Bergstraßen-"Drama" findet ein Ende

Endlich! Joachim Gerstberger ist erleichtert. Die Sanierung der Bergstraße in Zittau ist abgeschlossen, die Straße im Zittauer Norden soll Ende nächster Woche wieder für den Verkehr freigegeben werden. Mehr als zehn Jahre war die Bergstraße gesperrt, zuerst nur halbseitig, dann lange Zeit komplett.
Für den 82-Jährigen, der auf der Scharnhorststraße oberhalb der Bergstraße wohnt, bedeutete die Sperrung lange Umwege, um beispielsweise zum Bahnhof oder zum nächsten Einkaufsmarkt zu kommen. Statt ein paar Hundert Metern musste Joachim Gerstberger vier bis fünf Kilometer fahren. Das eigene Haus zu erreichen, war zuletzt mehr als schwierig. Zu Beginn der Bauarbeiten war noch die Zufahrt von der Herwigsdorfer Straße möglich. Später rückte die Baustelle weiter und die Einfahrt in die Scharnhorststraße war dicht. Der einzige Weg führte nun durch die Kummersberg-Siedlung, vorbei an den benachbarten Kleingärten.
Hang war abgerutscht
Die Bauarbeiten konnte Joachim Gerstberger täglich mitverfolgen, sein Grundstück grenzt an die gut zehn Meter hohe Bergstraßen-Mauer. Nur ein kleiner Fußweg liegt dazwischen. Den nutzten die Anwohner früher oft. In den vergangenen Jahren war das nicht mehr möglich, weil auf dem Nachbargrundstück ein Hang samt Sträuchern und Bewuchs nach längerem Regen abgerutscht war, erinnert sich der 82-Jährige.
Nun sichert eine Stahlbetonmauer den Hang und damit auch den Zugang von der Bergstraße. Nutzen werden die Anwohner den geschotterten Weg dennoch nicht. Denn der bisher öffentliche Weg soll künftig nur noch als Kontrollweg fungieren. Joachim Gerstberger will sich aber um einen Schlüssel für das eiserne Tor bemühen, um im Notfall einen direkten Zugang zur Bergstraße zu haben.
Seit fast 50 Jahren wohnt er nun schon oberhalb der Bergstraße, 1972 zog seine Familie in die Scharnhorststraße 5. Sein Haus wie auch die Nachbargebäude sind vor etwa 100 Jahren für Familien kriegsgeschädigter Soldaten errichtet worden. Der Zittauer Ökonomierat Karl Friedrich Knebel, der die Fläche dafür zur Verfügung stellte, suchte seinerzeit die Bewohner persönlich aus.
An die damalige Geschichte erinnert ein Gedenkstein, den Karl Friedrich Knebel für seinen im Ersten Weltkrieg gefallenen Bruder Carl Heinrich aufstellen ließ. Der Gedenkstein hat heute auf dem Grundstück von Joachim Gerstberger einen Platz gefunden, ein paar Meter neben seinem ursprünglichen Standort.
Riesengroße Eiche gefällt
Ein paar Meter daneben stand bis vor einigen Jahren eine riesengroße Eiche. Die musste aber gefällt werden, damit das Wurzelwerk die Stützmauer nicht weiter beschädigt. 138 Jahre sei der Baum alt gewesen, hat Joachim Gerstberger anhand der Jahresringe errechnet. Mehrere Fichten mussten ebenfalls weichen.
Die Baumfällungen konnten nicht verhindern, dass sich der Zustand der Bergstraßen-Mauer weiter verschlechterte. Die kritische Situation sei lange bekannt gewesen, sagt der Anwohner. "Das geht schon ewig", berichtet Joachim Gerstberger. Bereits zu DDR-Zeiten gab es laut seiner Aussage Beratungen. Damals fehlte es noch an technischen Lösungen. Später gab es kein Geld, um die Mauer instand zu setzen.
Als 2009 Sandsteinabdeckungen der Mauer abgeplatzt und auf die Straße gefallen waren, musste gehandelt werden. Die Bergstraße wurde zuerst auf einer Länge von etwa 20 Metern halbseitig gesperrt, später wurde die Sperrung ausgedehnt bis auf 200 Meter. Die zweite Spur konnte nur noch stadteinwärts befahren werden. Auch Notreparaturen fanden statt - viel mehr aber auch nicht. Die Komplettsanierung der beeindruckenden Steinmauer wurde von einem Jahr auf das andere verschoben.
Brückenbau sorgte für erneute Verschiebung
2017 waren endlich die Fördermittel bewilligt und die Stadt Zittau hatte die notwendigen Eigenmittel im Haushalt fest eingeplant. Gebaut wurde dennoch nicht, denn nun erneuerte die Deutsche Bahn die Brücke an der Kreuzung Berg-/Eisenbahnstraße. Der Bau der Stützmauer und der Bergstraße verschob sich ein weiteres Mal. 2019 - zehn Jahre nach den ersten Sperrungen - begann schließlich die Sanierung der Mauer, der sich dann der Straßenbau anschloss. Dass die Bauarbeiten länger dauerten als ursprünglich gedacht, störte Joachim Gerstberger nicht mehr. "Als der Bau anfing, wussten wir, das wird was", meint er. "Da war es uns egal, wie lange es dauert."
Manchmal schaute er aber schon etwas skeptisch auf die Baustelle, wenn die Arbeiten nicht so richtig vorangingen. Doch nun ist er sehr zufrieden, dass das Bergstraßen-"Drama" ein Ende gefunden hat.
Eine Kritik will er dennoch loswerden: Die Durchfahrt unter der Brücke ist in seinen Augen zu schmal. Die Stadt Zittau hatte sich für einen engeren Durchlass entschieden, um damit auch zu verhindern, dass Lkw die Bergstraße als schnelle Verbindung missbrauchen.
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