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So will Weißenberg sein Abwasser-Problem lösen

Die Kosten für die Abwasserentsorgung in Weißenberg sind so drastisch gestiegen, dass die Bürger das Doppelte an Gebühren zahlen müssten. Die Stadt will aber einen anderen Weg gehen.

Von Uwe Menschner
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"Wir stellen alles auf den Prüfstand", sagt Weißenbergs Bürgermeister Jürgen Arlt mit Blick auf die Abwasserentsorgung. Die ist mittlerweile so teuer geworden, dass die Gebühren dafür eigentlich verdoppelt werden müssten.
"Wir stellen alles auf den Prüfstand", sagt Weißenbergs Bürgermeister Jürgen Arlt mit Blick auf die Abwasserentsorgung. Die ist mittlerweile so teuer geworden, dass die Gebühren dafür eigentlich verdoppelt werden müssten. © Uwe Menschner

Weißenberg. Die Entsorgung des Abwassers stellt eine der vielen Pflichtaufgaben dar, die Städte und Gemeinden erfüllen müssen. Für die Art und Weise der Entsorgung haben sich seit 1990 in den Kommunen die verschiedensten Varianten entwickelt, die sich mehr oder weniger gut bewähren.

„Die Stadt Weißenberg hat ein teures System gebaut, dessen Schwerpunkt auf der zentralen Entsorgung liegt“, erklärt Bürgermeister Jürgen Arlt (parteilos). Und weiter: „70 Prozent unseres Stadtgebietes sind an die zentrale Entsorgung angeschlossen.“ Dazu muss man wissen, dass Weißenberg neben der Kernstadt noch 16 weitere Ortsteile umfasst, die sich auf einer Fläche von etwa 50 Quadratkilometern verteilen.

Die Stadt Weißenberg selbst hat knapp 1.000 Einwohner, mit den Ortsteilen sind es etwa 3.200. Schon Wurschen als zweitgrößter Ortsteil zählt nur etwa 310 Bewohner, Gröditz und Nostitz jeweils etwa 250. Daran wird die extrem ländliche und stark zersiedelte Struktur des Stadtgebietes deutlich, die bis hin zu Mini-Dörfern wie Cortnitz mit 40 oder Grube mit 25 Einwohnern reicht.

Entsprechend aufwändig ist die Entsorgung des Abwassers, wobei laut Bürgermeister Jürgen Arlt „die Spanne zwischen den einzelnen Orten sehr groß ist. In den dörflichen Ortsteilen sind die Kosten wesentlich höher als im städtischen Bereich.“

Abwassergebühren müssten massiv erhöht werden

Zu dieser geografischen Besonderheit kommen Faktoren, von denen alle Kommunen betroffen sind: „Die Ausgaben sind vor allem aufgrund der gestiegenen Energie- und Personalkosten weit über das geplante Maß hinaus angestiegen“, heißt es in einer diesbezüglichen Erklärung der Stadtverwaltung im städtischen Amtsblatt.

Und weiter: „Um die Entsorgung des Abwassers im Stadtgebiet weiterhin gewährleisten und finanzieren zu können, sind kurzfristig neue Gebühren notwendig.“ So wurde beschlossen, den laufenden Kalkulationszeitraum abzubrechen und die Gebühren bereits ab 2023 neu zu kalkulieren.

Was dabei herauskam, sorgte für betretene Mienen: „In den Beratungen des Stadtrates wurden die ersten Kalkulationen vorgestellt. Unter Anrechnung der Verluste der aktuellen Kalkulationsperiode hätten sich massive Entgelterhöhungen abgezeichnet“, schreibt die Stadtverwaltung und rechnet vor: „Für einen Haushalt mit einem jährlichen Wasserverbrauch von 110 Kubikmetern und zentraler Entsorgung hätten sich die Entgelte von 600 auf 1.200 Euro verdoppelt. Allen Beteiligten war klar, dass keinem Bürger eine derartige Erhöhung zugemutet werden kann.“

Bis 2026 will Weißenberg 300.000 Euro zuschießen

Daraufhin habe die Abwasserbeseitigungsgesellschaft Weißenberg (AWG) auf die Nachkalkulation der Verluste verzichtet. Doch auch dann hätten die Entgelte um 73 Prozent erhöht werden müssen. In dieser Situation entschloss sich der Stadtrat zu einem ungewöhnlichen Schritt: In der Dezember-Sitzung hat er eine außerplanmäßige Ausgabe für die Jahre 2023 und 2024 jeweils in Höhe von 75.000 Euro beschlossen, die auch für 2025 und 2026 in den Haushalt aufgenommen werden soll.

Dieses Geld dient laut Beschluss „als Zuschuss an die AWG zur Deckung der Verluste, welche aus dem Teilbereich der zentralen Abwasserentsorgung resultieren“. Dadurch fällt die Anhebung der Abwassergebühren deutlich moderater aus: Die bereits angeführte Beispielfamilie muss nun im Jahr „nur noch“ knapp 800 statt 1.200 Euro zahlen.

Doch damit ist das Problem nicht aus der Welt. Einerseits stellt sich die Frage, wie die insgesamt 300.000 Euro, welche die Stadt im Zeitraum von vier Jahren zuschießen will, erwirtschaftet werden sollen. Andererseits ändert sich dadurch nichts an den hohen Kosten, die ja auch nach 2026 weiter auflaufen werden. „Wir denken daher jetzt über die Strukturen nach, stellen alles auf den Prüfstand“, kündigt Bürgermeister Jürgen Arlt an.

Seit 1997 beim Abwasser 1,8 Millionen Euro Verlust

Dabei stellt laut Stadtratsbeschluss auch die Auflösung der AWG „ausdrücklich eine Option“ dar. Die 1997 gegründete Gesellschaft hat laut Aussage von Kämmerer Joachim Pietschmann seitdem etwa 1,8 Millionen Euro Verluste geschrieben, „seit der Gründung gab es kein Jahr, in dem die AWG Gewinn erwirtschaftet hat“. Die Stadt Weißenberg habe in diesem Zeitraum etwa 4 Millionen Euro zugeschossen.

Der Grund dafür liege „in den nicht eingetretenen Grundannahmen, welche von deutlich höheren Abwassermengen ausgingen, und vor allem darin, dass - politisch gewollt - keine kostendeckenden Gebühren erhoben wurden“. Hinzu kommt laut Bürgermeister Jürgen Arlt, dass die privatrechtliche Struktur der AWG die Zusammenarbeit mit einem benachbarten Abwasserzweckverband, zum Beispiel „Kleine Spree“, sehr kompliziert mache.

Andere denkbare Optionen seien die Zusammenarbeit mit einem privatrechtlichen Dienstleister, zum Beispiel einem Stadtwerk, oder die Betriebsführung in eigener städtischer Regie. „Es ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, und wie die beste Lösung aussieht, muss die Analyse ergeben“, so das Fazit des Weißenberger Bürgermeisters.