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Leipziger Studie: Ostdeutsche sehen sich nicht als Gewinner der Einheit

Rund ein Drittel der Ostdeutschen fühlt sich gelegentlich als Mensch zweiter Klasse. Zudem gibt es unter den Befragten Sehnsucht nach einer starken Partei.

Von Thilo Alexe
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Die Kuppel des Reichstagsgebäude in Berlin zeichnet sich als dunkle Silhouette vor strahlend blauem Himmel ab: Viele  Ostdeutsche sehen Mängel in der Demokratie.
Die Kuppel des Reichstagsgebäude in Berlin zeichnet sich als dunkle Silhouette vor strahlend blauem Himmel ab: Viele Ostdeutsche sehen Mängel in der Demokratie. © Archivbild: dpa

Diese Studie lässt aufhorchen. Ostdeutsche sehen Mängel in der Demokratie. Zwar verbucht die „Demokratie als Idee“ in einer aktuellen Erhebung aus Leipzig den hohen Zustimmungswert von mehr als 90 Prozent. Die Zustimmung zur „Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert“, fällt mit rund 42 Prozent allerdings geringer aus.

Anders formuliert: Im Osten ist mehr als die Hälfte unzufrieden mit der Demokratie. Doch auch im Westen ist dieser Wert nicht übermäßig ausgeprägt. Dort liegt die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie jedoch bei 59 Prozent.

Die Forscherinnen und Forscher des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts an der Universität Leipzig stellten den mehr als 3.500 Teilnehmenden auch Fragen zur Identität. Demnach empfindet sich fast ein Viertel der im Osten repräsentativ Befragten als Verlierer der deutschen Einheit. Weniger als die Hälfte (45,6 Prozent) sehen sich als Einheitsgewinner. Deutlich mehr als die Hälfte empfinden sich „als Bürger der ehemaligen DDR“, knapp 80 Prozent als Bürger der Bundesrepublik. Mehrfachnennungen waren dabei möglich.

Erhoben wurden zudem Daten zur wirtschaftlichen Lage. Mehr als 60 Prozent der in den fünft ostdeutschen Bundesländern sowie Ost-Berlin Befragten geben an, weniger als 2.000 Euro im Monat zur Verfügung zu haben. Zwölf Prozent müssen demnach mit weniger als 1.000 Euro im Monat auskommen. Die Befragten liegen demnach häufiger unter dem bundesweiten Schnitt von 1.960 Euro als Westdeutsche.

Gefragt wurde auch zu dem Themenfeld der Anerkennung als Bürger. Mehr als ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geben an, sich im Umgang mit Behörden oft ausgeliefert zu fühlen. Ähnlich viele fühlen sich gelegentlich „als Mensch zweiter Klasse“ beziehungsweise haben den Eindruck, ihre Rechte bestehen nur auf dem Papier.

Die Forscher bringen enttäuschte Hoffnungen als Grund für die Einstellungen ins Spiel. „Möglicherweise macht weniger die Erfahrung in der DDR, sondern ein erlebter Kontrast zu den erhofften Freiheitsversprechen die Gruppenidentifikation als Ostdeutsche aus“, schreiben die Autoren Oliver Decker, Elmar Brähler und Johannes Kiess.

Die Erhebung widmet sich auch der Frage der Verbreitung rechtsextremer Haltung. Ein „geschlossen rechtsextremes Weltbild“ haben im Osten rund 7, in Sachsen 5,9 Prozent. Allerdings sind Einzelaspekte davon wie Ausländerfeindlichkeit deutlich höher ausgeprägt. Mehr als 50 Prozent stimmen ganz oder teils der Aussage zu, Deutschland brauche eine „starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“.