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Bautzener Zahnarzt geht nach 40 Jahren in den Ruhestand

Mathias Wunsch arbeitet seit 1981 in Bautzen als Zahnarzt. Bald hört er auf. So geht es mit seiner Praxis weiter.

Von Theresa Hellwig
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Seit 40 Jahren ist Mathias Wunsch Zahnarzt in Bautzen, in ein paar Monaten geht er in den Ruhestand.
Seit 40 Jahren ist Mathias Wunsch Zahnarzt in Bautzen, in ein paar Monaten geht er in den Ruhestand. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Die urigen Bilder hängen hinter einer Glasscheibe im Flur der Praxis. Gemusterte Tapete, ein alter Behandlungsstuhl und eine alte Lampe sind auf einem der Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen. Dr. Mathias Wunsch deutet auf das Foto. „So sah es hier aus, als ich 1991 mit dem Umbau der Praxis begonnen habe“, sagt er. „Damals saß in dem Gebäude noch die Apothekenverwaltung des Landkreises“, erzählt er. „Ich habe Schritt für Schritt umgebaut und die Patienten mussten über die Baustelle laufen, um in den Behandlungsraum zu kommen.“ Mathias Wunsch lacht.

Das waren Zeiten. Zehn Jahre hatte er da bereits in Bautzen als Zahnarzt gearbeitet, zunächst über dem Reformhaus Schaal am Postplatz und dann in der Ernst-Thälmann-Straße, die seit 1992 Bahnhofstraße heißt. Er war dort als Mitarbeiter der Poliklinik angestellt. 1988 zog er dann an den heutigen Standort seiner Praxis.

Nach der Wende verteilten sich Zahnärzte in der Region

„Nach der Wende“, so erinnert sich Mathias Wunsch, „haben wir Zahnärzte aus der Region uns alle zusammengesetzt und geguckt, wie wir uns in der Region verteilen können.“ Jeder sollte die Chance haben, sich niederlassen zu können. „Das hat gut geklappt“, sagt er. „Es gab dann Deals mit der Poliklinik, jeder konnte für einen geringen Preis eine Praxis kaufen.“

Noch gut erinnert sich Mathias Wunsch daran, wie er damals zur Bank gegangen ist. „Ich brauche einen Kredit“, habe er gesagt. „Ich kann aber nur meine Arbeitskraft bieten.“ Er hatte Glück. Gleich zwei Banken gewährten ihm einen Kredit. „Nur wenige Tage später hat das so nicht mehr geklappt.“ Von dem Geld zahlte er den Umbau der Praxis, bezahlte seine Angestellten und kaufte ein Röntgengerät. „Ja, das brauchte Mut“, sagt er heute. „Aber ich hab' das nie bereut. Ich hatte ja auch kaum eine andere Option.“

Wunsch war auch Präsident der Zahnärztekammer

Seit 1981 ist Mathias Wunsch Zahnarzt. So wird es nun langsam Zeit für ihn, in den Ruhestand zu gehen. Und das hat er auch vor, in diesem Sommer. Vor zweieinhalb Jahren ist er in seine alte Heimat bei Freital zurückgezogen. „Momentan pendele ich jeden Tag 160 Kilometer. Wir haben zu Hause einen großen Garten – mir fällt dann schon etwas ein, wie ich mich beschäftigen kann“, sagt er, macht eine ausladende Handbewegung und lacht wieder.

Dennoch: Wenn er von seiner Zeit in der Praxis spricht, kommt er ins Schwärmen. Erzählt von tollen Jubiläumsfeiern mit seinen Mitarbeitern. Von den vielen Schwestern, die sie in der Praxis ausgebildet haben. Und von den Assistenzärztinnen und -ärzten, zu denen er immer noch Kontakt hat. Von der Zeit als Präsident der Zahnärztekammer, in der er sich erfolgreich dafür eingesetzt habe, dass in das Zahnarzt-Studium ein Praktikum aufgenommen wird. Er erzählt von dem Prophylaxe-Zimmer, dass er 1997 eingerichtet hat, und davon, wie die Praxis nach und nach größer wurde.

1991 begann Mathias Wunsch, seine Praxis umzubauen. Die Fotos aus dieser Zeit hängen heute im Flur der Praxis.
1991 begann Mathias Wunsch, seine Praxis umzubauen. Die Fotos aus dieser Zeit hängen heute im Flur der Praxis. © SZ/Uwe Soeder

Er redet über die Implantate, auf die er sich seit 2005 spezialisierte. Und er berichtet von dem 3D-Röntgengerät, das er sich 2010 zugelegt hat und das noch heute seine Begeisterung weckt. „So etwas haben nur zwei Zahnärzte in Bautzen“, sagt er. „Das ist aber für die Implantate wichtig. Es lässt sich viel besser erkennen, wie viel Knochen ich zum Arbeiten zur Verfügung habe.“

Von einem Thema kommt der 66-Jährige aufs nächste; kein Wunder, bei mehr als 40 Jahren Berufsleben. „Ja, ich habe einen schönen Beruf“, sagt Mathias Wunsch. „Viele meiner Patienten sind mit mir alt geworden; von manchen betreue ich jetzt die Enkelkinder. Ist das nicht toll?“ Für ihn sei das das schönste Feedback, wenn die Leute bleiben.

Und sie haben Glück, sie müssen sich keine neue Praxis suchen, wenn er aufhört. „Ich habe Nachfolger gefunden“, sagt Mathias Wunsch. Nicht nur einen, sondern gleich zwei. Das Zahnärzte-Ehepaar Kathrin Besser und Tobias Lemm übernimmt seine Praxis zum 1. Juli. „Ich bin froh, dass ich die beiden gefunden habe. In der Region gehen in den nächsten Jahren viele Zahnärzte in den Ruhestand, das wird noch schwierig“, sorgt sich Wunsch.

Freiberger Zahnarzt-Ehepaar übernimmt die Praxis

Auch für ihn war die Suche nicht ganz einfach. Eigentlich habe er seinen letzten Assistenten unter der Maßgabe eingestellt, dass dieser einmal die Praxis übernimmt. Aber das habe dann doch nicht geklappt. „Also begann die Suche von vorn“, sagt Mathias Wunsch. „Ich habe alle Leute angesprochen, Annoncen geschaltet – ich wollte die Praxis nicht einfach zuschließen.“ Dann meldeten sich die beiden Freiberger Zahnärzte bei ihm.

Vor allem eines sei ihm wichtig: „Ich habe Hausbesuche gemacht.“ Prophylaxe, Löcher füllen, Abdrücke: Dafür fuhr Mathias Wunsch nicht selten mal ins Pflegeheim oder zu Patienten, die nicht mehr so mobil sind, nach Hause. „So, wie es aussieht, führen meine Nachfolger das weiter“, sagt er.

Fünf Monate noch, bis Mathias Wunsch in den Ruhestand geht. Ganz weg ist er dann aber auch nicht – vielleicht zumindest. „Ich habe angeboten, auch mal auszuhelfen, wenn Not am Mann ist oder sich etwas Kompliziertes angesammelt hat und meine Hilfe benötigt wird“, sagt er. „Es ist ein komisches Gefühl, loszulassen.“