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Spektakuläre Übung am Stausee Bautzen: So bergen Höhenretter Ertrinkende

Wasserrettung aus der Luft ist im Raum Bautzen erst seit Kurzem möglich. Jetzt fand die zweite größere Trainingseinheit statt - hier gibt's einen Einblick per Video.

Von Tim Ruben Weimer
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Vor der Kirchturmkulisse von Quatitz üben Feuerwehr, Wasserwacht, DRF Luftrettung und DLRG am Stausee Bautzen die Rettung verunglückter Badegeäste aus der Luft.
Vor der Kirchturmkulisse von Quatitz üben Feuerwehr, Wasserwacht, DRF Luftrettung und DLRG am Stausee Bautzen die Rettung verunglückter Badegeäste aus der Luft. © Steffen Unger

Bautzen. Es ist ein Ernstfall, der am Stausee Bautzen zum Glück nicht allzu häufig vorkommt: Gerade einmal einen Einsatz mit Hubschrauber hatten die Bautzener Höhenretter bislang, seit sie im September 2023 Unterstützung durch die DRF Luftrettung bekommen haben. Ein Badegast war als vermisst, möglicherweise ertrunken gemeldet worden.

Der Rettungshubschrauber Christoph 62, stationiert am Flugplatz bei Litten, wurde zur Bautzener Rettungswache alarmiert, auf dem dortigen Parkplatz nahm er einen der 13 Kameraden aus dem Höhenrettungsteam der Berufsfeuerwehr auf. Angekommen am Stausee stellte die Mannschaft fest: Der vermisste Badende war munter nach Quatitz rüber geschwommen.

Wasserrettung aus der Luft ist in fünf Minuten vor Ort

Badeunfälle sind jedoch in der Region nicht so selten. Mit zehn bis 20 Hubschrauber-Einsätzen pro Jahr rechnet das Bautzener Höhenretterteam. In nur fünf bis sechs Minuten kann der Hubschrauber im besten Fall vor Ort sein, mit dem Boot würde der Einsatz wesentlich länger dauern.

"Je größer der See ist, umso schwieriger ist es, auf der Wasseroberfläche die Orientierung zu behalten", erklärt Immo Wilski, der als Pilot der DRF Luftrettung die Übung am Bautzener Stausee begleitet. "Im schlimmsten Fall müssen wir erst einmal eine Weile nach dem Verunglückten suchen. Der Hubschrauber erzeugt Wellen auf dem Wasser, das wirkt wie eine optische Illusion, als würde man sich von dem Patienten wegbewegen." Der Autopilot helfe aber dabei, über dem Verunglückten die Position zu behalten.

Ein Rettungsschwimmer der DLRG lässt sich als "Patient" im kalten Wasser treiben.
Ein Rettungsschwimmer der DLRG lässt sich als "Patient" im kalten Wasser treiben. © Steffen Unger

Einer derjenigen, die heute gerettet werden sollen, ist Chris Wuischnik von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Er weiß: Echte Verunglückte lassen sich meistens nicht so einfach per Winde aus dem Wasser ziehen. Nicht selten kommt es zu Tätlichkeiten mit dem Retter, weil der in Panik geratene Badegast krampfhaft versucht, sich an ihm festzukrallen und dabei den Retter unter Wasser drückt.

Deshalb werde der Retter zunächst immer ein Rettungsmittel auswerfen, das dem Verunglückten Auftrieb gibt, erklärt DLRG-Gruppenleiter Niklas Hoppe. In der Ausbildung zum Rettungsschwimmer lerne man zudem auch, Befreiungsgriffe anzuwenden.

Luftgestützte Wasserrettung in Bautzen seit 2023 möglich

Die Übungseinheit von Feuerwehr, Luftrettung, Wasserwacht und DLRG zieht an diesem Dienstag zahlreiche Schaulustige an den Bautzener Stausee. Kein Wunder, Christoph 62 dröhnt bis in die Umgebung, der Himmel strahlt im schönsten Blau. "Die haben ja gar keine Angst!", ruft der 12-jährige Lennard aus Großpostwitz erstaunt, der mit Oma und Opa beobachtet, wie die Retter mit offener Hubschraubertür über das Wasser fliegen, sich in mehr als zehn Metern Höhe auf die Kufen des fliegenden Hubschraubers stellen und sich dann an einer Winde langsam auf die Wasseroberfläche ablassen.

