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Start gelungen, Start verpatzt? Zwei Sichten auf Bautzens Landrat

Bürgergespräche, Körse-Therme, AfD-Zustimmung: Udo Witschas ist seit September 2022 Landrat im Kreis Bautzen. Eine Zwischenbilanz.

Von David Berndt
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Seit fast acht Monaten ist Udo Witschas (CDU), hier beim ersten Termin seiner Gesprächsreihe "Auf ein Wort" in Wilthen, Landrat des Landkreises Bautzen.
Seit fast acht Monaten ist Udo Witschas (CDU), hier beim ersten Termin seiner Gesprächsreihe "Auf ein Wort" in Wilthen, Landrat des Landkreises Bautzen. © Archivfoto: Steffen Unger

Bautzen. „Ein Mann. Ein Wort.“ So lautete Udo Witschas‘ (CDU) Leitmotiv während des Wahlkampfs zur Landratswahl im Kreis Bautzen, die er am 3. Juli 2022 im zweiten Wahlgang gewonnen hat. Sein Vorgänger, Michael Harig (CDU), ist 2022 in den Ruhestand gegangen. Seit dem 1. September 2022 ist Witschas als neuer Landrat im Amt. Sächsische.de beleuchtet, was er bislang erreicht hat, wofür er kritisiert wird und wie andere seine Arbeit einschätzen.

Das hat Bautzens Landrat bislang geschafft

Der Kreistag hat in seiner jüngsten Sitzung im März beschlossen, dass der Landkreis Bautzen dem Zweckverband Körse-Therme Kirschau beitritt. Das ist ein wichtiger Schritt, damit das derzeit geschlossene Bad wieder öffnen kann.

Ebenfalls im März stimmten die Kreisräte der Erweiterung der Lautech GmbH zu. Das Unternehmen kann dadurch seine Pläne für ein „Zentrum für Bauen und Wohnen“ in Hoyerswerda weiter vorantreiben.

Nachdem es zuletzt unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Landkreis und der Stadt Bautzen zur Finanzierung des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters gegeben hatte, haben beide Seiten ihre Zuweisungen für 2023 und 2024 erhöht. Ohne diese Einigung hätte dem Theater der komplette Zuschuss des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien von mehr als 2,5 Millionen Euro gefehlt.

Das sagt Witschas selbst zur Umsetzung seiner Wahlziele

Mit seiner Gesprächsreihe „Auf ein Wort“ will Udo Witschas mit Einwohnern vor Ort ins Gespräch kommen. Bisher war er dazu in Wilthen sowie in Kamenz, Hoyerswerda und Bautzen. Am 27. April 2023 findet das nächste Bürgergespräch in Radeberg statt. Dann folgt noch Bischofswerda. Für die bürgernahe Verwaltung prüfe das Landratsamt derzeit dezentrale Angebote mit Videokommunikation, wie es sie in ähnlicher Form bei der Kreissparkasse Bautzen bereits gibt. Für digitale Leistungen sei ein neues Sachgebiet eingerichtet worden.

Bei den Bürgergesprächen sind neben Landrat Udo Witschas seine Beigeordneten Dr. Romy Reinisch und Jörg Szewczyk dabei wie etwa im November 2022 in Wilthen.
Bei den Bürgergesprächen sind neben Landrat Udo Witschas seine Beigeordneten Dr. Romy Reinisch und Jörg Szewczyk dabei wie etwa im November 2022 in Wilthen. © Archivfoto: Steffen Unger

Die Umsetzung weiterer Ziele sei in Arbeit. „Die Einrichtung von Kinder-Senioren-Tagesstätten ist eine Idee, zu der es Gespräche mit Trägern für ein Pilotprojekt im Landkreis gibt“, sagt Udo Witschas. Um Fachkräfte zu bekommen, arbeite er eng mit der Agentur für Arbeit zusammen. „Eine Erweiterung des Fachinformationszentrums Zuwanderung (FiZZ) im Ausländeramt ist in Vorbereitung“, so der Landrat. Außerdem schreite der Breitbandausbau im Landkreis Bautzen weiter voran.

So schätzt die CDU die Arbeit von Bautzens Landrat ein

Beim Thema Schulen stehe der Landkreis ebenfalls sehr gut da. Grahl verweist auf die Erweiterung des Humboldt-Gymnasiums in Radeberg und den Neubau der Oberschule Arnsdorf.

Positiv sei zudem, dass Udo Witschas die Probleme bei den Energiekosten, beim Thema Asyl oder dem A4-Ausbau und der Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Görlitz in Richtung Bund und Freistaat kommuniziere.

