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Wie eine Zittauerin in Irland das Glück findet

Etliche Oberlausitzer hat es ins Ausland gezogen. Die SZ hat einige von ihnen aufgespürt. Skadi Benedict aus Wittgendorf lebt seit 23 Jahren in Irland.

Von Jana Ulbrich
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Skadi Benedict aus Wittgendorf - hier mit ihren Kindern Finn und Klara an ihrem Hausstrand Lahinch - lebt seit 23 Jahren in Irland.
Skadi Benedict aus Wittgendorf - hier mit ihren Kindern Finn und Klara an ihrem Hausstrand Lahinch - lebt seit 23 Jahren in Irland. © privat

Am Sonntag wird das irische Kleinstädtchen Sixmilebridge wieder total aus dem Häuschen sein. Auf der grünen Insel ist St. Patrick's Day, der Nationalfeiertag. An diesem Tag feiern auch in Sixmilebridge alle Einwohner auf der Straße. Skadi Benedict wird mittendrin sein - hier in ihrem Wohnort an Irlands Westküste, 2.000 Kilometer weit weg von Wittgendorf, ihrem Heimatort in der Oberlausitz.

Der Wetterbericht rechnet mit einer Regenwahrscheinlichkeit von 60 Prozent. "Kein Problem", lacht Skadi Benedict, "hier bei uns regnet es gefühlt ja fast immer." Es ist auch ziemlich oft ziemlich grau, erzählt sie, die Temperaturen fallen selten unter null und steigen selten über 20 Grad. Und trotzdem findet die 40-Jährige es großartig auf der grünen Insel. Hier hat sich die junge Studentin aus Wittgendorf einst verliebt. Hier hat sie ihr Glück gefunden.

An diesem Vormittag sitzt Skadi Benedict in einer Videoschalte im Homeoffice. Sie arbeitet bei einem großen internationalen Medizintechnik-Unternehmen, das Geräte und Zubehör für gastroskopische Untersuchungen herstellt. Sie ist zuständig für den Vertrieb in Deutschland, Österreich und der Schweiz - ideal für eine Irin mit der Muttersprache Deutsch.

Als Irin geht Skadi Benedict lässig durch mit ihren rotblonden Haaren und der Sommersprossenhaut. Und inzwischen fühlt sie sich auch so, sagt sie. Sie lebt ja nun schon seit 23 Jahren auf der Insel, hat einen waschechten Iren geheiratet, hat zwei Kinder, die Englisch sprechen, ist voll integriert in das Kleinstadt-Leben. An eine Rückkehr nach Deutschland denkt sie nicht. "Mein Lebensmittelpunkt ist hier", sagt sie.

Skadi Benedict mit ihrem Mann Trevor und den Kindern Finn und Klara im Urlaub auf der Halbinsel Kerry im Südwesten Irlands.
Skadi Benedict mit ihrem Mann Trevor und den Kindern Finn und Klara im Urlaub auf der Halbinsel Kerry im Südwesten Irlands. © privat
Sixmilebridge heißt der Ort in der Nähe von Limerick, in dem Skadi Benedict heute lebt. Zur Familie gehört auch die kleine Cavachon-Hündin Lexi.
Sixmilebridge heißt der Ort in der Nähe von Limerick, in dem Skadi Benedict heute lebt. Zur Familie gehört auch die kleine Cavachon-Hündin Lexi. © privat
Skadis Sohn Finn spielt Hurling, eine traditionelle irische Mannschaftssportart.
Skadis Sohn Finn spielt Hurling, eine traditionelle irische Mannschaftssportart. © privat

Geplant ist das nicht, als sie 2001, nach dem Abi in Zittau, für ein Jahr als Au-Pair nach Irland geht. "Da war ich gerade erst 18", erzählt sie. "Aber es hat mir vom ersten Tag an super gefallen in diesem Land. Das Leben hier war für mich so ganz anders als zu Hause in Wittgendorf." Sie lernt ihre bis heute beste Freundin Vicky kennen, die auch als Au-Pair aus Deutschland kommt. "Wir hatten so eine tolle Zeit", schwärmt Skadi Benedict noch heute.

Die Freundinnen beschließen, noch ein paar Jahre zu bleiben und sich für ein Studium in Irland zu bewerben. Es klappt bei beiden. Skadi bekommt eine Zusage aus Limerick. Sie studiert Medienkommunikation und Französisch. Denn eigentlich will sie schon seit ihrer Schulzeit Journalistin werden. Aber sie merkt, dass es schwierig ist in der Medienwelt, weil sie keine englische Muttersprachlerin ist. Sie hängt stattdessen noch ein Masterstudium im Fach Internationaler Tourismus dran.

Da weiß sie schon, dass sie in Irland bleiben wird. Denn geich im ersten Studienjahr trifft die junge Deutsche einen jungen Iren aus Shannon, einem kleinen Orte in der Nähe von Limerick. Trevor ist heute ihr Ehemann. Ihre Kinder Finn und Klara sind neun und sieben Jahre alt. "Die Familie ist mein größtes Glück", sagt die 40-Jährige.

In Sixmilebridge ist sie längst integriert. "Ich habe mich hier nie als Fremde gefühlt", sagt sie. Ganz im Gegenteil. "Die Menschen hier sind offen und freundlich. Und jeder hilft jedem." Wenn sie und ihr Mann zum Beispiel länger arbeiten oder sie auf Dienstreise ist, sind die Kinder ganz selbstverständlich bei Klassenkameraden.

Finn, der Neunjährige, spielt Fußball und Hurling, in Irland ein Nationalsport. "In Finns Gruppe sind 60 Kinder und 15 Trainer, die sich alle ehrenamtlich engagieren", erzählt Skadi Benedict. "Es gibt hier ganz viel Sportbegeisterung", sagt sie und schwärmt vom Zusammenhalt und dem Engagement der Menschen in der Region.

Das kleine Städtchen Sixmilebridge hat zwei kleine Läden, eine große Grundschule, eine große Hurling-Halle und zwei Hurling-Felder. Der herrliche Sandstrand am Atlantik ist nur eine Dreiviertelstunde entfernt. "Es ist ein wunderbarer Ort zum Leben hier - auch bei Regen", schwärmt Skadi.

Ganz vergessen ist ihre Oberlausitzer Heimat trotzdem nicht. "Wir versuchen, wenigstens ein- oder zweimal im Jahr nach Wittgendorf zu fahren", sagt Skadi. Und stolz erzählt sie, wie sehr die Kinder ihre Großeltern im fernen Deutschland lieben. Und dass ihr Vater, der jetzt 71 ist, extra ein paar Jahre lang an der Volkshochschule Englischkurse belegt hat, damit er sich besser mit Trevor und den Enkeln unterhalten kann.

Erst in den Winterferien waren sie alle da. "Ich hatte mir gewünscht, dass die Kinder endlich mal erleben, wie es ist, wenn es schneit. Aber leider gab es im Februar auch im Zittauer Gebirge keinen Schnee. Da müssen wir es nächstes Jahr eben wieder versuchen", schmunzelt Skadi.

Aber jetzt muss sie die Videoschalte beenden und die Kinder aus der Schule abholen. Sie wollen die Kostüme probieren, die sie zum St. Patrick's Day am Sonntag im großen Festumzug tragen werden. "Alles in Grün, so ist das Tradition in Irland", erzählt Skadi. Sie werden sich auch alle grüne Kleeblätter auf die Wangen malen. Und Skadi Benedict und ihr Mann werden mitten im Trubel der großen Menschenmenge sein und ihren Kindern im Festumzug zuwinken.

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