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300 Menschen demonstrieren in Bautzen für ein tolerantes Miteinander

Selbstverfasste Gedichte, Tanz und Reden - so verlief die dritte Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Kornmarkt in Bautzen.

Von Johannes Frese
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300 Menschen demonstrierten am Sonntag auf dem Kornmarkt für ein tolerantes Miteinander in Bautzen.
300 Menschen demonstrierten am Sonntag auf dem Kornmarkt für ein tolerantes Miteinander in Bautzen. © Steffen Unger

Bautzen. Am Sonntag, den 24. März 2024, haben sich unter dem Motto „Poesie für Demokratie“ auf dem Kornmarkt zahlreiche Menschen zu einer weiteren Demonstration gegen Rechtsextremismus versammelt. Nach Schätzungen der Veranstalter kamen trotz regnerischen Wetters ungefähr 300 Menschen auf den Platz.

Organisator war erneut das Netzwerk "tvbunt", ein Bündnis aus Bautzener Initiativen, Gewerkschaften und Vereinen. Die Veranstaltung bildete den Auftakt zu einer neuen Reihe mit dem Titel „Happy Monday - Wjesoła póndźela“. Ab dem 8. April werden auf wechselnden Bautzener Plätzen Kultur- und Kunstaktionen stattfinden.

Als erster Redner des Programms trat Poetry Slammer und Comedian Yannik Sellmann auf die zur Bühne umgebaute Lkw-Ladefläche. In seinem Beitrag dachte er die unter anderem von den Montagsdemonstranten geäußerten Forderungen mit bissiger Ironie zu Ende.

Wenn die Demokratie einmal abgeschafft und alle Bürger ausländischer Herkunft abgeschoben seien, so Sellmann, solle sich in zehn Jahren niemand beschweren über fehlendes Pflegepersonal und darüber, dass die Polizei Demonstrationen nicht mehr schütze, sondern niederknüppele.

Menschen aus allen Generationen bei der Demo

Theresa Sperling, deutschsprachige Meisterin im Poetry Slam, trug ein selbstverfasstes Gedicht vor, in dem sie vor der Gefahr rechtsextremistischer Strömungen warnte. Weitere Redner waren Alexander Jakschik, Vorsitzender des Verbandes der Maschinen- und Anlagenbauer in Ostdeutschland und Vera Buranits von der Jugend europäischer Volksgruppen.

An der Demonstration auf dem Kornmarkt waren wieder alle Generationen vertreten.
An der Demonstration auf dem Kornmarkt waren wieder alle Generationen vertreten. © Steffen Unger

Zwischen den Redebeiträgen sorgte das Zentrum für Tanz, Bewegung und Kunst für Unterhaltung. Musiker Fabian Kaulfürst spielt sorbische Lieder auf dem Akkordeon, die Menge sang den Refrain. Manche Teilnehmer saßen auf mitgebrachten Campingstühlen oder Bautzener Senfeimern, erneut wurden Regenbogenfahnen geschwenkt.

Während einiger kurzer Schauer spannte sich ein buntes Meer von Regenschirmen vor der Bühne. Wie schon bei den Demonstrationen im Januar und Februar nahmen Menschen jeglichen Alters an der Demonstration teil.

"Es kann nicht sein, dass wir Angst haben, unsere Meinung zu äußern"

Thomas Tröltsch war bereits als einer der ersten auf dem Kornmarkt. Er sei hier, um sich gegen Hetze und für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen, sagte er. Viele Menschen trauten sich nicht, etwas zu sagen, daher sei es umso wichtiger, ein Zeichen zu setzen.

Mut zu haben, sich zu äußern – zu diesem Zweck nahm auch Bettina Palme, die eine Einhorn-Flagge trug, an der Demo teil. Sie war mit einer Gruppe von Nachbarn, Kollegen und Freunden aus verschiedenen Orten im Landkreis zur Demo angereist. Auf der letzten Demo hätten sie durchaus ein mulmiges Gefühl gehabt. „Wir haben uns aber gesagt, dass es nicht sein kann, dass wir Angst haben, unsere Meinung zu äußern."

Manche Teilnehmer saßen auf mitgebrachten Stühlen - oder auf Bautzner Senfeimern.
Manche Teilnehmer saßen auf mitgebrachten Stühlen - oder auf Bautzner Senfeimern. © Steffen Unger

Zwei Züge der Bereitschaftspolizei sicherten die Demonstration. Es kam nicht zu Störungen durch die am Rande des Kornmarkts anwesenden, vermummten Jugendlichen.

Schülerin: Jeder könne zu friedlichem Miteinander beitragen

Salomé, eine 17-jährige Schülerin aus Bautzen, berichtete von verbalen Anfeindungen auf offener Straße und körperlichen Übergriffen gegen Menschen mit offenem Weltbild. „Es kann nicht sein, dass Menschen das Gefühl haben, sich in ihrer Freiheit einschränken müssen.“ Sie plädierte dafür, Werte wie Toleranz und Menschenfreundlichkeit in den Alltag zu integrieren. Jeder könne zu einem friedlichen Miteinander in Bautzen beitragen.

Anschließend verlas sie den Brief eines Geflüchteten, der anonym bleiben wollte. Der Verfasser berichtete von der schwierigen Flucht aus Afghanistan, den Hürden der deutschen Bürokratie und davon, wie es am Ende mit Ausbildung und Aufenthaltsgenehmigung klappte.

Zum Abschluss trugen Katja Reimann und Marian Bulang vom Deutsch-Sorbischen Volkstheater einen Dialog aus dem Stück "Die Fremden" von Karl Valentin vor, der von der Universalität des Fremdseins handelt.