntnisse auf rechtsextremistische Bezüge, hieß es vergangene Woche. Einen neuen Stand dazu gebe es derzeit nicht, hieß es beim Landesamt auf erneute Anfrage. Ob man das seit 2015 in Oderwitz stattfindende Treffen auch weiterhin beobachten werde, könne man aktuell nicht sagen.

Während es über die Sonnenwendfeiern noch viele Fragen und reichlich Verwunderung im Ort gibt, schüttelt mancher Oderwitzer verständnislos den Kopf: "Mich erstaunt es nicht, dass es solche Treffen in Oderwitz gibt, solche Tendenzen gab es doch immer wieder", meint ein Mann, der lieber anonym bleiben will. Vieles werde nicht unbedingt öffentlich - manches aber schon, sagt er und erinnert an das rechtsextremistische Konzert der NPD-Jugendorganisation vor knapp 17 Jahren in der damaligen Gaststätte "Stern".