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Lange U-Haft für "Querdenken"-Gründer Ballweg möglich

Mit der Corona-Pandemie formierten sich die "Querdenker" und protestierten gegen die Lockdown-Politik. Die Initiative brauchte dafür Geld. Die Justiz hat Zweifel, ob dabei alles mit rechten Dingen zuging.

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Michael Ballweg, Initiator der Initiative "Querdenken 711", spricht im Mai 2020 bei einer Demo seiner Initiative in Stuttgart. Gegen ihn wird nun offenbar wegen Geldwäsche und Betrug ermittelt.
Michael Ballweg, Initiator der Initiative "Querdenken 711", spricht im Mai 2020 bei einer Demo seiner Initiative in Stuttgart. Gegen ihn wird nun offenbar wegen Geldwäsche und Betrug ermittelt. © Christoph Schmidt/dpa (Archiv)

Stuttgart. "Querdenken"-Initiator Michael Ballweg könnte wegen der Ermittlungen um Betrug und Geldwäsche nach Einschätzung seines Anwalts lange in Untersuchungshaft bleiben. Er wolle zunächst Akteneinsicht beantragen, sagte Anwalt Ralf Dalla Fini am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Selbst wenn das schnell gehe, könne es eine Woche oder zehn Tage dauern. Noch habe die Staatsanwaltschaft nicht ausermittelt. Erst wenn er die Aktenlage kenne, könne er über das weitere Vorgehen entscheiden. Seinem Mandanten habe er geraten, sich nicht zu den Vorwürfen zu äußern.

Die Polizei hatte am Mittwoch in Stuttgart zwei Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht und den 47-jährigen "Querdenken"-Gründer festgenommen. Wegen Fluchtgefahr sitzt Ballweg seit Mittwochabend in Untersuchungshaft. Der 47-Jährige soll seit Mai 2020 durch öffentliche Aufrufe Geld eingeworben haben und dabei über die beabsichtigte Verwendung getäuscht haben, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Stuttgart zuvor mitgeteilt hatten.

Die Anhänger der "Querdenken"-Initiative gehen seit Monaten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen auf die Straße. Bei den Demonstrationen gab es immer wieder auch Angriffe auf Polizisten und Medienvertreter. Verschiedene Landesverfassungsschutzämter beobachten die Bewegung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Szene als "Sammelbeobachtungsobjekt" im Visier. Der Internet-Konzern Facebook und die Video-Plattform Youtube löschten "Querdenken"-Seiten.

Offenbar auch Ermittlungen gegen Ballwegs Frau

Bei den Vorwürfen gegen Ballweg geht es nach bisherigen Ermittlungen um einen "höheren sechsstelligen Betrag". Nach Angaben aus Justizkreisen besteht der Verdacht des Betruges in Höhe von rund 640.000 Euro, der Geldwäsche in Höhe von rund 430.000 Euro.

Die Ermittlungen richten sich demnach gegen zwei Verdächtige. Die zweite Verdächtige ist nach dpa-Informationen die 43 Jahre alte Ehefrau von Ballweg. Anwalt Dalla Fini wollte sich dazu nicht äußern. Bei den Durchsuchungen stellten die Einsatzkräfte Beweismaterial sicher, das den Angaben zufolge nun ausgewertet wird.

Die "Querdenken"-Initiative rief in mehreren Städten zu Kundgebungen auf. Unter anderem gab es eine "Solidaritätsdemo" für Ballweg in der Nähe des Gefängnisses in Stuttgart-Stammheim.

Zustimmung von politischen Beobachtern

Dalla Fini und andere Rechtsanwälte wollten sich am Donnerstagabend treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Zum Verteidigerteam gehört nach eigenen Angaben Ralf Ludwig, der sich als "Querdenkeranwalt" bezeichnet. Er habe Ballweg regelmäßig rechtlich beraten und sei ein enger Freund, sagte Ludwig der dpa. Ballweg habe ihn gestern angerufen. Er habe dann einen Anwalt organisiert, da er nicht in der Nähe gewesen und kein Strafrechtler sei.

Politische Beobachter begrüßten die Ermittlungen gegen Ballweg. Der Verfassungsschutzexperte der SPD im baden-württembergischen Landtag, Boris Weirauch, etwa sagte: "Die Geschäftspraktiken der sogenannten Querdenker und deren Hintermännern müssen lückenlos aufgeklärt werden." Die Finanzströme extremistischer Bewegungen müssten ausgetrocknet werden. "Diesen Leuten müssen die Ressourcen entzogen werden, die es ihnen ermöglichen, unsere Demokratie zu bekämpfen."

Im Frühjahr 2021 habe seine Fraktion darauf gepocht, die Finanzströme zu durchleuchten, so Weirauch. "Schon damals stand der Verdacht im Raum, dass die Organisation offenbar gezielt Gelder von Unterstützern anwirbt, ohne hierfür klare Verwendungsnachweise zu führen." (dpa)