Bischofswerda
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Ukrainische Musiker geben Neujahrskonzert in Bischofswerda

Ein Ensemble aus der Ukraine legt auf seiner Tournee einen Zwischenstopp in Bischofswerda ein. Hintergrund ist eine Freundschaft, die schon drei Jahrzehnte währt.

Von Miriam Schönbach
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Das „Wyssokyj Samok“-Ensemble aus der Ukraine um den künstlerischen Leiter Andrij Jazkiw (3.v.l.) gibt am 3. Januar 2024 ein Neujahrskonzert in Bischofswerda.
Das „Wyssokyj Samok“-Ensemble aus der Ukraine um den künstlerischen Leiter Andrij Jazkiw (3.v.l.) gibt am 3. Januar 2024 ein Neujahrskonzert in Bischofswerda. © PR

Bischofswerda. Eine besondere Beziehung beschert Bischofswerda ein Neujahrskonzert: Auf seiner Deutschlandtournee legt das „Wyssokyj Samok“-Ensemble aus der Ukraine am 3. Januar 2024 einen Zwischenstopp im Rathaussaal ein. „Wir waren unter anderem in Bayern und haben Weihnachts- und Neujahrskonzerte gespielt. Nach dem Auftritt in Bischofswerda kehren wir in unsere Heimat zurück“, sagt der künstlerische Leiter Andrij Jazkiw. Doch dieses Konzert liegt ihnen besonders am Herzen. Schließlich kehren sie hier bei Freunden ein.

Jene Freunde sind Cordula und Bernd Grüber. „Wie wir uns kennengelernt haben? Das ist eine lange Geschichte“, sagt die Bischofswerdaer Apothekerin. Sie geht zurück zum Anfang der 1990er-Jahre, als Andrij Jazkiw mit seinem damals noch etwas größeren Ensemble in der Fußgängerzone von Göttingen spielt. Das ist die Heimatstadt von Cordula Grüber.

„Es war die Zeit, als auch ausgebildete Opernsänger aus der ehemaligen Sowjetunion aus wirtschaftlicher Not auf der Straße gesungen haben. Mein bis heute vielfältig sozial engagierter Vater hatte damals die Musiker in der Fußgängerzone gehört und sie gefragt, ob sie denn einen Schlafplatz hätten“, erinnert sich die Wahl-Bischofswerdaerin an den Beginn der Freundschaft.

Hohes Schloss von Lwiw gibt Ensemble seinen Namen

Schließlich bringt Cordula Grübers Vater die Straßenmusiker nebst mitgereisten Freundinnen für Wochen im katholischen Pfarrheim unter. „Der damalige Pfarrer war sehr idealistisch und hat zum Glück mitgemacht. Die Gruppe kam für Jahre immer wieder, gab Konzerte - später auch in Konzertsälen und nicht mehr auf der Straße - und übernachtete im Pfarrheim. Andrij nennt meinen Vater immer den ,Vater des Ensembles'“, sagt die Apothekerin.

1999 bekommen die Berufsmusiker einen Vertrag an der Philharmonie in Lwiw in der Westukraine. Auf deren Hügel ragten einst die Türme des alten Fürstenschlosses empor. Vom „Hohen Schloss”, auf Ukrainisch „Wyssokyj Samok“, ist fast nichts geblieben, aber es ist zum romantischen Symbol der altertümlichen Stadt Lwiw geworden und gibt dem Ensemble mit einer großen Liebe für ukrainische Musik seinen Namen.

„Unser Ensemble verfolgt das Ziel, ukrainische klassische, geistliche und Volksmusik unserem Publikum näherzubringen“, sagt Andrij Jazkiw. Die Einzigartigkeit zeige sich in der Instrumentenwahl und einer eigenen Aufführungsweise. Jedes Mitglied spiele mehrere Instrumente. Das ermögliche die Interpretation von Werken verschiedener Epochen, Stile und Richtungen in ihrem ursprünglichen Klang. Als besonderes Instrument bringt das Ensemble das Zymbalon mit. Im Volksmund wird es auch Hackbrett genannt. Das Saiteninstrument ist typisch für die Ukraine.

Musiker bedanken sich für Hilfe deutscher Freunde

Das „Wyssokyj Samok“-Ensemble hatte seit seiner Gründung Gastspiele in Ungarn, Polen, Serbien, Weißrussland, Deutschland, Belgien, Holland und Spanien. Ihre aktuelle Tournee verbinden die Musiker mit einer besonderen Botschaft.

„In der Zeit des Krieges müssen wir um das Niveau der Kultur kämpfen. Kultur verbindet, sie schafft es, schwere Zeiten zu überstehen. Deshalb bedanken wir uns auch bei allen deutschen Freunde für ihre Hilfe“, sagt der Ensemble-Chef. Denn obwohl Lwiw im Westen der Ukraine liegt, spüre man dort tagtäglich den Hauch des Krieges. „Fast jeden Tag schrillen die Sirenen, und wir müssen in Bunker gehen“, sagt der Berufsmusiker. Er war lange musikalischer Leiter des Symphonieorchesters in Lwiw und Juror beim Eurovision Song Contest in der Ukraine.

In Bischofswerda ist das „Wyssokyj Samok“-Ensemble mit einem „Strauß bunter Träume“ zu erleben. Dann erklingen neben ukrainischer Musik auch Werke von Bach und Pucchini. Cordula Grüber und ihre Familie freuen sich schon jetzt auf diesen musikalischen Auftakt des Jahres 2024, viel mehr aber noch, dass Freunde auf dem Weg in die Ukraine nochmals einen Zwischenstopp wie so viele Male davor in Bischofswerda einlegen.

Neujahrkonzert am 3. Januar, 19 Uhr, Rathaussaal in Bischofswerda, Zugang Kamenzer Straße, der Eintritt ist frei, es wird um Spenden gebeten.