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Autos sollen über beliebten Wanderweg rollen

Um die einzige Straße im oberen Teil von Waltersdorf ausbauen zu können, gibt es jetzt einen ungewöhnlichen Plan: Eine Umleitung durch den Wald. Wie geht das?

Von Jana Ulbrich
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Von der Wendeschleife oberhalb des letzten Parkplatzes wird die Waltersdorfer Hauptstraße in Richtung Lausche jetzt weiter grundhaft ausgebaut.
Von der Wendeschleife oberhalb des letzten Parkplatzes wird die Waltersdorfer Hauptstraße in Richtung Lausche jetzt weiter grundhaft ausgebaut. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Wie baut man eine Straße aus, für die es keine Umleitung gibt? Eine viel befahrene Verkehrsader, die aber nur so schmal wie eine Gasse ist - und die einzige Zufahrtsmöglichkeit zum höchsten Berg im Zittauer Gebirge und zu den Hotels, Gaststätten, Umgebindehäusern und Ferienwohnungen an dessen Fuße?

Lange und kontrovers haben sie in Großschönau und dem Ortsteil Waltersdorf den schwierigen, aber auch dringend notwendigen grundhaften Ausbau der Waltersdorfer Hauptstraße schon diskutiert. Es war auch schon eine - wenn auch unliebsame - Lösung für den jetzt anstehenden kompliziertesten Bauabschnitt gefunden: das 750 Meter lange Teilstück von der Wendeschleife am Touristenparkplatz bis hoch zur Sonnebergbaude.

Für diesen Abschnitt gibt es keine Umleitungsmöglichkeit für die Anlieger der Grundstücke oberhalb der Baustelle. Um trotzdem unter Vollsperrung bauen zu können, war ursprünglich geplant, hinter den linksseitigen Häusern eine zeitweilige Behelfsstraße zu bauen. Aus dieser Idee aber wurde nichts, weil einige Anlieger ihre Zustimmung verweigerten.

Als einzige Alternative galt bisher der Bau unter halbseitiger Sperrung mit Ampelregelung. Das würde vor allem die Anwohner auf der rechten Straßenseite hart treffen. Sie müssten für die Bauzeit ihre Vorgärten opfern, damit genügend Platz und Sicherheitsabstand für die Baustelle und die vorbeiführende Fahrspur geschaffen werden kann. Auch der herrliche Bauerngarten von Familie Hörhold, eines der beliebtesten Fotomotive im Ort, wäre betroffen.

Plötzlich eine ganz neue Variante

In diesem Jahr soll das Vorhaben starten. Anfang April hatte die Gemeinde Großschönau die entsprechenden Bauleistungen im Umfang von knapp 1,4 Millionen Euro ausgeschrieben. Am Mittwochabend sollte der Gemeinderat die Zuschläge erteilen.

Doch im Zuge der Ausschreibung kam an diesem Abend eine neue Variante ins Spiel, die zwar ganz am Anfang schon mal als Idee im Raum stand, dann aber von vornherein wieder verworfen worden war. Die Firma Franke Bau aus Hainewalde hat sie in einem sogenannten "Nebenangebot" zur eigentlichen Ausschreibung wieder ins Spiel gebracht - und damit offenbar auch alle überzeugt:

Es gibt nämlich noch einen Weg, über den die Anwohner und Gäste die Häuser, Hotels und Gaststätten oberhalb der voll gesperrten Baustelle erreichen können: den Hohlsteinweg, einen bekannten und viel genutzten Wanderweg, der von Jonsdorf aus durch den Wald bis ans obere Ende von Waltersdorf führt. Der soll nun zur Umleitungsstrecke werden - ein gewagtes, aber offenbar machbares Vorhaben.

Die Waltersdorfer Hauptstraße, die an der tschechischen Grenze als Sackgasse endet, soll unter Vollsperrung ausgebaut werden. Damit Anwohner und Gäste die Häuser und Hotels oberhalb der Baustelle erreichen können, soll die Anfahrt zu diesem Bereich von Jo
Die Waltersdorfer Hauptstraße, die an der tschechischen Grenze als Sackgasse endet, soll unter Vollsperrung ausgebaut werden. Damit Anwohner und Gäste die Häuser und Hotels oberhalb der Baustelle erreichen können, soll die Anfahrt zu diesem Bereich von Jo © Grafik: SZ

Die Baufirma habe bereits alle notwendigen Genehmigungen eingeholt und vorgelegt, erklärt Großschönaus Bauamtsleiter Markus Hummel vor dem Gemeinderat. Jonsdorfs Bürgermeisterin bestätigt das: "Als Nachbargemeinde wollen wir dem Projekt nicht im Wege stehen", sagt Kati Wenzel (parteilos). "Ich halte es für wichtig, dass sich die Gemeinden im Gebirge gegenseitig unterstützen. Wenn wir auf diese Weise helfen können, tun wir das auch." Auch die Stadt Zittau, durch deren Waldbesitz der Hohlsteinweg führt, hat bereits zugestimmt.

Wanderweg wird für die Autos extra ausgebaut

Für die auf zwei Jahre ausgelegte Bauzeit sollen die Autos der Anlieger nun mitten durch den Wald rollen. Der Wanderweg soll dafür auf eine Breite von drei Metern ausgebaut, mit zahlreichen Ausweichstellen und an einer Engstelle sogar mit einer Ampelanlage versehen werden. Nur in der Zeit der Winterpause auf der Baustelle bleibt diese Strecke gesperrt und die Fahrzeuge können durch die Baustelle fahren.

Der Straßenbau kann damit unter Vollsperrung laufen. Das spart Bauzeit und Kosten, erklärt Markus Hummel, und es entlastet die Anwohner. Auch die schönen Gärten können weiter blühen. Für Rettungsfahrzeuge soll die Zufahrt zu den Grundstücken im Baustellenbereich jederzeit gewährleistet werden. Das hatte sich bereits bei den ersten beiden Bauabschnitten durch die Ortslage bewährt.

Offenbar sind mit dieser Variante in Waltersdorf alle zufrieden. Weder die Gemeinderäte noch die zahlreich zur Ratssitzung erschienenen Einwohner haben an diesem Abend Einwände. Der Beschluss, der Firma Franke Bau den Zuschlag für diese von ihr selbst ins Spiel gebrachte Variante zu erteilen, fällt einstimmig - allerdings unter dem Vorbehalt eines Nachprüfungsverfahrens, dass diese ungewöhnliche Ausschreibung erwarten lässt. Auch könnten andere Bieter noch Widerspruch anmelden.

So richtig glücklich scheint Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker (parteilos) nach der Abstimmung allerdings nicht. Und er macht aus seinen Bedenken auch keinen Hehl. Persönlich wäre ihm die Variante unter halbseitiger Sperrung lieber gewesen. "Eine Umleitung durch den Wald wird nicht jedem gefallen", befürchtet er und ahnt, dass es zu großen Diskussionen kommen könnte, wenn es denn erst einmal losgegangen ist. "Dann müssen wir aber auch alle zu dem Projekt stehen", sagt er.

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