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Sachsen empfiehlt Corona-Impfung für Kinder ab 12

Die Sächsische Impfkommission wird die Corona-Impfung für Kinder ab zwölf Jahren uneingeschränkt empfehlen. Die Änderung gilt bereits ab Sonntag.

Von Susanne Sodan
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Sachsen empfiehlt die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren.
Sachsen empfiehlt die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. © Swen Pförtner/dpa

Görlitz. Die Sächsische Impfkommission (Siko) wird ihre Empfehlung für die Corona-Impfung für Kinder ab zwölf Jahren zum 1. August ändern, wie Hans-Christian Gottschalk, langjähriger Leiter der Görlitzer Kinderklinik und Mitglied der Siko mitteilt.

Die erste Empfehlung zur Impfung von Kindern und Jugendlichen hatten die Ständige Impfkommission des RKI sowie die Sächsische Kommission, die dem Gesundheitsministerium des Freistaates unterstellt ist, im Juni herausgegeben. Sachsen ist das einzige Bundesland, das eine eigene Impfkommission führt.

Sächsische Empfehlung schon bislang offener

Ab 1. August soll die neue Empfehlung gelten, zur uneingeschränkten Standardimpfung. "Die Art der Empfehlung ist vergleichbar mit der für die Impfung anderer Infektionskrankheiten", erklärt Gottschalk.

In der Praxis ändert sich in Sachsen dadurch nicht viel. "Auch im Juni hatten wir unsere Empfehlung etwas offener gehalten als die Ständige Impfkommission", sagt Hans-Christian Gottschalk. Die Ständige Kommission empfahl, dass Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren mit einer Vorerkrankung gegen Corona geimpft werden sollten. Die Sächsische Kommission plädierte ebenfalls für die Impfung bei Vorerkrankungen sowie dafür, allen nach einer ausführlichen Aufklärung eine Impfung zu ermöglichen. Für die uneingeschränkte Standardimpfung hatten beide Kommissionen damals nicht plädiert.

Zugelassen durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA ist die Biontech-Impfung für Jugendliche ab zwölf Jahren bereits seit Ende Mai, die Moderna-Impfung seit wenigen Tagen.

Gesundheits-Staatssekretärin appelliert: "Nehmen Sie das Impfangebot an"

Gesundheits-Staatssekretärin Dagmar Neukirch (SPD) begrüßte die Empfehlung der Sächsischen Impfkommission am Freitag. "Uns ist es wichtig, den Kindern und Jugendlichen, die sich mit dem Einverständnis ihrer Eltern impfen lassen wollen, ein Angebot zu machen", teilte sie mit.

Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren können sich in den sächsischen Kinder- und Hausarztpraxen impfen lassen, ab 14 Jahren auch in den Impfzentren. Ergänzende Angebote seien in Vorbereitung, so Neukirch. Die neue Empfehlung unterstütze den Fortgang der Impfkampagne - vor allem mit Blick auf den Start in den Schulen nach den Sommerferien, sagte sie.

Neukirch appellierte: "Nehmen Sie das Impfangebot an, wir haben es selbst in der Hand, dass nicht nur der Sommer, sondern auch der Herbst möglichst entspannt verläuft."

Siko wollte Daten aus den USA abwarten

Die Siko begründet ihre Empfehlung mit der "überaus dynamischen Entwicklung der Coronavirus-Pandemie" sowie dem nahezu täglich wachsenden Wissensstand. Konkreter Hintergrund der Änderung der sächsischen Empfehlung sind die Ergebnisse der Post-Marketing-Studien zur Impfung Jugendlicher aus den USA, Israel und Kanada. "Hier überwiegt der Nutzen eindeutig das Risiko adverser Reaktionen", schreiben die sächsischen Experten in ihrer Empfehlung. Gemeint sind mögliche Nebenwirkungen.

  • Hier finden Sie die Empfehlung der Sächsischen Impfkommission im Wortlaut.

Kinderarzt Gottschalk erklärt, die Studien "belegen deutlich eine positive individuelle und antipandemische Nutzen-Risiko-Einschätzung für Zwölf- bis 15-Jährige". So wurde zuletzt untersucht, inwiefern es einen Zusammenhang gibt zwischen der Impfung mit Biontech oder Moderna und Herzmuskelentzündungen bei Jugendlichen und jungen Männern unter 30 Jahren.

Nach dem Auftreten von rund 500 Fällen einer Herzmuskelentzündung bei unter 30-Jährigen nach einer Corona-Impfung mit einem mRNA-Vakzin in den USA prüften Experten mögliche Zusammenhänge. Bezogen auf die Zahl der Geimpften ergibt sich eine Rate von 13 Verdachtsfällen auf eine Million vollständige Impfungen, schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung. Auch die WHO hatte einen wahrscheinlichen Zusammenhang angenommen. Nachgewiesen sei er bislang aber nicht. Insgesamt, so die WHO, überwiege der Nutzen der Impfung gegenüber den Risiken.

"Das Risiko für eine Myokarditis ist eher geringer als bisher eingeschätzt", erklärt Hans-Christian Gottschalk. "Die Betroffenen hatten offenbar keinen aggressiven Verlauf." Todesfälle wurden nicht bekannt, die Betroffenen sollen sich alle wieder erholt haben. "Auf diese Studienergebnisse wollten wir noch warten, bevor wir unsere Empfehlung anpassen, um Gewissheit zu haben, dass auch keine weiteren Komplikationen auftauchen."

Auch die US-Behörden empfehlen die Impfung Jugendlichen zwischen zwölf und 15 Jahren weiterhin. Die ständige Impfkommission des RKI bleibt bei ihrer bisherigen Empfehlung für Jugendliche mit Vorerkrankungen.