Das sagen die Freien Wähler zur Arbeit von Witschas

Roland Dantz, Vorsitzender der Kreistagsfraktion der Freien Wähler, erklärt, dass sich Landrat Udo Witschas „redlich bemüht und anstrengt“. Mit der Besetzung von Jörg Szewczyk als neuen ersten Beigeordneten habe er einen „wirklichen Profi“ und „ausgesprochen kompetenten und strategisch denkenden Menschen“ für die Führung der Verwaltung gewonnen. Dieser habe etwa in einem ersten großen Treffen den Austausch mit den Flüchtlingsinitiativen gesucht. Das zeige, „dass sowohl der Landrat als auch der erste Beigeordnete den Dialog wollen“. Beim Strukturwandel kritisiert Roland Dantz, dass es dafür kein Entwicklungskonzept gebe.

So bewertet die Linke Witschas' Arbeit als Landrat

Die Kreistagsfraktion der Partei Die Linke findet, dass Landrat Udo Witschas bislang „in der Öffentlichkeit vor allem mit Negativ-Schlagzeilen aufgefallen“ ist. Das betreffe etwa die Zustimmung zu einem Antrag der AfD-Fraktion, laut dem ausreisepflichtigen Flüchtlingen im Landkreis Bautzen unter bestimmten Voraussetzungen Integrationsleistungen gestrichen werden sollen.

Witschas' Video-Botschaft kurz vor Weihnachten 2022 zur dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern in Hoyerswerda sei ein weiteres Beispiel ebenso wie seine Geburtstagsgrüße via Facebook an einen Bautzener Neonazi. Generell erscheine sein Auftreten in den sozialen Medien als „zuweilen wenig durchdacht und wenig vorbereitet“, erklärt die Kreistagsfraktion der Linken.

Zuspruch gibt es von Linken für den Austausch mit den Flüchtlingsinitiativen, wenngleich sie weiterhin mehr dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern fordern. Bei der komplizierten Haushaltslage habe die Kreisverwaltung mit ihrem Entwurf die Mindestanforderungen erfüllt.

Das sagt die SPD zur Arbeit des Landrates

Die SPD-Fraktion sieht in der „unterdurchschnittlichen bis fahrlässigen Ausländerpolitik“ die Gefahr, dass ausländische Fachkräfte „einen großen Bogen um den Landkreis“ machen. Bei der Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge habe der Landkreis Großartiges geleistet - im Gegensatz zu Flüchtlingen aus anderen Ländern. Das Treffen des ersten Beigeordneten mit den Flüchtlingsinitiativen sei aber sehr zu begrüßen.

Wichtig seien aus SPD-Sicht die bisherigen Bürgergespräche des Landrates, „zumal die Beigeordneten, die Amtsleiter und die regionalen Bürgermeister immer mit vor Ort waren. Der Dialog war sehr direkt und auch von Inhalten geprägt.“

Grüne und AfD geben keine Einschätzung ab

Es sei zu früh, um die bisherige Amtszeit von Udo Witschas zu bewerten, teilt die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit, „da in der bisherigen Amtszeit nur wenige Kreistage und anderweitige Sitzungen stattfanden und kaum größere Entscheidungen getroffen wurden, die nicht noch in die Amtszeit Michael Harigs zurückreichen".

Die AfD-Fraktion antwortete nicht auf die Anfrage von Sächsische.de.

Das sind die nächsten Herausforderungen

Ein großes Thema bleibt die Unterbringung von Asylbewerbern. Im März hatte der Kreistag zugestimmt, das Asylheim in Wehrsdorf weiter zu nutzen. Im Auftrag des Landrates werde derzeit ein Konzept zur Unterbringung erarbeitet, die stärker als bisher dezentrale Formen beinhalten soll, heißt es vom Landratsamt.

Beim Strukturwandel werden laut Witschas „mit der jetzt gestarteten Erweiterung des Lausitzbades Hoyerswerda und dem absehbaren Beginn des Umbaus der Kreismusikschule am neuen Standort erste Erfolge sichtbar“. Ihm sei wichtig, dass es ein gemeinsames und gut abgestimmtes Vorgehen mit den Städten und Gemeinden sowie dem Landkreis Görlitz gebe. Inhaltlich soll sich weiter Dr. Romy Reinisch als Beigeordnete und Verantwortliche für das Kreisentwicklungsamt um den Strukturwandel kümmern.

In der Kreistagssitzung im Juni 2023 wird es den Beschluss zum Doppelhaushalt 2023/24 geben. Der jüngste Entwurf zeigte bereits, dass das Defizit weiter wächst und etwa die Städte und Gemeinden mit einer höheren Kreisumlage belastet werden.

Der Text ist am 27. April 2023, um 12.35 Uhr geändert worden. In der ursprünglichen Version hieß es, dass die FDP nicht geantwortet habe. Die FDP-Fraktion wurde versehentlich nicht befragt.