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Breitscheidschule auf der Abrissliste

Im Rathaus ist man sich nun über die Zukunft der Grundschulen einig. Das hat Konsequenzen für fast alle Standorte.

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© Lutz Weidler

Von Britta Veltzke

Riesa. Dass eine Grundschule schließen muss, damit Fördergelder für die Sanierung anderer Standorte fließen, stand bereits fest. Nach langem Hin und Her hat die Stadtverwaltung nun einen konkreten Plan für die Zukunft der Riesaer Grundschulen auf den Tisch gelegt. Am Mittwochabend wurden die Stadträte im Rathaus darüber informiert. Nach SZ-Informationen werden die Kinder aus der Grundschule am Storchenbrunnen im kommenden Jahr auf die anderen Standorte verteilt. Das Gebäude an der Alleestraße wird daraufhin für die Oberschüler vom Merzdorfer Park hergerichtet. Sobald die Oberschule renoviert ist, ziehen die Grundschüler von der Breitscheidstraße nach Gröba in die Schule am Storchenbrunnen. Ihr alter Standort im Zentrum würde damit nicht mehr gebraucht. Für die Grundschule an der Magdeburger Straße (Weida) schlägt die Stadtverwaltung einen Neubau vor. Hintergrund der Entscheidung, die Gebäude in Weida und im Zentrum an der Breitscheidstraße aufzugeben, ist unter anderem der Schulhaustyp. Beide Grundschulen sind zu DDR-Zeiten in der gleichen Plattenbauweise gebaut worden. Der sogenannte Typ „Dresden Atrium“ war ein Einheitsentwurf, der vor allem in den 60er und 70er Jahren im Bezirk Dresden mehrfach umgesetzt wurde. Der Nachteil daran ist, dass die Schulen durch große Fensterflächen viel Energie verlieren.

Nur noch halb so viele Erstklässler

Zudem gelten die Gebäude dieses Typs als schlecht sanierbar. Auch die Schillerschule, in die die christliche Grundschule eingezogen ist, ist ein solcher „Dresden Atrium“-Bau – und ebenfalls sanierungsbedürftig. Weil die Schule aber von einem eigenen Förderverein getragen wird – und nicht von der öffentlichen Hand – spielte sie in der Bewertung des Kultusministeriums keine Rolle. Dresden hält lediglich drei städtische Grundschulen in Riesa für nötig. Seit der Wende wurde in der Stadt keine Grundschule geschlossen. Die Schülerzahlen gingen jedoch deutlich zurück: Während 1995 noch 465 Erstklässler eingeschult wurden, werden es in diesem Jahr voraussichtlich noch etwa die Hälfte sein. Ein Negativrekord ist das allerdings nicht. Vor 15 Jahren wurden lediglich 160 Mädchen und Jungen in Riesa eingeschult.

Angelika Fritz, Schulleiterin der vierten Grundschule an der Breitscheidstraße, ist sich über die Misere der Stadt bewusst. Sie wurde wie die anderen Schulleiterinnen am Donnerstag von Oberbürgermeister Marco Müller (CDU) persönlich über das Vorhaben der Verwaltung informiert. Angesichts der Pläne habe sie ein lachendes und ein weinendes Auge: „Natürlich bin ich glücklich, dass unsere Schule als System erhalten bleibt. Der Umzug vom Zentrum an den Storchenbrunnen macht mich natürlich weniger glücklich.“ Zum einen habe sie wegen der Nähe zum Bahnhof viele Kinder von pendelnden Eltern. Zum anderen sorgt sie sich um ihr Kollegium. „Ich bin so froh, zuletzt junge Kollegen bekommen zu haben. Alle pendeln aus Leipzig oder Dresden. Die Bahnhofsnähe ist auch für sie wichtig. Sie davon zu überzeugen, in die Provinz zu ziehen, ist unmöglich“, erklärt Fritz. Sie befürchtet, noch schlechter neue Kollegen zu finden, je weiter die Schule vom Zentrum weg liegt.

Die Leiterin der zweiten Grundschule am Storchenbrunnen, Anke Wehling, hat hingegen andere Sorgen. Angesichts der Tatsache, dass ihre Schule aufgelöst werden soll, reagierte sie auf SZ-Anfrage lediglich mit einem Satz: „Ich bin fassungslos“.

Oberbürgermeister Marco Müller erklärte: „Wir haben den Stadträten eine Beschlussvorlage vorgelegt, die eine mutige Entscheidung erfordert, aber eine realistische Chance auf Fördermittel für unsere Schulen bedeutet. Wir wollen endlich die Bedingungen für Schüler und Lehrer verbessern, und dürfen eine Entscheidung nicht weiter vor uns herschieben.“ Dass dies große Kompromissbereitschaft erfordere, sei ihm bewusst. „Aber jedem muss klar sein, dass die Stadt nicht in der Lage ist, ohne Fördermittel die Sanierung von Schulen anzugehen“, so Müller.

Letztes Wort über den Vorschlag hat der Stadtrat am Mittwoch, 22. Juni. Da sich die Fraktionen noch intern beraten wollen, hielten sich die meisten Räte jedoch mit ihren Statements zurück. SPD-Fraktionschef Andreas Näther aber lobte, dass es nun endlich einen konkreten Vorschlag gibt. Stefan Schwager, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler/Bürgerbewegung, bemängelt hingegen, dass der Stadtrat keine wirkliche Wahl habe: „Alles, was wir jetzt noch an dem Vorschlag ändern, kostet Zeit und noch mehr Geld. Wir baden aus, was die Stadtpolitik in den letzten Jahren verpennt hat“, so Schwager.