Pilot und Höhenretter sind startklar für die Übung überm Bautzener Stausee.
Pilot und Höhenretter sind startklar für die Übung überm Bautzener Stausee. © Steffen Unger

"Es ist ein schönes Gefühl, dort am Hubschrauber zu hängen", sagt Feuerwehrmann und Höhenretter Martin Kelz. Bevor die luftunterstützte Wasserrettung im September 2023 zum Portfolio der Höhenretter dazukam, habe er noch nie in einem Hubschrauber gesessen, sagt er. Diese Spezialisierung sei ein ungewöhnliches Alleinstellungsmerkmal der Bautzener Feuerwehr und gebe es nicht oft in Deutschland.

"Es ist neu für mich, dass alles in Bewegung ist und man es selber nicht in der Hand hat, wie weit man abgelassen wird. Als Höhenretter bin ich sonst meistens eher im Fels unterwegs", sagt Kelz. "Adrenalin läuft da aber keines mehr. Man ist absolut fokussiert."

Retter kommuniziert per Handzeichen

Trainiert werden muss vor allem die Kommunikation mit dem Windenführer im Hubschrauber, die nur über Handzeichen läuft. Ein Daumen nach oben bedeutet: Alles in Ordnung, weiter ablassen. Ein Rudern mit den Armen dagegen heißt: Abbruch. Und fasst sich der Retter mit der Hand an die Kehle, bedeutet das: Hubschrauber nicht bewegen, die Winde hat sich verfangen - im schlimmsten Fall um die eigenen Beine. Würde der Hubschrauber so losfliegen, könnte das Stahlseil den Retter heftig verletzen.

Immo Wilski steuerte Christoph 62 für die DRF Luftrettung sicher über den Bautzener Stausee
Immo Wilski steuerte Christoph 62 für die DRF Luftrettung sicher über den Bautzener Stausee © Steffen Unger

Die Anflüge würden heute noch recht langsam durchgeführt, sagt Joachim Weiß, Luftretter der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes, der bundesweit in Katastrophensituationen wie Hochwasser eingesetzt wird. Es ist erst die zweite größere Hubschrauber-Trainingseinheit der Bautzener Höhenretter.

"Mit der Gischt durch den Hubschrauber ist es da unten wie in einer Waschmaschine, da kann der Patient auch schnell Atemprobleme bekommen", erklärt Weiß. Deswegen sei es enorm wichtig, den Verunglückten zu beruhigen und ihn beim Hinaufziehen mit den Beinen um den Unterkörper zu umklammern.

Bei Rettungsschwimmer Chris Wuischnik von der DLRG geht es als "Patient" vor allem darum, im kalten Wasser des Stausees nicht zu unterkühlen, bis der Retter eintrifft.
Bei Rettungsschwimmer Chris Wuischnik von der DLRG geht es als "Patient" vor allem darum, im kalten Wasser des Stausees nicht zu unterkühlen, bis der Retter eintrifft. © Steffen Unger

Höhenretter Martin Kelz hat DLRG-Schwimmer Chris Wuischnik an der Winde erfolgreich an den sicheren Strand des Stausees transportiert. "Der Gurt drückt schon etwas unter den Achseln und die Schulterblätter nach oben, wenn man das nicht gewohnt ist", sagt Wuischnik. Trotz Schutzanzug sei das Wasser noch ganz schön kalt, sagt Kelz, vor allem an den Händen sei das trotz Handschuhen bemerkbar.

Kaum ist Kelz aus dem Hubschrauber ausgestiegen, erreicht ihn und seine Kollegen ein Alarm per Funk: ein eingeklemmter Autofahrer nach einem Verkehrsunfall. Es dauert keine Minute, bis Kelz im geparkten Feuerwehrauto sitzt. Denn auch als Höhenretter ist er in erster Linie immer noch Feuerwehrmann.