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Händler in SOE verzichten auf 3G-Stempel

Er soll das Einkaufen für Kunden und Händler vereinfachen: der 3G-Stempel. Doch ist das wirklich so? Im Landkreis sind Unternehmer skeptisch.

Von Mareike Huisinga & Verena Schulenburg
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Im Weißeritzpark in Freital gilt derzeit Einkaufen mit 3G-Nachweis. Vom Stempel-System will man im Center aber absehen.
Im Weißeritzpark in Freital gilt derzeit Einkaufen mit 3G-Nachweis. Vom Stempel-System will man im Center aber absehen. © Egbert Kamprath

Hand ausstrecken, Stempel zeigen und rein ins Shoppingvergnügen. Alle, die nachweislich geimpft, genesen oder getestet sind, können derzeit in Dresden mit einem Stempel-Abdruck auf der Haut durch die Läden flanieren, ohne vor jedem Geschäft aufwendig im Handy nach der gefragten Datei zu suchen. Kommt der 3G-Stempel demnächst auch in den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge?

Die neue Sächsische Corona-Notfall-Verordnung erlaubt dem sächsischen Einzelhandel, Zutrittsberechtigungen über eine „Bändchenlösung“ zu vereinfachen. In der Landeshauptstadt gibt es bereits mehr als 50 Stempelstellen. Gegen Vorlage eines 3G-Nachweises (geimpft, genesen oder getestet) und des Personalausweises erhalten Kunden einen Stempel mit tagesaktuellem Datum auf den Handrücken, der für den gesamten Tag Zutritt zu allen Innenstadtgeschäften ermöglicht.

Während es anfänglich nur Geimpften und Genesen vorbehalten blieb, mit einem Stempel auf der Haut einzukaufen, ist es seit Montag auch für Getestete möglich, Zugang in Geschäfte zu erhalten, die nicht vorrangig der Grundversorgung dienen. Für getestete Personen gilt, dass das Testdatum mit dem Stempeldatum übereinstimmen muss. Aus 2G- wird also der 3G-Stempel.

Stempel hebt die Einkaufslaune nicht

Ist das der Durchbruch für den Einzelhandel? Viele Händler sind da eher skeptisch. Ebenso wird eine mögliche Stempellösung durchaus unterschiedlich bewertet. Sächsische.de hörte sich in einigen Geschäften um.

Andrea Dorn ist Inhaberin von Modelinie Dorn am Markt in Pirna. "Dass jetzt mehr Kunden aufgrund der neuen Regelung 3G kommen, kann ich nicht feststellen", sagt sie. Auch eine Stempellösung für die Geschäfte sieht sie skeptisch. "Die Lust der Menschen am Einkaufen hängt nicht von solch einer Regelung ab. Die Leute sind frustriert", sagt die Unternehmerin. Überhaupt klagt sie aufgrund der Einschränkungen über hohe Umsatzeinbußen. In Zahlen kann sie das nicht beziffern. "Aber ich merke, dass eindeutig weniger Kunden in mein Geschäft kommen", sagt sie.

Etwas anders wertet Steffi Jähnichen, Filialleiterin der Pirnaer Buchhandlung Thalia, die Situation. "Wir merken schon, dass seit Montag mehr Kunden in unsere Buchhandhandlung kommen, die ihren tagesaktuellen Test vorweisen. Aber eine Entlastung für den Einzelhandel ist das nicht. Denn wir müssen weiterhin Kontrollen durchführen." Hingegen könne sie sich durchaus mit einer Stempelregelung für die Kunden anfreunden. Das wäre eine Erleichterung für die Passanten beim Bummeln in der Altstadt von Pirna. "In Dresden gibt es bereits solch eine Lösung, die gut angenommen wird, sagten mir meine Kollegen in der Landeshauptstadt", so Jähnichen.

Passanten auf der Dohnaischen Straße in Pirna. Bummeln mit 3G jetzt mehr Menschen durch die Geschäfte?
Passanten auf der Dohnaischen Straße in Pirna. Bummeln mit 3G jetzt mehr Menschen durch die Geschäfte? © Daniel Schäfer

Auch im Modegeschäft Absolut Britt im alten Bahnhof von Pirna an der Grohmannstraße wird die Eingangstür öfter geöffnet als noch zu Zeiten der 2G-Regelung. "Es kommen jetzt definitiv mehr Kunden, die ihre aktuelle Testung vorweisen, um bei uns einzukaufen oder zu stöbern", sagt eine Angestellte. Der große Durchbruch? Das wohl eher nicht. "Aber ein Schritt in die richtige Richtung", meint die Verkäuferin. Zum Thema Stempellösung könne sie hingegen keine Aussage machen.

Eine eindeutige Meinung dazu hat das Citymanagement Pirna. "Für Pirna ist derzeit keine Stempelregelung geplant. Das eigenständige Nachfragen der einzelnen Händler und Gastronomen funktioniert gut. Der Aufwand der Stempellösung ist sehr groß und nicht zu unterschätzen: Ein fälschungssicherer Stempel ist nötig, es bedarf Ausgabestellen, Kommunikationsbedarf mit allen Geschäften zur Akzeptanz der Stempel und weiteres", sagt Mitarbeiterin Dina Stiebing auf Nachfrage. Vielmehr setze das Citymanagement auf die Eigenverantwortung von Händlern, Gastronomen und Kunden und sehe da ein gutes Miteinander. Abgesehen davon könnte ein Stempel-Einlass vor den Geschäften zusätzlich Unmut stiften, fürchtet Stiebing aus Beobachtungen in sozialen Netzwerken. Unterm Strich sei der Stempel nur augenscheinlich eine Vereinfachung.

3G im Einzelhandel bald Geschichte?

Auch im Weißeritzpark in Freital nimmt man Abstand vom Stempel-System. "Das lohnt sich nicht", sagt Jörg Seidel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Weißeritzpark, der mehr als 50 ansässige Händler angehören. Die ganze Aktion sei organisatorisch und finanziell zu aufwendig. Er bezweifelt, dass wegen des Stempels mehr Kundschaft ins Center kommt. Aufwand und Nutzen stünden hier in keinem Verhältnis zueinander. Seidel geht außerdem davon aus, dass 3G im Einzelhandel bald Geschichte sein wird. Umso fragwürdiger sei der ganze Stempel-Aufwand.

Selbst wenn 3G noch Monate im Einzelhandel bestehen bliebe: Auch für Dippoldiswalde könne sich das Uwe Göhlert nicht vorstellen. Göhlert betreibt einen Elektro-Laden in der Stadt und ist Mitglied im Handels- und Gewerbeverein Dippoldiswalde. "Ich glaube nicht, dass das unter den meisten Händlern gut ankäme", sagt er. "Wir haben hier etliche Läden, da steht der Geschäftsinhaber allein hinter der Kasse." Sich dann auch noch um Stempel kümmern zu müssen, übersteige die Kapazitäten. Abgesehen davon laufe es hier ohnehin alles etwas pragmatischer als in den Großstädten, meint Göhlert. Hier kenne man in der Regel seine Kundschaft. Und wenn einer von Gesetzes wegen her nicht ins Geschäft darf, dann werde die Ware eben vor die Tür gebracht.