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Ohne Erlaubnis: Frau züchtet Welpen und verkauft sie im Internet

Eine Frau betreibt in Steinigtwolmsdorf eine Hundezucht und bietet die Tiere bei Ebay Kleinanzeigen an. Nach einem Hinweis schaltet sich das Veterinäramt ein.

Von Antonio Ziesche
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Über Ebay Kleinanzeigen verkaufte eine Frau Hundewelpen aus einer Zucht, die sie in Steinigtwolmsdorf betrieb. Eine Erlaubnis hatte sie dafür nicht.
Über Ebay Kleinanzeigen verkaufte eine Frau Hundewelpen aus einer Zucht, die sie in Steinigtwolmsdorf betrieb. Eine Erlaubnis hatte sie dafür nicht. © SZ/Uwe Soeder

Steinigtwolmsdorf. Ihre Hunde erwarten sie schon, als Natalia die Tür zu dem Raum aufschließt, in dem sie die Vierbeiner hält. Die Shih-Tzu-Hündin und ihre drei Welpen bellen und springen an der Tür hoch. Natalia (Name geändert) öffnet sie deshalb nur einen kleinen Spalt und huscht schnell hindurch. Würde es einem Hund gelingen, auszubüxen, könnte es schwierig werden, ihn in dem großen, alten, verlassenen Fachwerkhaus wiederzufinden, in dem die Tiere untergebracht sind.

Mit Hunden aus der Ukraine geflüchtet

Eine Erbengemeinschaft, der das leer stehende Haus in Steinigtwolmsdorf gehört, hat der Züchterin erlaubt, einen 18 Quadratmeter großen Raum im Erdgeschoss für ihre Hunde zu nutzen. „Wir haben hier alles so hergerichtet, dass die Hunde hier gut leben können“, sagt Natalia. Der Laminat-Fußboden sei neu und die Heizung instand gesetzt. Der Raum wirkt hell, in der Ecke stehen einige Näpfe mit Futter und Wasser, auf dem Boden sind Decken ausgelegt. Natalia selbst wohnt zwei Häuser weiter.

Hunde begleiten Natalia schon ihr ganzes Leben, erzählt sie. Zuletzt auch auf ihrem wohl schwersten Weg: Gemeinsam mit ihren beiden Töchtern und acht Hunden flüchtet sie Ende März vergangenen Jahres aus ihrer südukrainischen Heimatstadt Kriwoj Rog. Nachdem die Stadt von russischen Raketen getroffen wurde, haben sie schnell ihre Sachen gepackt und ihre Heimat verlassen, sagt sie. Über Polen kommt die Familie nach Deutschland und findet schließlich Unterkunft in Steinigtwolmsdorf.

Anzeigen auf Ebay Kleinanzeigen wirken seriös

Schon in der Ukraine habe sie die nepalesische Hunderasse Shih-Tzu gezüchtet, sagt Natalia. Mit dem Rüden und den sieben Hündinnen, die sie mitgenommen hat, wollte sie in Deutschland weitermachen. Auf Ebay Kleinanzeigen bietet die Züchterin ihre Welpen zum Verkauf an. Der Deutsche Tierschutzbund rät allerdings seit Längerem davon ab, Tiere dort zu kaufen, und fordert ein Verbot von Tierhandel auf der Plattform.

Die Anzeigen von Natalia wirken aber seriös. Die Hunde seien geimpft, gechipt, entwurmt und älter als 12 Wochen, schreibt sie auf Ebay Kleinanzeigen. Experten raten, Welpen erst ab diesem Alter vom Muttertier zu trennen, da dann die wichtigste Entwicklungsphase der Tiere abgeschlossen sei. Ramona Eisold aus Neustadt in Sachsen beobachtet die Anzeigen auf der Plattform. Als diese wiederholt verschwinden und unter anderen Namen neu auftauchen, schöpft die Hundeliebhaberin Verdacht.

