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Drogenrausch aus dem Blumenbeet?

Die Polizei ermittelt zu kuriosen Diebstählen in Geißmannsdorf und Rammenau. Dort sind mehr als 100 Hortensien-Stängel verschwunden.

Von Miriam Schönbach
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Eine Hortensienblüte in voller Pracht. Aus Rammenau und dem Bischofswerdaer Ortsteil Gießmannsdorf liegt der Polizei derzeit eine Anzeige über den Diebstahl von mehr als 100 Hortensienstängeln vor.
Eine Hortensienblüte in voller Pracht. Aus Rammenau und dem Bischofswerdaer Ortsteil Gießmannsdorf liegt der Polizei derzeit eine Anzeige über den Diebstahl von mehr als 100 Hortensienstängeln vor. © Archivfoto: Marko Förster

Geißmannsdorf/Rammenau. Die Enttäuschung ist groß. "Ich kann Ihnen Bilder meiner blühenden Hortensien aus den Vorjahren zeigen. In dieser Saison werden wir darauf vergeblich hoffen", sagt Ulrike Jahn traurig. Ihre prächtigen Stauden im Beet sind wie die im Garten der Nachbarin Elke Preusche in Geißmannsdorf gestutzt. Die Zweige mit den jungen Knospen sind entweder gezielt herausgeschnitten oder abgeknickt worden. Der Diebstahl von mehr als 100 Hortensienstängeln ist im April beim Polizeistandort Bischofswerda online angezeigt worden.

Ulrike Jahn war es, die die Polizei in die Pflicht genommen hat. "Ich habe am Karfreitag den Anruf einer Freundin aus Kamenz bekommen. Sie erzählte, dass aus den Gärten ihrer Anlage die Hortensien ausgeraubt worden seien", sagt die Rentnerin. Der Blick ins eigene Grün lässt sie auch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Beim Spaziergang am Ostermontag durch das Niederdorf in Rammenau sieht sie anschließend wieder gerupfte Hortensiensträucher. "Es ist einfach traurig, dass einem die Freude an der Blütenpracht genommen wird", sagt die Anzeigenerstatterin aus dem Ortsteil Bischofswerdas.

Täter erhoffen sich offenbar einen Rausch

Um das Barockschloss Rammenau indes scheinen die Hortensiendiebe einen Bogen gemacht zu haben. "Kein Diebstahl", heißt es aus der Einrichtung. Rammenau selbst nennt sich Hortensiendorf. Der frühere Schlossherr und Botaniker Johann Centurius von Hoffmannsegg brachte im 19. Jahrhundert die erste Hortensie ins Dorf. Doch in Geißmannsdorf bleibt natürlich die Frage: Wer und warum klaut Hortensienstängel? Die Bestohlenen werden im Internet fündig. Dort gibt es aus den vergangenen Jahren gleich mehrere Beiträge zum Thema Hortensienklau.

So berichtet das Gartenportal "24garten.de", dass der ominöse Diebstahl von Teilen der großblütigen Sträucher zum Teil bizarre Ausmaße annehmen würde. Besonders im Raum Hannover, im Bundesländern Schleswig-Holstein und in Potsdam habe die Polizei verstärkt mit Hortensien-Diebstahlmeldungen zu tun, heißt es in dem Beitrag. Dabei seien die Täter oftmals Jugendliche, die sich von den Blüten der Bauernhortensien berauschende Wunder erhoffen würden.

So sahen die Hortensien bei Familie Jahn in Geißmannsdorf im Jahr 2019 aus. Jetzt wurden zahlreiche Stängel von Unbekannten heraus geschnitten.
So sahen die Hortensien bei Familie Jahn in Geißmannsdorf im Jahr 2019 aus. Jetzt wurden zahlreiche Stängel von Unbekannten heraus geschnitten. © privat/Ulrike Jahn

Ein Hortensienrausch? Das Internetportal "Mein schöner Garten" führt aus, dass den getrockneten und zerkleinerten Pflanzenteilen eine drogenähnliche Wirkung nachgesagt wird. Sie sollen beim Rauchen einen Rausch wie Marihuana verursachen. Experten gehen aber davon aus, wie die Deutscher Apotheker-Zeitung berichtet, dass Hortensien keinerlei Stoffe mit halluzinogener Wirkung enthielten. Das heißt, der Drogenrausch aus dem Blumenbeet ist ein Mythos. Trotzdem hält sich wohl das Gerücht, dass junge, gerade geöffnete Hortensienblüten und junge Triebspitzen als Naturdroge dienen.

Die Stängel mit dem jungen, grünen Wuchs sind auch aus den Gärten in Geißmannsdorf und Rammenau verschwunden. Ulrike Jahn möchte andere Hortensienfreunde sensibilisieren, aufmerksam zu sein. "Wir hatten das Gefühl, dass unsere Höfe ausgesucht wurden. Die Diebe mussten sich auskennen, denn die Hortensien wurden gezielt abgeschnitten", sagt sie. Genutzt hätten die Täter die Vollmondnacht.

Das nächtliche Betreten der Grundstücke sorge zudem für Angst. Die Geißmannsdorferin rät, den Hortensienklau im eigenen Garten beim Entdecken nicht als Lappalie einfach abzutun. Stattdessen sei eine Online-Anzeige bei der Polizei schnell gemacht.

Der Polizeidirektion Görlitz sind indes bislang noch keine weiteren gestohlenen Hortensien gemeldet worden. Doch auch sie habe sich nach Aussagen von Polizeisprecher Sebastian Ulbrich mit dem neuen Phänomen beschäftigt. Die Polizei hat zudem umgehend ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls eingeleitet.