Oberlausitzer Bäckermeister ist jetzt Brot-Sommelier
Kubschütz. „Das ist ein handwerklich hergestelltes Weizenmischbrot, nur mit Sauerteig gelockert. Es ist kräftig ausgebacken, von kastanienbrauner Farbe mit Akzenten von Mehl auf der Kruste und hat die Form eines Zwirbelbrotes.“ Solch ausführliche Erklärungen kann, wer es möchte, bald in der Kubschützer Bäckerei Richter bekommen.
Bäckermeister Stefan Richter darf sich nämlich seit einigen Tagen als Brot-Sommelier bezeichnen. „Und die ausführliche Beschreibung einzelner Brotsorten bildet einen wichtigen Bestandteil dieser Tätigkeit“, erklärt er. Doch bei Weitem nicht den einzigen: „Ein Brot-Sommelier“, so teilt das Deutsche Brotinstitut mit Sitz in Weinheim (Baden-Württemberg) mit, „ist ein Botschafter der zum Weltkulturerbe zählenden Deutschen Brotkultur. Das Thema Brot gewinnt sowohl bei den Verbrauchern als auch in den Medien an Bedeutung. Hierzu braucht es Brotexperten, die bestens in der Lage sind, ihr umfangreiches Wissen darzustellen.“
Deutschlandweit gibt es etwa 300 Brot-Sommeliers
Bedingung dafür seien umfassende sensorische Fertigkeiten, ebenso wie tiefe Kenntnisse über die nationale wie internationale Brotkultur sowie die verschiedensten Brotspezialitäten und ihre Verwendung. „Einen wichtigen Aspekt dabei bildet das 'Brot-Pairing'“, sagt Stefan Richter. „Dabei geht es um die Frage: Welches Brot passt am besten zu welcher Speise, zu welchem Wein?“ Die Antwort darauf gibt nicht nur die Zunge, auch Augen, Nase und Hände spielen eine wichtige Rolle: Genießen mit allen Sinnen, so lautet die Devise.
Als „Geprüfter Brot-Sommelier“ darf sich bezeichnen, wer die entsprechende Weiterbildung an der ebenfalls in Weinheim ansässigen Bundesakademie des Bäckerhandwerks absolviert hat. Stefan Richter hat dies jetzt getan; deutschlandweit gibt es etwa 300 Brot-Sommeliers. Zugelassen werden nur Bäckermeister oder Bewerber mit einem vergleichbaren Abschluss.
Stefan Richter bäckt Brot aus alten Getreidesorten
Die abschließende Prüfung hat es in sich: Sie besteht aus acht Modulen, deren Höhepunkt eine Projektarbeit bildet, die „neues Wissen schafft“, wie es der Kubschützer Bäckermeister formuliert. Stefan Richter beschäftigte sich mit der „Sensorischen Wahrnehmung von Regionalität“ - und befand sich damit voll in seinem Element. „Schließlich bin ich schon lange in Sachen alte und regionale Brotsorten unterwegs und kann durch die Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsbetrieb Löhnert auch auf die entsprechenden Getreidesorten zugreifen.“ Gleich drei handwerklich produzierende Mühlen gebe es in der näheren Umgebung, was der Beschäftigung mit dieser Thematik ebenfalls zugute komme.
Doch Stefan Richter blickte auch über den Tellerrand, beschäftigte sich mit Spezialitäten anderer Regionen und kam zu dem Ergebnis: „Auch bei identischen Zutaten kann man die Regionalität schmecken. Das 'Terroir', also der Gesamtcharakter, entsteht in der Backstube.“
Richter engagiert sich auch für den Berufsnachwuchs
Nun könnte man provokatorisch die Frage stellen: Warum nimmt Stefan Richter als gestandener Handwerksmeister noch eine solch aufwändige Fortbildung auf sich? Hat er in seiner Backstube nicht genug zu tun? Doch wer den Kubschützer Bäckermeister kennt, weiß, dass eine solche Frage schon im Ansatz falsch gestellt ist. „Schon als ich die Backstube von meinem Vater übernahm, wusste ich, dass ich einiges verändern muss, um weiter als Dorfbäcker überleben zu können“, bekennt er. Und so baute Stefan Richter eine starke Präsenz in den Medien auf, engagiert sich weit über den eigenen Betrieb hinaus in der Ausbildung des Berufsnachwuchses und betätigt sich auf vielfältige Weise und mit zahlreichen Partnern als Botschafter des guten und regionalen Geschmacks – eigentlich genau das, was auch einen Brot-Sommelier auszeichnet.
„Vieles von dem, was die Ausbildung beinhaltete, mache ich schon seit Langem“, erklärt Stefan Richter. Doch den vollständigen theoretischen Unterbau – so schätzt es der Praktiker selbst ein – vermittelte ihm erst der Lehrgang. Und so können sich die Kunden schon bald auf Ansprachen freuen wie: „Das ist ein handwerklich hergestelltes Weizenmischbrot, nur mit Sauerteig gelockert...“