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Orgel in Hochkirch klingt jetzt wieder wie vor 130 Jahren

Eineinhalb Jahre lang wurde das Instrument aus dem späten 19. Jahrhundert saniert. Dabei galt es, eine besondere Anforderung zu erfüllen.

Von Uwe Menschner
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Pfarrer Thomas Haenchen freut sich, dass die Orgel in der Hochkircher Kirche jetzt wieder so klingt, wie von den Erbauern vorgesehen.
Pfarrer Thomas Haenchen freut sich, dass die Orgel in der Hochkircher Kirche jetzt wieder so klingt, wie von den Erbauern vorgesehen. © Uwe Menschner

Hochkirch. Majestätisch thront die Orgel über dem Chorraum der Hochkircher Kirche. Von den insgesamt fast 2.000 Pfeifen sind nur 27 für die Besucher sichtbar. Doch jede Einzelne wird benötigt, um den für jede Orgel typischen und einzigartigen Klang zu erzeugen. Dieser ist ebenso eindrucksvoll wie das Erscheinungsbild des Instruments.

Doch das war nicht immer so: „Die Organisten beklagten sich wiederholt darüber, dass sich unsere Orgel immer schlechter spielen ließ“, erklärt der Hochkircher Pfarrer Thomas Haenchen. Die freiberufliche Kantorin der Hochkircher Kirchgemeinde kannte schon viele Instrumente und konnte so einen fundierten Vergleich ziehen.

Was zunächst nur den Fachleuten auffiel, machte sich mehr und mehr auch für die Laien bemerkbar: „Immer mehr Register und Töne konnten nicht mehr gespielt werden. Das schränkte einerseits das Repertoire ein, andererseits hörte man es auch immer deutlicher im Zuschauerraum.“

180.000 Euro Spenden für Orgelsanierung gesammelt

Zunächst ging man davon aus, dass eine einfache Überholung und Reinigung, wie sie regelmäßig vorgenommen wird, ausreichen würde. „Schon das kostet einen niedrigen fünfstelligen Betrag“, stellt Pfarrer Thomas Haenchen klar. „Unsere Kantorin sagte jedoch, hier müsse mehr gemacht werden.“ Die Kirchgemeinde begann also, Spenden für die Sanierung der Orgel zu sammeln. Und das durchaus erfolgreich: 180.000 Euro kamen auf diese Weise im Laufe von fünf, sechs Jahren zusammen. Eine ansehnliche Summe, aber nicht genug, um eine den Ansprüchen genügende Sanierung durchzuführen.

Das Landeskirchenamt wurde auf die Bemühungen der Hochkircher aufmerksam und schlug deren Projekt im für 2021 ausgerufenen „Jahr der Orgel“ für eine Bundesförderung vor. „Wir bewarben uns dort, wurden aber nicht berücksichtigt“, erklärt Thomas Haenchen. So besprach man sich mit Orgelbaumeister Ekkehard Groß aus dem nahe gelegenen Waditz, wie mit vertretbarem Aufwand ein Ergebnis erzielt werden kann, das den Erwartungen zumindest nahe kommt: „Wir einigten uns auf eine Sanierung und 'Teilrückführung'“, so der Hochkircher Pfarrer.

Orgel hat jetzt wieder kräftigen wendischen Klang

„Rückführung“ deshalb, weil eines der Ziele darin bestand, den ursprünglichen spätromantischen Klang, wie ihn die Bautzener Orgelbaufirma Eule 1890 intonierte, wieder erlebbar zu machen. „Im Zuge einer Restaurierung in den 70er-Jahren hatte man auf einen barocken Klang orientiert, der von höheren Tönen dominiert wurde, aber nicht zu dieser Orgel passte“, erläutert Thomas Haenchen. Schließlich hatte es zu den Anforderungen in der Erbauungszeit gehört, den „kräftigen wendischen Gesang“ anzuleiten und zu führen.

Letzten Endes hat die Sanierung der Hochkircher Orgel etwa 320.000 Euro gekostet. Eine stolze Summe, die Dank der Spendenbereitschaft, aber auch der Förderung durch die Landeskirche möglich wurde. „Unser Orgelbaumeister hatte frühzeitig begonnen, das benötigte Holz und Metall zu kaufen. So blieben wir von den nachfolgenden massiven Preissteigerungen weitgehend verschont“, lobt Pfarrer Thomas Haenchen.

Historisches Material blieb weitgehend erhalten

Mit einem Festgottesdienst am 21. September 2021 war der offizielle Startschuss erfolgt. Doch bevor es an die eigentliche Erneuerung gehen konnte, waren umfangreiche Vorarbeiten erforderlich: „Zunächst mussten wir aus statischen Gründen die Decke über der Orgel ertüchtigen. Außerdem hatte sich der Anbau, in dem sich die elektrische Steuerung befindet, gelöst und musste mit Ankern befestigt werden.“

Die Hauptprämisse der nachfolgenden eigentlichen Orgelsanierung beschreibt Kantorin Elke Groß in einer Festschrift wie folgt: „Es ergab sich bei der Restaurierung die Aufgabe, ein großes Puzzle zu entschlüsseln, die Pfeifen dem richtigen Register zuzuordnen und nach deren Vorbild die fehlenden Orgelpfeifen zu rekonstruieren. Alles mit der Maßgabe, so viel historisches Material wie nur möglich zu erhalten.“ Eine wahre Detektivarbeit, die große Aufmerksamkeit erforderte.

Orgelspaziergang führt am 23. September nach Hochkirch

Im Ergebnis bilden laut Elke Groß „historische und neue Materialien wieder die Klangeinheit, die der Erbauer seiner Orgel zugedacht hatte.“ Es ist nun auch wieder möglich, die Orgel mittels Körperkraft mit Wind zu versorgen, wie es früher die Norm war. Im Regelfall geschieht dies jedoch nach wie vor mittels elektrischem Strom.

Nach der unlängst erfolgten Weihe der restaurierten Orgel sollen auch Musikliebhaber, die nicht der Hochkircher Kirchgemeinde angehören, die Möglichkeit haben, dem Klang der Eule-Orgel zu lauschen. Die nächste Gelegenheit dafür bietet sich beim Orgelspaziergang am 23. September 2023, der zu den Eule-Orgeln in Gröditz, Kleinbautzen und Hochkirch führt.