Zweifelhafte Haltungsbedingungen

Um sich ein Bild von den Hunden und den Umständen machen zu können, beschließt Eisold, nach Steinigtwolmsdorf zu fahren. Über Ebay Kleinanzeigen vereinbart sie einen Termin mit der Züchterin. Sie treffen sich im Wohnhaus von Natalia, die ihr einen Rüden präsentiert. „Der sah nicht schlecht aus“, sagt Eisold. Auf Nachfrage zeigt Natalia ihr auch einen anderen Welpen, den sie aus dem leer stehenden Nachbarhaus holt. Das Tier wirkte verwahrlost und roch nach Urin, schildert Eisold.

Die Neustädterin lehnt den Kauf der Hunde ab. Allein geht sie zu dem Haus, in dem die Tiere gehalten werden. Schon von der Straße vernimmt sie lautes Gebell. Sie tritt an das Fenster und schaut in den Raum, in dem die Hunde untergebracht sind. Mindestens sieben Hunde zählt sie dort, ein Muttertier und zahlreiche Welpen. Der Boden sei verdreckt gewesen, die Hunde ungepflegt, berichtet Eisold. Doch am schlimmsten sei, dass die Hunde dort isoliert, ohne menschlichen Kontakt aufwachsen würden. „Hunde brauchen Liebe, Zuneigung und Aufmerksamkeit“, sagt sie.

Veterinäramt erteilt der Züchterin Auflagen

Eisold kontaktiert das Veterinäramt des Landkreises Bautzen und teilt ihre Eindrücke mit. Sie äußert den Verdacht, dass die Hunde nicht artgerecht gehalten werden. Das Veterinäramt geht dem nach, stattet Natalia Ende Oktober vergangenen Jahres einen Besuch ab und kontrolliert die Haltungsbedingungen.

„Auch wenn die von außen einsehbaren Umstände keine optimale Tierhaltung vermuten lassen, besteht keine Gefahr für Leib und Leben der Hunde“, lautet die Beurteilung des Amtes, sagt Frances Lein, Pressesprecherin des Landratsamtes Bautzen. Trotzdem fordert das Amt die Halterin auf, die Räume regelmäßig zu säubern und den Hunden regelmäßig Auslauf im Freien zu gewähren. Außerdem müsse sie den Hunden mehr Platz zur Verfügung stellen. Seitdem hält Natalia nur noch die Hälfte der Tiere im Nebengebäude. Die andere Hälfte lebt bei ihr im Wohnhaus.

Keine Erlaubnis für gewerbliche Tierzucht

Da Natalia mehr als drei geschlechtsreife Hündinnen hält, betreibt sie eine gewerbliche Tierzucht, die nach dem Tierschutzgesetz einer Erlaubnis bedarf. In der Ukraine hatte die Züchterin eine solche Erlaubnis, sagt sie. Dass sie in Deutschland eine weitere benötige, sei ihr nicht bewusst gewesen. Damit könne sie sich aber zumindest erklären, weshalb Ebay Kleinanzeigen immer wieder ihre Anzeigen gesperrt habe. Um weiter verkaufen zu können, habe sie die Profile ihrer Töchter genutzt.

Das Veterinäramt hat ein entsprechendes Genehmigungsverfahren eingeleitet, das mit weiteren Auflagen verbunden ist. So muss die Züchterin für die Erlaubnis einen speziellen Lehrgang absolvieren.

Hunde sind nun wieder in der Ukraine

Den Lehrgang könne sie aufgrund der Sprachbarriere nicht bewältigen, und auch die anderen Auflagen seien ihr zu aufwändig, sagt Natalia. Finanziell lohne sich die Zucht für sie nicht mehr. Sechs Hunde habe sie bisher in Deutschland verkaufen können. Dazukommen wird wohl vorerst keiner mehr.

Anfang Januar hat Natalia ihre Hunde zurück in die Ukraine gegeben. Eine befreundete Züchterin kümmere sich dort um die Vierbeiner. „Ich musste die Hunde wieder in den Krieg schicken“, sagt Natalia. Einen Hund, den sie privat hält, hat sie behalten.