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Kommt ein Schwabe nach Ottendorf

Vom Bodensee ins Rödertal: Der 20-jährige Azubi Simon Zeh arbeitete ein halbes Jahr bei Bäcker Gnauck.

Von Rainer Könen
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Simon Zeh hat in der Backstube von Marlon Gnauck in Ottendorf viel gelernt, sagt er. Überrascht hat den jungen Mann, mit welcher Akribie sich sein Lehrherr etwa den Brotmischungen widmet.
Simon Zeh hat in der Backstube von Marlon Gnauck in Ottendorf viel gelernt, sagt er. Überrascht hat den jungen Mann, mit welcher Akribie sich sein Lehrherr etwa den Brotmischungen widmet. © Christian Juppe Photography

Ottendorf-Okrilla. In Sachen Marketing und PR-Arbeit hebt sich Bäckermeister Marlon Gnauck von manchen seiner Zunftkollegen ab. Sein Credo: Mach was Originelles und sieh zu, dass die Welt davon erfährt. Wenn er wieder Auszeichnungen für seine Brotkreationen bekommt, er von Experten gepriesen wird, ihm Promis in der Backstube assistieren, dann soll das, bitteschön, die Öffentlichkeit auch erfahren.

Dabei nutzt der Ottendorfer all die Möglichkeiten, die sich einem heutzutage bieten, um auf sich aufmerksam zu machen. Die sozialen Netzwerke, die Medien. In diesen pandemischen Zeiten geht es ja mittlerweile auch gar nicht mehr ohne. Demnächst steht beim Ottendorfer sogar Online-Baking auf dem Programm. Und weil eine Bäckerausbildung bei ihm „mehr als nur eine Lehre“ ist, zeigte er jüngst seinem einzigen Auszubildenden, dass ein bisschen Werbung in eigener Sache nie schadet. Erst recht nicht im Fall seines Lehrlings.

Der heißt Simon Zeh, ist 20 Jahre alt, kommt aus einem kleinen Ort am Bodensee und arbeitete in den zurückliegenden Monaten in der Ottendorfer Backstube. Wer sich nun fragt, wo das Besondere ist, dem erklärt der umtriebige Bäckermeister, dass das doch augenscheinlich sei. Davon abgesehen, dass es die Branche in der heutigen Zeit ohnedies zunehmend schwerer hat, junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern, sei das, was sein Azubi aus Baden-Württemberg gemacht habe, auf jeden Fall erwähnenswert, hebt der Ottendorfer hervor.

Eltern besitzen Bäckerei mit zehn Filialen

Das vielleicht nicht ganz so Alltägliche an Zehs Geschichte: Junger Bäckerlehrling macht sich auf den Weg in die Fremde, legt 600 Kilometer zurück, um in eine andere Backstube hineinzuschnuppern, und will dabei natürlich auch Land und Leute näher kennenlernen. Vom am Bodensee gelegen Städtchen Kressbronn in den Osten Deutschlands, in die Großgemeinde Ottendorf-Okrilla. Das macht neugierig.

Frage an Azubi Simon: Wieso die Lausitz? Dabei hätte es eines solchen Weiterbildungstrips doch eigentlich nicht bedurft. Besitzen doch seine Eltern eine Bäckerei mit zehn Filialen. Klar hätte er sicher seine Lehre durchziehen können, erklärt er. Aber er werde dort noch früh genug arbeiten. Schließlich soll er ja mal den elterlichen Betrieb übernehmen.

Als er mit der Bäckerlehre in einem Nachbarort begann, sei ihm schnell klargeworden, dass man in seinem Beruf über den Tellerrand hinausschauen müsse. Einen Perspektivwechsel vornehmen, um weiterzulernen. So gesehen war er bei Bäcker Gnauck an der richtigen Stelle.

Der Ottendorfer hat sich ja in den zurückliegenden Jahren mit seinem Backstil, seinen ungewöhnlichen Brotkreationen einen überregionalen Bekanntheitsgrad erworben. Überrascht hat den 20-jährigen Schwaben, mit welcher Akribie und Intensität sich sein Lehrherr etwa den Brotmischungen widmet. Gnauck erzählt, dass er Zehs Vater schon seit mehr als zehn Jahren kenne. Aus einem Bäckerforum, das es aber nicht mehr gebe. Im vergangenen Oktober telefonierte man nach langer Zeit wieder miteinander. Ergebnis: Simon Zeh packte seine Sachen, setzte sich in den Zug und stand acht Stunden später bei Gnauck vor der Tür.

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Mitte November 2020 war das. Bei ihm absolvierte er die letzten Monate seiner zweieinhalbjährigen Lehrzeit, für die Gesellenprüfung ging es im Januar kurz zurück in die Heimat. Coronabedingt war sein Blickwinkel in den vergangenen Monaten allerdings weitgehend auf die Gnauck'sche Backstube beschränkt. „Dabei hätte ich ihn im Dezember gerne mit zum Striezelmarkt genommen“, so Bäcker Gnauck. Ging leider nicht. Oder ihm gezeigt, wie er seine Backkurse gestaltet. In diesen Zeiten sei es auch nicht möglich gewesen, nähere Kontakte zu den hier lebenden Menschen zu knüpfen, bedauert der 20-Jährige.

Am Freitag der vergangenen Woche hieß es für ihn: Adele. Sein letzter Arbeitstag in Ottendorf. Der sich von den vorherigen nicht unterschied. Früh aufstehen, Brote backen, Kuchen herstellen, sich noch mal hinlegen, Abschied nehmen, dann war sie vorbei, seine Lehrzeit in der Gnauck'schen Bäckerstube. Nicht auszuschließen, dass in der Naturbäckerei Zeh demnächst ungewöhnliche Brote angeboten werden. Kreiert vom Simon Zeh. Da wird er sicher vorher noch die Werbetrommel schlagen. Gelernt ist halt gelernt. Denn wie man Backwaren anpreist, das hat er ja beim Ottendorfer Bäckermeister Gnauck gesehen.

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